Title: Behandlung der Schizophrenie
1Behandlung der Schizophrenie
Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und
Psychotherapie der Heinrich-Heine-Universität -
LVR-Klinikum Düsseldorf - Bergische Landstr. 2,
40629 Düsseldorf
2Übersicht
- Behandlungsmethoden der Regelbehandlung
- Psychoeduktion Psychotherapie - Antipsychotika
- Phasenspezifische Therapie
- Prodromalphase Akutphase postakute
Stabilisierungsphase - stabile Remissionsphase - Zusätzliche Behandlungsmethoden bei
Therapieresistenz - Elektrokrampftherapie rTMS
-
3- Behandlungsmethoden
- Psychotherapie und Psychoedukation
- Soziotherapie und Angehörigenarbeit
- Pharmakotherapie (Antipsychotika)
- Stimulationsverfahren EKT, rTMS
-
4Evidenz-Ebenen
- A Evidenzebene
- Ia Metaanalyse von mindestens 3 randomisierten,
kontrollierten Studien (RCTs) - Ib Mindestens 1 RCT oder Metaanalysen von weniger
als 3 RCTs - B Evidenzebene
- IIa Mindestens 1 kontrollierte nicht-randomisierte
Studie mit methodisch hochwertigem Design - IIb Mindestens 1 quasi experimentelle Studie mit
methodisch anspruchsvollem Design - III Mindestens 1 nicht-experimentelle deskriptive
Studie - C Evidenzebene
- IV Berichte, Empfehlungen von Expertenkomitees,
klinische Erfahrung anerkannter Autoritäten
Gaebel, Falkai 2005, Praisleitlinien in
Psychiatrie und Psychotherapie, Band 1
Behandlungsleitlinie Schizophrenie, Steinkopff
Verlag
5Akzeptanz einer Behandlung
- 50 der Fälle mit unbefriedigendem Therapieerfolg
mangelnde Compliance mitverantwortlich - Anteil der Patienten, welche die antipsychotische
Medikation in einem 6 Monate Zeitraum nicht
einnehmen, liegt bei 41. - Gründe für die ausbleibende Akzeptanz
- Selbsteinschätzung als nicht erkrankt
- Ko-morbide Substanzabhängigkeit
- kurze Krankheitsdauer
- inadäquate Entlassungsvorbereitung
- schlechte Therapeut-Patient-Beziehung
6- Zusätzliche Psychotherapie kann den
Therapieerfolg steigern
Klingberg 2003
7Inhalte einer Psychoedukation
- Inhalte
- Informationen über die Krankheit und ihre
Behandlung - Förderung des Krankheitsverständnisses
- Förderung der Selbstverantwortung
- Unterstützung bei der Krankheitsbewältigung
- Vorgehensweise
- Meist manualisiert, mit Arbeitsblättern,
Hausaufgaben - In der Regel 8 - 10 Stunden
- Didaktisch-strukturiert, psychotherapeutisch
- Adressaten
- Patienten und Angehörige, in Gruppen oder einzeln
- Getrennt oder gemeinsam
8Wirksamkeit der Psychoedukation
- Psychoedukation reduziert Rückfallhäufigkeit und
Re-hospitalisierungsraten (Giron 2010) - Einbeziehung von Familienangehörigen ist
effektiver (Lincoln 2007) - Zur Optimierung der Rückfallverhütung sollen
manualisierte psychoedukative Interventionen
erfolgen. B - Als Folge des Wissens kann eine erhöhte
Suizidalität auftreten. B - Psychoedukation unter Einschluss
familientherapeutischer Interventionen mit mehr
als 10 Sitzungen können die Rezidivrate
erniedrigen. - Psychoedukation ohne begleitende
verhaltenstherapeutische Komponenten verbessert
die Medikamenten-Compliance nicht.
