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Grundlagen der Soziologie

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Title: Grundlagen der Soziologie Author: Harald R ler Last modified by: Harald R ler Created Date: 10/4/2005 1:24:08 PM Document presentation format – PowerPoint PPT presentation

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Title: Grundlagen der Soziologie


1
Grundlagen der Soziologie
Was ist Soziologie? Soziologie befasst sich mit
den gesell-schaftlichen Verhältnissen und mit dem
Handeln zwischen den Individuen (soziales
Handeln) im Rahmen dieser gesellschaftlichen
Verhältnisse.
2
Was ist Soziologie ?
Dualität der sozialen Wirklichkeit Handeln
schafft Structure Die Akteure handeln und
erzeugen dadurch Strukturen diese bedingen ihr
Handeln und das Handeln Anderer in der
Gesellschaft. Handeln ist strukturiert die
Strukturen sind über das einzelne Handeln hinaus
wirksam es folgt Bedeutungssystemen bzw.
sozialen Regeln (Normen, Werte, Rollen).
3
Was ist Soziologie ?
Die Menschen machen ihre eigene Geschichte, aber
sie machen sie nicht aus freien Stücken, nicht
unter selbst gewählten, sondern unter unmittelbar
vorgefundenen, gegebenen und überlieferten
Umständen (Marx).
4
Was ist Soziologie ?
  • Gegenstandsbereich der Soziologie
  • das soziale Handeln
  • bezieht sich auf andere Menschen
  • ist von Bedingungen abhängig, die andere
    Menschen geschaffen haben

5
Was ist Soziologie ?
  • Soziales Handeln ist
  • auf die soziale Situation des Mikrobereichs
    bezogen
  • Basis des Meso- und Makrobereichs der
    Gesellschaft

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Was ist Soziologie ?
Mikroebene Zusammenspiel von Individuum und
Kleingruppe (z. B. Paarbeziehung, Clique)
Mesoebene das Eingebundensein von Menschen in
Insti-tutionen und Organisationen (z. B. Schule,
Betrieb) Makroebene die (welt-)gesellschaftlich
en Ge-gebenheiten, Einflüsse und Entwicklungen
(z. B. soziale Ungleichheit, Globalisierung).
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Soziologisches Denken
  • Soziologisches Denken ist
  • ein Denken gegen die Realität, wie sie gegeben
    zu sein scheint
  • ein Denken in Strukturen die strukturellen
    Zusammenhänge sozialer Phänomene gilt es
    aufzu- decken (Aufklärungsanspruch)

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Soziologisches Denken
Soziologie () soll heißen eine Wissenschaft,
welche soziales Handeln deutend verstehen und
dadurch in seinem Ablauf und seinen Wirkungen
ursächlich erklären will (Max Weber). Versteh
en und Erklären
9
Soziologisches Denken
  • Verstehen den Sinn eines sozialen Phänomens
    herausfinden.
  • Ebene des Handelns zwischen den Menschen
    fremdes Handeln nachvollziehen können
  • Ebene abstrakter Strukturen Bedingungen
    aufdecken, unter denen diese entstanden sind und
    unter denen sie sich erhalten

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Soziologisches Denken
Erklären heißt systematisch allen möglichen
Gründen nachgehen, die zu dem Phänomen geführt
haben. Erklärungen benennen nicht nur die
Gründe bzw. die Bedingungen (Ursache) sie zielen
auch auf die Handlungsfolgen (Abläufe und
Wirkungen), die sich entsprechend
prog-nostizieren lassen (sollten).
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Soziologische Perspektien
Bestimmt das Handeln der Individuen die
gesellschaftlichen Strukturen oder bestimmen die
Strukturen das Handeln? Oder anders formuliert
Wie abhängig ist das Individuum von der
Gesellschaft bzw. welchen Einfluss hat sein
Handeln auf die gesellschaftlichen Verhältnisse?