9Familieninterventionen
- Verbesserung von Wissen, Psychoedukation
- Emotionale Entlastung
- Umgang mit Konflikten, Problemlösestrategien
- Regelmäßige Familieninterventionen über 9 Monate
reduzieren die Rezidiv-Häufigkeit A - Einbezug von Betroffenen B
- Training sozialer Fertigkeiten und kognitives
Training wird nicht für die breite
Routineversorgung empfohlen
10Inhalte der Kognitiven Verhaltenstherapie
- Erkennen von Belastungen und Förderung von
Bewältigungsstrategien - Verbesserung des Umgang mit bestehenden Symptomen
- Arbeit an (dysfunktionalen) Denkmustern und
Annahmen über die eigene Person und die Umwelt - Systematische Realitätsprüfung
- Behandlungsrahmen
- Einzeltherapie, 12 Sitzungen
- Dauer meist nicht unter 9 Monaten
11Indikationen und Wirksamkeit der Kognitive
Verhaltenstherapie
- Indikationen
- Prä-psychotische Prodromalphase A
- Behandlungsresistenter persistierender
psychotischer Symptome A - Verbesserung von Einsicht und Compliance B
- Reduktion des Rückfallrisikos A
- Wirksamkeit
- Reduktion des Rückfallrisikos A
- Inkonsistente Ergebnisse zur Wirksamkeit von
kognitiver Verhaltenstherapie (Kingdon 2010) - Kognitive Remediation ist mit einer Besserung der
Kognition und des psychosozialen Funktionsniveaus
verbunden (McGurk 2007) - Soziales Skill Training hat eine geringe
Effektsstärke auf die Rückfallrate (Kurtz 2008)
12- Team basierte gemeindenahe psychiatrische
Behandlung A zur Versorgung schwer erkrankter
Menschen mit Schizophrenie mit Gewährleistung von
Hausbesuchen - geringere Einweisungsquote
- Verbesserung der sozialen Funktionen
- Verbesserung der Symptomatik und Lebensqualität
- Programme zur Beruflichen Rehabilitation A
- Angepasste und betreute Wohnformen C
- Ergotherapie
- Handlungskompetenzen, Bewältigung von
Alltagsaufgaben - Arbeitsorganisation, Teamarbeit
- Tagesstrukturierung, Freizeitgestaltung
13Einteilungen der Antipsychotika
- Strukturchemisch (historisch)
- trizyklisch Phenothiazine, Piperazine,
Thioxanthene - Butyrophenone, Benzamide, Indole
- Neuroleptische Potenz (historisch)
- hoch / mittel / niedrig potent
- Atypizität
- konventionelle (typische) Antipsychotika
- atypische Antipsychotika
14Die Dopamin-Hypothese der Schizophrenie
HypoaktivitätNegativsymptome
Nach Stahl SM. Essential Psychopharmacology of
antipsychotics and mood stabilizers. 1st ed.
Cambridge University Press 2002.
15Bedeutung der ZNS-Rezeptoren
- Blockade bewirkt
- D2 antipsychotische Wirkung (mesolimbisches,
mesokortikales System) - EPS (nigrostriatales System)
- Prolaktinerhöhung (tuberoinfudubuläres System)
- 5HT1A Agonismus wirkt antidepressiv
- 5HT2A antipsychotische Wirkung und Besserung der
Negativsymptomatik, Milderung von EPS - 5HT2C Appetit und Gewichtszunahme, Abnahme
des induzierten Prolaktin Anstieges - H1 Sedierung, Gewichtszunahme
- M1 kognitive Dysfunktion, vegetative Symptome
(Miktionsstörung), Milderung von EPS - ?1 orthostatische Dysregulation
Pickar, Lancet 1995, Richelson, J Clin Psychiatry
1999
16Optimale antipsychotische Wirksamkeit bei 65-70
striataler Rezeptorblockade, gt80 Risiko
extrapyramidal-motorische Nebenwirkungen
EPS-Schwelle
Naber 1999
17Innerhalb von Stunden Blockierung
postsynaptischer dopaminerger D2-Rezeptoren,
Nach 3 Wochen Inaktivierung der Ausschüttung von
Dopamin
60
50
40
Abnahme PANSS Positiv ()
30
20
10
0
40
50
60
70
80
90
100
Striatale D2 Blockade ()
Agid 2007 Neuropsychopharmacology 321209-1215.