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Soziologische Perspektien
Gesellschaft als System Gefragt wird, wie sich
Strukturen entwickeln, zu einem System fügen und
wie das Individuum dazu gebracht wird, diese
Ordnung mit zu tragen und nach ihren Regeln zu
handeln. Hier steht die Ordnung oder die
Gesellschaft als Strukturzusammenhang im
Vordergrund (z. B. Emile Durkheim).
13
Soziologische Perspektien
Im Zentrum steht das Individuum Die
soziologische Frage lautet hier Wie entstehen
aus den individuellen Hand-lungen soziale
Regelungen und wie können sich die Individuen
gegen die gesellschaftlichen Verhältnisse
be-haupten. Hier steht das Handeln von Individuen
im Vordergrund (z. B. Georg Herbert Mead).
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Soziologische Perspektien
Verflechtungszusammenhang Die Individuen sind
nichts von der Gesellschaft Unabhängiges, die
Gesellschaft kann nicht ohne Individuen gedacht
werden. Individuum und Gesellschaft bilden einen
Verflechtungszusam-menhang (Figuration), ein
Beziehungsgeflecht wechselseitiger Abhängigkeit.
Es macht daher keinen Sinn, begriffliche
Unter-schiede zwischen Individuum und
Gesellschaft zu machen (z. B. Norbert Elias).
15
Was leistet die Soziologie für die Soziale
Arbeit?
Da sich die Soziale Arbeit insbesondere mit
Pro-blemen sozialer Benachteiligung einzelner
Menschen und Gruppen in der Gesellschaft
beschäftigt, sind Kenntnisse der gesellschaftlich
bedingten Lebens-verhältnisse der Menschen
erforderlich. Dieses Wissen ist auch deshalb
erforderlich, da die Soziale Arbeit zudem
gefordert ist, darüber nach-zudenken, wie diese
Bedingungen zu überwinden sind bzw. ob und wie
präventiv verhindert werden kann, dass Menschen
in Not geraten.
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Die Kenntnis soziologischer
Grundbegriffe dient der Beschreibung von
sozialen Phänomenen (z. B. Sozialisation,
Soziale Gruppe, Macht und Herrschaft
etc.). Kenntnisse über gesamtgesellschaftliche
Strukturen und Entwick-lungen vermitteln
insbesondere Wissen über die Sozialstruktur sowie
über die Art und die Richtung des sozialen
Wandels (z. B. Modernisierung und
Globalisierung). Detailforschungen der so
genannten Bindestrich-Soziologien (z. B.
Jugendsoziologie, Familiensoziologie,
Migrationssoziologie, etc.) vermitteln Kenntnisse
über Entstehungsbedingungen, Erklärungs-ansätze
und Interventionsmöglichkeiten zu speziellen
sozial-arbeitsrelevanten Problem- bzw. Notlagen
(z. B. Gewalt in der Familie, Fortdauern und
Wandel von Vorurteilen gegenüber Min-derheiten,
Armut und Arbeitslosigkeit etc.).
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Besonderheiten menschlichen Handelns
Im Vergleich zum Tier ist der Mensch ein
instinktreduziertes Wesen. Eine
Handlungssicherheit erfährt er nur durch die von
ihm geschaffenen Bedeutungs- und
Regelungssysteme. Beim Handeln ist die
Reiz-Reaktions-Folge durch Reflexion verzögert.
Handeln ist weltoffen der Mensch kann sich in
der aktuellen Situation, das vergegenwärtigen,
was im Augenblick nicht Gegenwart ist, sondern
zukünftige Möglichkeit oder Vergan-genheit
(Handeln aus der Distanz heraus). Handeln ist
immer eine Verschränkung von Innen
(Individu-alität) und Außen (Sozialität), das
heißt von konkreter Situa-tionsbewältigung und
den persönlichen Überzeugungen.
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Werte und Normen
  • Werte
  • sind allgemeine Handlungsprin- zipien, die der
    Handlungsorientierung und Handlungsausführung zu
    Grunde liegen.
  • gt ethische, religiöse, humanistische und
    soziale Leitbilder einer Gesell- schaft
  • gt bringen Vorstellungen über die richtige
    bzw. wünschenswerte Form des Zusammenlebens zum
    Ausdruck

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Werte
  • Beispiele
  • Menschenrechte, Gerechtigkeits-prinzipien, Fleiß,
    Gehorsam, Sicherheit und Ordnung,
    Pflichter-füllung, Selbstverwirklichung,
    An-erkennung des Anderen, Demo-kratie,
    Solidarität, Partizipation, Schutz der Umwelt etc.