1810 mg Einzeldosis Olanzapin 5-HT- (84) und
D2- (61) Rezeptorbesetzung
D2- Bindung 11C Racloprid
5-HT- Bindung 11C NMSP
Nyberg 1996
19Rezeptorbindungsprofile
Clozapin
Haloperidol Rezeptor (Leponex)
(Haldol) D2
126 0.7 5-HT1A
875
1100 5-HT2A 16
45 ?1
7 6 H1
6 440 M1
1.9 gt1500
Bindungsaffinität in nmol/l Müller 2002
Psychopharmakotherapie 2002 9(4) 120-127.
20 Atypizität der Antipsychotika
- Wirksames AP ohne motorische Nebenwirkungen (EPS)
- Verglichen mit typischen AP
- weniger EPS-Risiko
- geringes Risiko für tardive Dyskinesien
- geringer Prolaktin-Anstieg
- weniger Therapieresistenz
- besser wirksam gegen Negativsymptomatik
- besser wirksam gegen depressive Symptome
- besser wirksam gegen kognitive Symptome
21Wichtigste konventionelle Antipsychotika
- Wirkstoff Handelsname Dosierung
- Benperidol GLIANIMON 2 16 mg
- Haloperidol HALDOL 2 20 mg
- Flupentixol FLUANXOL 5 25 mg
- Perazin TAXILAN 50 400 mg
- Chlorprothixen TRUXAL 50 500 mg
- Pipamperon DIPIPERON 40 240 mg
- Melperon EUNERPAN 50 300 mg
- Levomepromazin NEUROCIL 25 250 mg
-
22Ergebnisse verschiedener Metaanalysen zum
Vergleich der Wirksamkeit von Antipsychotika auf
die PANSS total Skala
0,8
0,6
0,4
Effect Size
0,2
0
0
0,0
-0,2
CLO
AMI
OLA
RIS
ZOT
ARI
QUE
SER
ZIP
Leucht et al, 2008
Davis et al, 2003
Geddes et al, 2001
Cochrane Reviews
Leucht et al. Psychological Medicine 2009
23N498, 1-Jahres-Studie Rate an
Therapieabbrechern ()
plt0.0001
Kahn R.S. et al. Lancet 20083711085-97
24Zeitverlauf des antipsychotischen
Effekts Psychotische Symptome nach Korrektur für
Placeboeffekte
Agid et al. Arch Gen Psychiatry
200360(12)1228-35
25Analyse der rückfallfreien Zeit über 24
Monate Multizentrische, offene, randomisierte
Phase-IV-Studie
Risperidon Depot
Plt0.0001
Quetiapin
Wahrscheinlichkeit für Rückfallfreiheit
Rezidivrate
Rezidivfreiheit Primär R-Depot 16.5
(54/327) 607.1 15.6 Tage Quetiapin
31.3 (102/326) 532.5 11.4 Tage
Tage
Gaebel Neuropsychopharmacology 2011
25
26Pharmakokinetische Aspekte der Antipsychotika
konv.
atypisch
hepatischer Abbau
HAL CLOZ RIS OLZ ASP QUET ZIPR
-
u.a. nach M.J. Müller, 2006
27Unerwünschte Begleiterscheinungen von
Antipsychotika
- Extrapyramidal-motorischen Nebenwirkungen
- Endokrine Begleitwirkungen
- Gewichtszunahme, Diabetes
- Kardiale Nebenwirkungen
- Vegetative Nebenwirkungen
- Hämatopoetisches System
- Allergische Reaktionen
- Leber-Gallengangssystem
- Generalisierte Krampfanfälle
- Delirante Syndrome
- Depression
- Sedierung, Müdigkeit, Konzentrationsstörungen
28Fallbericht
- 27 jährige Patientin wird seit Jahren mit 10
mg Clozapin wegen bekannter Schizophrenie bei
guter Verträglichkeit behandelt. - Wegen einer zusätzlichen depressiven Episode
erhält sie seit einer Woche 10 mg Fluvoxamin. - Aktuell entwickelte sie bisher ihr unbekannte
motorische Auffälligkeiten Herausstrecken der
Zunge, Blickkrampf und Schlundkrampf mit Atemnot.