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Werte und Normen
Wertorientierungen Durch Internalisierung der
Werte (gt Sozia-lisation) entsteht eine
Wertorientierung als Bestandteil der
individuellen Überzeugungen. Gäbe es keine
verbindliche Werte, würde die Gesellschaft
auseinander brechen gäbe es keine entsprechende
Wertorientierung auf Seiten der Individuen,
könnten sie nicht han-deln (Kluckhohn). Die in
einer Gesellschaft vorherrsch-enden
Wertorientierungen bilden die Grundpfeiler der
Kultur.
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Werte und Normen
  • Wertewandel
  • Für die Zeit nach dem 2. Weltkrieg wird
    konstatiertVerschiebung von materialistischen
    zu post-materialistischen Werten (Inglehart)
  • Materielle Werte Aufrechterhaltung der
    Ordnung, Wirtschaftliches Wachstum,
    Verbrechensbekämpfung
  • Postmaterielle Werte Partizipation in Politik
    und Arbeit, Schutz der freien Meinungs- äußerung,
    Ideen zählen mehr als Geld, Verschönerung der
    Städte und Landschaften

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Werte und Normen
  • Wertewandel
  • Reinfolge der Entwicklung der (Grund-)Bedürf-nisse
    (Maslow)

(5) Bedürfnis nach Selbstverwirklichung (4)
Bedürfnis nach Geltung (3) Soziale Bedürfnisse
(Geborgenheit/Liebe) (2) Bedürfnis nach
Sicherheit (1) Physiologische Bedürfnisse
(Hunger, Durst)
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Werte und Normen
Wertewandel Die Verschiebung vom Materialismus
zum Postmaterialismus verläuft nicht eindeutig.
Zu Beginn der 90er Jahre des 20.Jahrhun-derts
wurden immer noch ca. 20 Prozent der
Westdeutschen als Materialisten und nur knapp
17 Prozent als Postmaterialisten ein-geordnet.
Fast 51 Prozent der Menschen in den alten
Bundesländern wurden als Mischtypen ver-ortet.
24
Werte und Normen
Wertewandel Materialisten/Postmaterialisten
sind nicht in allen Bevölkerungsgruppen gleich
häufig zu finden. Jüngere, in Städten lebende,
gebildetere und aus oberen Schichten stammende
Menschen weisen häufiger postmaterielle
Werthaltungen auf als ältere, auf dem Land
lebende weniger gebildete und aus unteren
Schichten kommende Personen (). Bis zu einem
gewissen Grad ist der Post-materialismus also
eine schichtspezifische Er-scheinung (Hradil).
Je reicher man wird, desto unwichtiger
wird Reichtum (Inglehart).
25
Werte und Normen
Wertewandel Auch Klages konstatiert einen
Wertewandel in den Industriegesellschaften.
Bezogen auf die Bundesrepublik bezeichnet er ihn
als Wandel von Pflicht-/Akzeptanzwerten hin zu
Selbst-entfaltungswerten. Grundlage sind
Untersuchungen zu den Erziehungs-werten deutscher
Eltern. Diese wurden gefragt auf welche
Eigenschaften die Erziehung der Kinder in erster
Linie hinzielen sollte. Die Antworten zeigen
Werte wie Gehorsam und Unterordnung gehen
deutlich zurück Selbständigkeit und freier Wille
steigen stark an gt
26
Werte und Normen

1951 1964 1972 1981 1991 1995
Ordnungsliebe und Fleiß 25 31 37 38 36 33
Gehorsam und Unterordnung 28 25 14 8 9 9
Selbständigkeit und freier Wille 41 45 45 52 63 65
Erziehungsziele in der Bundesrepublik und den
alten Ländern 1951-1995 (Angaben in wichtig)
27
Werte und Normen
Wertewandel Interessanter Weise halten sich
gleichzeitig Ord-nungsliebe und Fleiß auf einem
konstanten, relativ hohen Niveau. Das ist ein
Grund, weshalb Klages gegen Inglehart kritisch
einwendet, der Wertewandel gehe nicht ein-deutig
in eine Richtung. Bei z. B. veränderten
sozioökonomischen Rahmen-bedingungen kann es
durchaus wieder zur Renais-sance alter Werte
kommen.
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Werte und Normen
  • Normen
  • Während Werte allgemeine Prinzipien sind, die der
    Handlungsorientierung und -ausführung zu Grunde
    liegen, sind soziale Normen, spezielle mehr oder
    weniger strenge Vorschriften bzw. Erwartungen
    bezogen auf ein konkretes soziales Han-deln.
    Normen existieren in jeder Gesell-schaft sie
    regeln die Art und Weise des menschlichen
    Zusammenlebens.