Wie schätzen sie dies diagnostisch ein und welche
Maßnahmen würden Sie ergreifen?
29Extrapyramidalmotorische Störungen (EPS)
- Jahresinzidenz 5, Risikofaktoren höheres
Lebensalter, weibliches Geschlecht, mehrjährig
hochdosierter Behandlung mit typischen
Antipsychotika - Dosisreduktion, Umsetzung atypisches
Antipsychotikum, Clozapin - Früdyskinesien 2-17, per-akut, Spasmen
verschiedener Muskelgruppen, erhöhtes Risiko
Männer, Dosis-abhängig, junges Alter,
Anticholinergikum C - Parkinsonoid 15-50 bei klassischen
Antipsychotika, Dosisreduktion, Anticholinergikum
C - Akathisie 20-30 Benzodiazepine, Beta-Blocker C
- Spätdyskinesien unwillkürliche, stereotype
choreoathetotisch anmutende Bewegungsmuster
30Fallbericht
- Ein 20-jähriger Mechaniker mit einer
paranoid-halluzinatorischen Psychose wird seit 2
Wochen mit dem hochpotenten, klassischen
Antipsychotikum Haloperidol behandelt. Es kam
bereits zu einer deutlichen Besserung der
Symptomatik bei guter Verträglichkeit. Innerhalb
von 24 Stunden entwickelt sich jedoch ein akutes
Krankheitsbild mit Rigor, Akinese, fluktuierender
Bewußtseinsstörung sowie einer autonomen
Funktionsstörung mit Fieber, Tachykardie,
Tachypnoe, Hypertonie und starkem Schwitzen. - Welche Verdachtsdiagnose stellen Sie?
31Malignes Neuroleptisches Syndrom in den ersten 4
Wochen nach Beginnder Therapie mit klassischen
Antipsychotika (0.02-2.4) nach DSM-VI
- Erhöhte Körpertemperatur, Starkes Schwitzen,
Tachykardie, Erhöhter, schwankender Blutdruck - Entwicklung von schwerem Rigor, Dysphagie,
Tremor, Inkontinenz - Bewusstseinsveränderungen, Mutismus
- Leukozytose, CK-Erhöhung
- Mortalitätsrate 10
- Sofortiges Absetzen,
- Dantrolen, Bromocriptin, Amantadin,
- bei leichten Formen und diagnostischer
Unsicherheit Benzodiazepine - bei unzureichender Wirksamkeit EKT C
- Stabilisierung der Vitalfunktionen,
kontinuierliche Überwachung, Fiebersenkung
32Dysregulation der Hypothalamus-Hypophysen-Achse
Antipsychotikum
Dopaminerge Aktivität
Prolaktin
Hemmt Freisetzung von hypothalamischem GnRH
Gonadotropine
Östrogen und Testosteron
Symptomatische Hyperprolaktinämie
GnRH Gonadotropin-Releasing-Hormon Byerly M et
al. J Clin Psychopharmacol 200727120
33Mögliche Symptome einer akuten Hyperprolaktinämie
Hyperprolaktinämie
Chronisch
Akut
Direkte Gewebeeffekte Galaktorrhoe Gynäkomastie
Menstruationsstörungen Oligomenorrhoe Amenorrhoe
Sexuelle DysfunktionLibidoveränderungen Erektile
Dysfunktion Ejakulatorische Dysfunktion
Byerly M et al. J Clin Psychopharmacol
200727120
34Fallbericht
- Nach Neueinstellung auf Clozapin wegen
therapieresistenter beschimpfender Stimmen zeigte
sich bei einer an Schizophrenie erkrankten
23-jährigen Studentin ein rascher Rückgang der
Symptomatik. Außer eines erhöhten Speichelflusses
und einer leichtgradigen Obstipation bestand gute
Verträglichkeit. Zwei Monate nach Einstellung
entwickelte sich akut Fieber, Halsschmerzen und
Zahnfleischentzündung. - Welches Vorgehen würden Sie empfehlen?
35AGRANULOZYTOSE UNTER BEHANDLUNG MIT CLOZAPIN (I)
lt500 Granulozyten/mm3 (Agranulozytose) lt1500
Granulozyten/mm3 (Granulozytopenie ) Kumulative
Inzidenz 0,8-1 erstes Behandlungsjahr Geschlech
tsunterschiede nicht sicher nachgewiesen 70-80
aller Granulozytopenien in den ersten 18
Wo. Kein Zusammenhang zur Inzidenz
36AGRANULOZYTOSE UNTER BEHANDLUNG MIT CLOZAPIN (I)
Fieber, Schüttelfrost, Halsschmerzen, gestörte
Wundheilung Nach Absetzen von Clozapin
Normalisierung des Blutbildes innerhalb von
2-4 Wochen Absetzen von Clozapin, stationäre
Einweisung (Hämatologische Abteilung)
GM-CSF-Gabe, wenn neutrophile Granulozyten
1000/mm³ Blutbildkontrollen über 4 Wochen
Normalisierung des Blutbildes innerhalb von 2-4
Wochen
37Korrelation zwischen Rezeptoraffinitäten und der
Neigung von Antipsychotika, eine Gewichtszunahme
zu induzieren
Rezeptor Spearman-Korrelation Spearman-Korrelation
Rezeptor ? p
D2 0,361 NS
H1 0,723 lt0,01
a1A 0,537 lt0,05
a2A 0,370 NS
a2B 0,361 NS
a2C 0,323 NS
5-HT1A 0,208 NS
5-HT2A 0,373 NS
5-HT2C 0,493 lt0,05
5-HT6 0,521 lt0,05
5-HT7 0,113 NS
M3 0,408 NS
NS nicht signifikant Kroeze W et al.
Neuropsychopharmacology 20032851926
38Risiko des metabolischen Syndroms unter
atypischen Antipsychotika
39Prädiktoren eines Therapie Abbruches bei
Erst-Erkrankten eine randomisierte,
doppel-blinde, flexibel dosierte, multizentrische
52 Wochen Studie.
Perkins et al., J Clin Psychiatry. 2008
Jan69(1)106-13
40Cochrane Review zu Gewichtsmanagement
Interventionen
Faulkner, G. et al. Schizophr Bull 2007
33654-656
41Relative Kontraindikationen von Antipsychotika
- Akute Intoxikationen, schwere Bewußtseinsstörungen
- Leukopenie, Erkrankungen des hämatopoetischen
Systems - Engwinkelglaukom, Pylorusstenose,
Prostatahypertrophie, - Kardiale Vorschädigung, schwere Hypotonie
- Schwere Leber- und Nierenfunktionsstörungen
- Prolaktin-abhängige Tumore, Phäochromozytom
- Epilepsie, Morbus Parkinson, hirnorgan.
Vorschädigung - Schädigung des extrapyramidal-motorischen Systems
- Anamnestisch malignes neuroleptisches Syndrom
42Abstimmung der Pharmakotherapie auf das klinische
Zielsyndrom
- Früheres Ansprechen auf medikamentöse Therapie
- Erfahrungen mit Nebenwirkungen
- Applikationsform und Dosierung
- Begleitmedikation
- Patientenpräferenz
- Individuelles Risikoprofil
Gaebel, Falkai 2005, Praisleitlinien in
Psychiatrie und Psychotherapie, Band 1
Behandlungsleitlinie Schizophrenie, Steinkopff
Verlag
43Verlauf bei Schizophrenie
- Akute Symptomreduktion (50) in 1-6 Wochen
- 70 85 bei Ersterkrankten (bei ca. 20 30
unbehandelt) - 40 70 bei Mehrfacherkrankten
- Rückfallrate innerhalb 1 Jahr
- 10 30 (kontinuierlich behandelt)
- vs. 50 75 (unbehandelt)
- Prognose unbehandelt
- 40 50 schlecht
- 20 30 gut ( keine weitere Hospitalisierung)
44Phasenspezifische Therapieziele
- Prodromalphase (Wochen-Jahre)
- Verhinderung einer Erstmanifestation
- Akutphase (Wochen-Monate)
- Verminderung der Krankheitssymptome
- Verhinderung von Selbst- und Eigengefährdung
- Verhinderung sozialer Folgen
- postakute Stabilisierungsphase (3-6 Monate)
- Remission, Stabilisierung sozialer Kontakte
- Behandlung kognitiver Defizite,