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Werte und Normen
  • Normen
  • Ein sozialer Tatbestand () ist jede mehr oder
    minder festgelegte Art des Handelns, die die
    Fähigkeit besitzt, auf den Einzelnen einen
    äußeren Zwang auszuüben, oder auch, die im
    Bereich einer gegebenen Ge-sellschaft allgemein
    auftritt, wobei sie ein von ihren individuellen
    Äußerungen unab-hängiges Eigenleben besitzt
    (Durkheim).

30
Werte und Normen
  • Normen
  • Normen sind allgemein geltende und in ihrer
    Allgemeinheit verständlich mitteilbare
    Vorschriften für menschliches Handeln, die sich
    direkt oder indirekt an weit verbreiteten
    Wertvorstellungen orientieren und diese in die
    Wirklichkeit umzu-setzen beabsichtigen. Normen
    suchen mensch-liches Verhalten in Situationen
    festzulegen, in denen es nicht schon auf andere
    Weise festgelegt ist. Damit schaffen sie
    Erwartbarkeiten. Sie werden durch Sanktionen
    abgesichert (Bahrdt).

31
Werte und Normen
  • Normen
  • Allgemein geltende Handlungsvorschriften
    Normen haben stets kollektive Geltung.
  • Orientierung an Wertvorstellungen Nicht alle
    Normen sind Konkretisierungen von Werten
    gtZweckmäßigkeitsnormen
  • Situationsbedingtheit Normen legen ein
    typisches Handeln für bestimmte Situationen fest
  • Verhaltenserwartungen Normen schaffen
    Verhaltensregelmäßigkeiten
  • Sanktionierbarkeit Normen werden durch
    positive oder negative Sanktionen abgesichert

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Werte und Normen
  • Systematik der Normenvielfalt
  • Grad der Bewusstheit, mit dem sie in der
    sozialen Handlung präsent sind
    Gewohnheiten/Bräuche ? Gesetze.
  • Adressatsbezogene Gültigkeit einzelne
    Gruppen ganze Gesellschaft
  • Grad der Verbindlichkeit Kann-Normen (z.B.
    freiwillig erwartetes Handeln), Soll-Normen (z.
    B. erwartetes Handeln), Muss-Normen (z. B. durch
    Gesetz zwingend erforderliches Handeln)

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Werte und Normen
  • Normwandel
  • Ebenso wie Werte wandeln sich auch Normen.
  • Normwandel ist in der Regel dadurch
    gekennzeich-net, dass negative Sanktionen
    abweichenden Ver-haltens mehr und mehr
    ausbleiben.
  • Wenn Normen nicht mehr befolgt werden und dies
    nicht mehr sanktioniert wird, verlieren sie ihre
    Gültig-keit.
  • Ist völlig normenkonformes Verhalten denkbar?

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Werte und Normen
  • Normwandel
  • Normalität von Normabweichungen
  • Die sozialen Normen sind nicht bei
    allen Gesell- schaftsmitgliedern in gleicher
    Weise total verinnerlicht
  • In jeder Gesellschaft bestehen verschiedene
    Grup- pennormen, die häufig voneinander abweichen
    (intra- kulturelle Differenz)
  • Normen sind inter-kulturell verschiedenartig
    sobald es zu interkulturellen Kontakten kommt,
    besteht die Chance des Nachdenkens über die
    eigenen Normen dies ist auch eine Quelle für
    mögliche Abweichungen
  • Normabweichungen im Falle eines Konflikts die
    Einhaltung einer Norm erfordert unter Umständen
    das Abweichen von einer anderen Norm

35
Werte und Normen
Normwandel Im Allgemeinen geht es darum, Normen
relativ stabil aufrechtzuerhalten. Denn würden
sich die sozialen Normen laufend ändern, wäre ein
wechselseitig er-wartbares Verhalten schwer
möglich. Auf der anderen Seite dürfen die Normen
auch nicht so starr sein, weil sonst die
Entfaltungsmöglichkeiten der Gesellschaftsmitglie
der zu stark behindert würden. Lösen sich in
einer Gesellschaft die allgemein aner-kannten
Normen auf, besteht ein anomischer Zustand, ein
Zustand der Norm- und damit auch
Orientierungs-losigkeit (Durkheim).
36
Sozialisation
  • Was heißt Sozialisation?
  • Handeln der Menschen basiert auf impliziten und
    expliziten Lernprozessen.
  • Diese sind durch die soziale Umwelt, in der die
    Menschen leben, bedingt.
  • Der biologischen Geburt folgt eine zweite die
    soziale Geburt durch Sozialisation.
  • Sozialisation ist ein komplexer Vorgang von
    Vergesellschaftung und Persönlichkeits-bildung
    bzw. von sozialer Eingliederung und
    Individuation.