Negativsymptomatik - Förderung Compliance, Früherkennung von
Rückfällen - stabile Remissionsphase (Monate-Jahre)
- Rückfall- und Suizidprophylaxe
- Berufliche Rehabilitation
- Verbesserung der Lebensqualität
45Behandlungsphasen bei Schizophrenie
- Prodromalphase ((Wochen bis Monate)
- psychosenahe und psychoseferne Symptome
- Atypisches Antipsychotikum oder/und
Verhaltenstherapie - Akute Phase (Wochen bis Monate)
- mit psychotischer Erstmanifestation oder
- Reexazerbation und u.U. Selbst- oder
Fremdgefährdung - Atypika, orale oder parenterale konventionelle
Antipsychotika - Postakute Stabilisierungsphase (ca. 3 6 Monate)
- mit Rückbildung der Positivsymptomatik, aber oft
noch - persistierender Negativsymptomatik und
- erhöhter Rezidivneigung
- Atypika, Depot
- Stabile (partielle) Remissionsphase (Monate bis
Jahre) - mit weitgehend abgeklungener oder stabiler
residualer positiver und negativer Symptomatik
sowie sozialer Reintegration - Atypika, Depot (mindestens 2 Jahre nach 1.
Episode)
nach DGPPN-Praxisleitlinien in Psychiatrie und
Psychotherapie, Band 1 Behandlungsleitlinie
Schizophrenie
46Phasenspezifische Pharmakotherapie
- Kurzfristige Wirksamkeit Verbesserung der
Psychopathologie 6-12 Wochen - Langfristige Wirksamkeit Rezidivraten,
Remission, soziale Funktionsfähigkeit,
Lebensqualität - 50-70 verringertes Rezidivrisiko
- Rückfallfreiheit nach 1 Jahr 60-80 unter
konventionellen Antipsychotika, 20-30 unter
Plazebo - Rückfallraten 30 nach einem Jahr, 50 nach 2
Jahren - Mit zunehmender Zahl der Rückfälle verlängert
sich die Zeit zum Ansprechen auf die Therapie
47Prodromal-SymptomatikReduktion der globalen
Funktionsfähigkeit (GAF) Angehöriger
Schizophrenie oder Geburtskomplikation
- Psychosefern
- mehrfaches Auftreten 7 Tage
- Zwangähnliches Perseverieren, Gedanken-drängen
und -blockierung, Störung der rezeptiven Sprache,
der Diskriminierung von Vorstellungen und
Wahrnehmungen, Eigenbeziehungstendenz,
Derealisation, Optische oder akustische
Wahrnehmungsstörungen - Psychosenah
- Transiente, spontan remitiierend lt7 Tage
- psychotisches Symptom (DSM-IV-Schizotypie-Kategori
e)
48Behandlung in der initialen Prodromalphase
-
- Reliable Kriterien für unterschwellige
psychotische Symptome, Denk- und
Wahrnehmungsstörungen, Übergang von 20-30
innerhalb von 12 Monaten in eine Psychose - 75 einer schizophrenen Psychose geht eine
präpsychotische Prodromalphase voraus - Antipsychotika bei Vorliegen psychosenaher
Symptome oder kurzdauernder psychotischer
Symptome C - Medikamentöse und Nicht-medikamentöse
Behandlungen führen zu einem günstigeren Verlauf
als die Standardbehandlung - Anwendung von kognitiver Verhaltenstherapie A
oder einer psychoedukativen Intervention C
49Erstmanifestation einer Schizophrenie
- Höhere Ansprechrate auf die antipsychotische
Pharmakotherapie - Niedrigere Rückfallraten während der
Erhaltungstherapie - Ansprechen auf eine niedrig dosierte Behandlung
mit Antipsychotika - Höhere Empfindlichkeit für Nebenwirkungen,
insbesondere EPMS - Behandlung so früh wie möglich C
- Möglichst niedrig-dosiert C
- Empfehlung der Behandlung mit atypischen
Neuroleptika B
50Pharmakotherapie bei Wiedererkrankung
- Pharmakotherapie bei Wiedererkrankung
- Berücksichtigung einer Patientenverfügung
- Erste Wahl atypische Antipsychotika A
- Monotherapie
- Kombination mit Benzodiazepinen
- Umstellung oder Dosiserhöhung über den
empfohlenen Dosisbereich frühestens nach 2-4
Wochen C - Bevorzugung beim kooperativen Patienten der
oralen Applikationsform C zur Gewährleitung der
Patientenautonomie - Bei konventionellen Antipsychotika die niedrigste
wirksame Dosis (300-1000 mg/d Chlorpromazinäquival
ent) - Relative neuroleptische Potenz
Chlorpromazinäquivalent Zahlenwert
x1mgantipsychotische Wirksamkeit 100mg
Chlorpromazin
51- Differentielle Auswahl
- Prädominante Negativsymptomatik B und kognitive
Symptome A Erste Wahl atypische Antipsychotika - Bei kakatoner Schizophrenie Benzodiazepine B
- Kombinationstherapie nur bei Therapieresistenz C
52Dauer der Langzeitbehandlung
- Erstmanifestation medikamentöse Behandlung
mindestens 12 Monate A/B - Erstes Rezidiv Kontinuierliche Behandlung für
2-5 Jahre C - Multiple Rezidive lebenslange Behandlung C
- Bei Mehrfachmanifestation kontinuierliche orale
Gabe A - Rezidivprophylaxe bei Erstmanifestation
- bei stabiler Remission und vorliegenden Gründen
gegen die Fortführung Intervalltherapie mit
gezielter Frühintervention und Psychoedukation
möglich B
53Therapieresistenz
- 2 Antipsychotika 6-8 Wochen Zieldosis,
Spiegelkontrolle, mindestens ein atypisches
Antipsychotikum - Umstellung auf ein atypisches Antipsychotikum,
dann Umstellung auf Clozapin B - Lithium, Valproat, Carbamazepin bei Vorliegen von
affektiven Symptomen B - Kombination Atypikum mit Clozapin C
- Bei medikamentös therapieresistenter
persistierender psychotischer Symptome kognitive
Verhaltenstherapie B - Elektrokrampftherapie als ultima ratio C
- repetitive transkranielle Magnetstimulation bei
therapieresistenter Negativsymptomatik und
akustsischen Halluzination
54Elektrokrampftherapie
- Frequenz 30 - 70Hz, Stromstärke 0,9 Ampere
- 6 - 12 Einzelbehandlungen 2 x / Woche
- Kurznarkose
- De- und Repolarisierung der elektrisch leitenden
Hirnzellen - Relative Kontraindikationen
- Intrakranielle Raumforderungen, Myokardinfarkt,
Hirnblutung, Gefäßanomalien, Aneurysmen,
Beckenvenenthrombose, Ablatio retinae,
Phäochromozytom, erhöhtes Anästhesierisiko - Nebenwirkungen
- Kardiovaskuläre Begleiterscheinungen,
protrahierte Krampfanfälle, postiktale
Verwirrtheit, Gedächnisstörungen
55Elektrokrampftherapie
- EKT ist in Kombination mit Antipsychotika zur
Erreichung eines schnelleren antipsychotischen
Effektes sinnvoll (Matheson 2010), zur Behandlung
einer katatonen Schizophrenie (Thirthalli 2009)
und in Kombination mit Clozapin bei
Therapieresistenz (Braga 2005). - Kürzere Wirklatenz und deutliche Remission unter
Kombination mit Antipsychotika gegenüber
Monotherapie, Einsatz bei Therapieresistenz
möglich C - Wirksamkeit bei katatoner Schizophrenie,
perniziöse Katatonie, Option erster Wahl C - Malignes neuroleptisches Syndrom
- Geringere Rückfallrate in der Erhaltungstherapie
56Transkranielle Magentstimulation
- 1,5-2 Tesla, Frequenz 1-20 Hz, 100-110 der
Motorschwelle - 2000-3000 Stimuli / Tag, 10-20 Behandlungen