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Was heißt Sozialisation?
  • Sozialisation ist ein Aneignungsprozess
  • Bestehende Werte, Normen, Deutungs- und
    Bedeutungssysteme (z. B. die Sprache). muss sich
    der Mensch von Geburt an an-eignen.
  • Diese Betonung von Sozialisation (gt z. B.
    Durkheim) entspricht seiner soziologischen
    Perspektive, wonach die Gesellschaft als
    Ordnungs- und Strukturzusammenhang im Vordergrund
    steht (gt Vergesellschaftung des Menschen).

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Was heißt Sozialisation?
  • Die Grundfragen der Sozialisation lauten in
    dieser Sicht Wie werden die Individuen zu
    Gesellschaftsmitgliedern?
  • Oder Wie gelingt es der Gesellschaft ihre
    Regeln, die das soziale Handeln bestimmen, an die
    (nachwachsenden) Individuen zu ver-mitteln?
  • Erziehung
  • Ziel der Erziehung ist vor allem die
    Herausbildung des sozialen Wesens in uns
    (Abels).
  • Erziehung ist absichtsvolle Sozialisation
    (Durkheim)

39
Was heißt Sozialisation?
  • Zum Sozialisationsbegriff im Hinblick auf den
    Aneignungsvorgang gehört noch der Begriff
    Enkulturation.
  • Dieser hebt die kulturspezifische Prägung des
    Menschen durch seine soziale Umwelt hervor.
  • Die Ansicht, dass Sozialisation eine Art
    Zähmungsprozess ist, mit dem das Indivi-duum
    vergesellschaftet wird, vertritt auch die
    psychoanalytische Theorie von Sigmund Freud.

40
Sozialisation nach Freud
  • Nach Freud ist die menschliche Psyche ein
    Apparat der sich aus drei Instanzen (ES, ICH,
    ÜBER-ICH) zusammensetzt diese er-füllen
    unterschiedliche Funktionen.
  • Die älteste dieser psychischen Provinzen oder
    Instanzen nennen wir das Es sein Inhalt ist
    alles, was ererbt, bei Geburt mit-gebracht,
    konstitutionell festgelegt ist, vor allem also
    die aus der Körperorganisation stammenden Triebe
    (Freud).

41
Sozialisation nach Freud
  • Triebe sind als solche nicht beobachtbar es
    sind Spannungen oder Erregungen subjektiv als
    Bedürfnis empfunden und veranlassen uns dazu,
    tätig zu werden, um den Erregungszustand zu
    beenden oder um ein Bedürfnis zu befriedigen. ()
  • Das Es ist das Reservoir der sexuellen und
    aggressiven Triebe, das regiert von
    Lustan-sprüchen sofortige und vollständige
    Befriedi-gung verlangt (Zimmermann).
  • gt Das ES verkörpert das Lustprinzip (Eros und
    Thanatos) es ist unbewusst, irrational und
    kennt keine Moral.

42
Sozialisation nach Freud
  • Die zweite Instanz ist das ICH.
  • Das Ich ist eine Instanz die zwischen dem Es
    und der Außen- bzw. Umwelt des Menschen
    vermittelt. Damit ein Zusammenleben mit anderen
    Menschen möglich wird und nicht jeder nur die
    eigene Triebbefriedigung sucht, muss eine
    Be-ziehung zu anderen Menschen, zur Umwelt
    organi-siert werden (Zimmermann). Das ist die
    Funktion des Ich.
  • Es hat die Aufgabe der Selbstbehauptung
    (Freud).
  • Das ICH verkörpert das Realitätsprinzip.

43
Sozialisation nach Freud
  • Die dritte Instanz ist das ÜBER-ICH.
  • Diese Instanz hat die Funktion, gesellschaftliche
    Werte und Normen zu repräsentieren. Es formt sich
    im Verlauf der Sozialisation des Menschen durch
    Aneinung und Internalisierung. Das ÜBER-ICH
    bündelt somit die Einflüsse der Gesellschaft bzw.
    der Kultur im Menschen (Enkulturation).
  • Es verkörpert das Moralitätsprinip.
  • Freud unterstellt nun ähnlich wie Durkheim
    eine Dominanz des Moraliätsprinzips.

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Sozialisation nach Freud
  • Kultur, und damit die Organisationsform sozialen
    Handelns in Gesellschaft, ist ohne Triebkontrolle
    nicht zu haben.
  • Die Ersetzung der Macht des Einzelnen durch die
    Gemeinschaft ist der entscheidende kulturelle
    Schritt. Ihr Wesen besteht darin, dass sich die
    Mitglieder der Gemeinschaft in ihren
    Befriedigungsmöglichkeiten beschränken, während
    der Einzelne keine solche Schranke kannte. ()
    Die individuelle Freiheit ist kein Kulturgut. ()
    Durch die Kulturentwicklung erfährt sie
    Einschränkungen, und die Gerechtigkeit fordert,
    dass keinem diese Einschränkungen erspart werden
    (Freud).

45
Sozialisation nach Freud
  • Die Aneignung kultureller Standards, die sich
    im ÜBER-ICH (moralische Gewissensinstanz)
    abbilden, macht Gesellschaft erst möglich. Diese
    Standards beeinflussen das ICH stark, so dass
    dieses sich genötigt sieht, Triebunterdrückung
    bzw. -sublimierung zu betreiben.
  • Die Triebsublimierung ist ein besonders
    hervor-stechender Zug der Kulturentwicklung
    (Freud).
  • Also erst Triebverzicht macht die menschlichen
    (Arbeits-)Handlungen möglich, mit der er die
    soziale Welt erschafft. Der Mensch ist nämlich
    spontan nicht arbeitslustig (Abels).

46
Sozialisation nach Freud
  • Bleibt festzuhalten
  • Sozialisation heißt in dieser Perspektive
    Unterordnung des Individuums unter die Kultur.
  • Der bisher entwickelte Begriff von Sozialisation
    betont die Vergesellschaftung des Menschen durch
    die Aneignung von Werten, Normen, Bedeutungs- und
    Deutungssystemen. Es wird damit die
    gesell-schaftliche Bestimmtheit des Einzelnen,
    seine So-zialität betont.
  • Der Sozialisationsprozess ist aber ein
    komplizierter Vorgang, wodurch Menschen nicht nur
    zu Gesellschaftsmitgliedern werden sie
    entwickeln zugleich ihre Persönlichkeit.

47
Was heißt Sozialisation?
  • Durch die Sozialisation entwickeln die Menschen
    spezifische Einstellungen zum sozialen Handeln.
    Dazu gehören () die umfassenden Kulturstile
    einer Gesellschaft.
  • Durch die Sozialisation werden auch die
    spezi-fischen Merkmale von Individuen geformt,
    weil sie nicht nur ein Aneignungsprozess ist,
    sondern auch ein Prozess der Identitätsbildung
    (Geulen).
  • Es geht also um Beides Mitglied- Werden in
    einer Gesellschaft und Persönlichkeitsentwickl
    ung.

48
Sozialisation nach Mead
  • Nach Mead ist bedeutsam, dass die Entstehung
    von Identität (self) nur möglich ist über den
    Umweg der Anderen.
  • Genauer der Mensch entwickelt erst dann eine
    Identität wenn er sich mit den Augen Anderer
    sieht. Wir müssen andere sein, um wir selbst sein
    zu können (Mead).
  • Diesen Vorgang nennt Mead Perspektiven- bzw.
    Rollenübernahme (taking the role of the other).
  • Nur der Mensch ist dazu in der Lage denn er
    kann, wegen der Reiz-Reaktions-Verzögerung durch
    Denken, sein Handeln auch vom Standpunkt seines
    Gegenübers aus betrachten.

49
Sozialisation nach Mead
  • Identitätsbildung durch role taking verläuft in
    zwei Phasen, die Mead am Beispiel des Spielens
    verdeutlicht.
  • Zunächst gewinnt der Mensch im Kindes-alter
    Identität durch die Nachahmung ge-sellschaftlicher
    Repräsentanten (play).
  • Dann lernt er, dass seine Identität Bestand-teil
    eines komplexeren Zusammenspiels der Erwartungen
    vieler Menschen ist, die sein Handeln als
    gesellschaftliches Wesen mit bestimmen (game).