- repetitive Depolarisierung in begrenztem
Cortexareal - Kontraindikationen
- Implantate, Herzschrittmacher, Schwangerschaft,
Schädeltrauma, Schädeloperation, Krampfanfälle in
der Vorgeschichte - Nebenwirkungen
- Partieller oder generalisierter Krampfanfall,
transiente Erhöhung der Hörschwelle,
Kopfschmerzen, lokale Hitze in Fremdkörpern,
Manie, Wahn
Cordes J et al., Dtsch Med Wochenschr 2005 130
889 -892
57PET-Studie an gesunden Probanden Erhöhung der
extrazellulären Dopamin- und Glutamatkonzentration
unter rTMS im Nucleus caudatus
A Lokalisation der beiden Stimulationsorte B
Transversale und sagittale Ansicht Veränderung
der Aktivität im linken Nucleus Caudatus
Strafella et al. 2001
58Hinweise auf eine Korrelation zwischen Ausmaß der
frontalen Aktivität und dem Schweregrad der
Negativsymptomatik und kognitiver
Leistungsfähigkeit
Hypometabolismus und Hypoperfusion in PET
Studien bei Schizophrenie im frontalen Kortex
Monte S Buchsbaum et al. Kimbrell 1999, Wolkin
1992, Manoach 2003, Callicot 2003
59- Meta-analyse der Wirksamkeit von Training
sozialer Fertigkeiten bei Schizophrenie - 22 randomisierte, kontrollierte Studien, N1521
-
Effektstärke - Negativsymptomatik
0.47 - Psychosoziale Funktion
0.41 - Wiedererkrankung/ Hospitalisierung 0.20
Kurtz Mueser Journal of Consulting and Clinical
Psychology 2008
60 Meta-analyse zur Wirksamkeit der Antipsychotika
der zweiten Generation von 38 randomisierten
Studien
Positivsymptomatik -0.48 Negativsymptomatik
-0.39 Depression
-0.26 Signifikant geringere Wirkung auf
Negativsymptomatik Wenige Studien bei Patienten
mit ausgeprägter Negativsymptomatik (Amisuprid)
Leucht et al. 2009, Molecular Psychiatry
61Kein signifikanter Wirkunterschied der atypischen
Neuroleptika auf die PANSS Negativ Symptom
Subskala in einer Meta-Analyse
Amisulprid
Quetiapin
Aripiprazol
Risperidon
Clozapin
Olanzapin
Ziprasidon
Leucht et al. Am J Psychiatry 2009 166152-163
62Wirkung der Antidepressiva mit klassischen
Antipsychotika auf die Negativsymptomatik 7
Studien, N202, statistisch signifikante
Überlegenheit P.0002.
Rummel et al. 2005, Schizophrenia Research,
Rummel et al. 2006, Cochrane Review
6310Hz Studien d0.63, Metaanalyse der 10HZ rTMS
bei Negativsymptomatik der Schizophrenie
Dlabac-de Lange JJ, et al. J Clin Psychiatry.
2010 Apr71(4)411-8.
64Metaanalyse der rTMS bei Negativsymptomatik der
Schizophrenie 9 kontollierte Studien, N213
Geringe-mittlere Effektstärke d0.43 10Hz Studien
d0.63 lt3 Wochen stabile Medikation d0.32 gt3
Wochen stabile Medikation d0.58 PANSS
d0.35 SANS d0.73
Dlabac-de Lange JJ, et al. J Clin Psychiatry.
2010 Apr71(4)411-8.
65Meta-Analyse der Wirksamkeit der rTMS bei
Akustischen Halluzinationen (N7
Studien) Mittlere Effektstärke 0.54, plt.001
Slotema, J Clin Psychiatry 201071(7)873884
66Übersicht
- Behandlungsmethoden der Regelbehandlung
- Psychoeduktion Psychotherapie - Antipsychotika
- Phasenspezifische Therapie
- Prodromalphase Akutphase postakute
Stabilisierungsphase - stabile Remissionsphase - Zusätzliche Behandlungsmethoden bei
Therapieresistenz - Elektrokrampftherapie rTMS
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