50
Sozialisation nach Mead
  • Mit play bezeichnet Mead das frühkindliche
    Rollenspiel. Vom Kind werden im Spiel einzelne
    Rollen übernommen. Dadurch übernimmt es die
    Perspektive dieser Anderen. Das Kind denkt im
    Rollenspiel von ihrem Standpunkt aus
    (Verhaltens-antizipation).
  • Mead nennt sie die signifikanten Anderen. Indem
    sich das Kind mit signifikanten Anderen
    identifiziert, bildet es für sich eine plausible
    Identität aus, aber es ist eine Identität, die
    die Haltungen dieser An-deren spiegelt (Abels).

51
Sozialisation nach Mead
  • Nach und nach wird die Situation komplexer. Das
    Kind gerät in Spielsituationen, an denen mehrere
    Handelnde zugleich beteiligt sind. Es kann sich
    nun nicht mehr nur an einer Rolle oder an einer
    einzigen Bezugsperson orientieren, sondern muss
    eine ganze Reihe von Rollen bzw. Perspektiven
    beachten.
  • Dies ist typisch für das Gesellschaftsspiel
    (z. B. Fußball), von Mead als game bezeich-net.

52
Sozialisation nach Mead
Der grundlegende Unterschied zum play, liegt
darin, dass beim game das Kind die Haltung aller
Beteiligten in sich haben muss (Mead). Das
heißt Man muss sich in die Perspektive vieler
zugleich hinein versetzten. Die Summe aller
Perspektiven in einem bestimmten
Handlungszusammenhang nennt Mead den
generalisierten Anderen. Mit anderen Worten
die Normen und Werte der Gesellschaft, die in
einer bestimmten Situation relevant sind
(Abels).
53
Sozialisation nach Mead
  • Identitätsbildung verläuft über die Wahrnehmung
    von Differenz
  • gebunden an der Perspektiven- bzw.
    Rollen- übernahme signifikanter und
    generalisierter Anderer
  • man wird dadurch ein Mitglied der
    Gesell- schaft und erfährt sich dabei als ein
    Selbst
  • Mead entwickelt vor diesem Hintergrund einen
    zweiseitigen Identitätsbegriff.

54
Sozialisation nach Mead
  • Das was das Subjekt über sich im Prozess des role
    taking erfahren hat, nennt Mead das me
    (soziale Identität).
  • Es enthält die Normen, Werthaltungen, die im
    Verlauf der Sozialisation erworben werden. Es
    repräsentiert die gesellschaftliche Dimension der
    Identität. Es spiegelt daher das, wie andere mich
    sehen (wollen).
  • Man kann es in Anlehnung an Abels als das
    reflektierte Ich bezeichnen.

55
Sozialisation nach Mead
Menschen sind aber nicht nur soziale Wesen,
sondern auch einzigartige Persönlichkeiten.
Diese Einzigartigkeit bildet sich im
Sozialisations-prozess dadurch heraus, dass der
Heranwachsende im Laufe der Zeit durch play und
game entdeckt, dass er sich, trotz
verschiedenster Rollenanforder-ungen, auf eine
ganz spezifische Weise verhält. Diese
Identitätskomponente nennt Mead das I
(personale Identität). Sie ist eine Art
Kreativitäts- oder Spontanitätsinstanz, die im
Prozess des role taking für Neues sorgen kann.
Abels nennt es das impulsive Ich.
56
Sozialisation nach Mead
Das I ist dafür verantwortlich, dass die
gesellschaftlichen Werte und Normen vom
Individuum nicht einfach passiv übernommen
werden, sondern von ihm auch neu bzw. anders
interpretiert werden können. Auf diese Weise
nimmt der Mensch einen aktiv gestalterischen
Einfluss auf seine soziale Welt (role making).
Im Gegensatz zu Freud, der in der notwendigen
Domesti-zierung des Es die Leistung von
Aufbau und Erhalt der Kultur sieht, ist das I
bei Mead die Instanz, die es dem Menschen
ermöglicht, Bestehendes in Frage zu stellen bzw.
Veränderungen zu bewirken.
57
Sozialisation nach Mead
Beide Identitätskomponenten begründen das Selbst
(Ich-Identität), das heißt die
Persön-lichkeit. Aus der Differenz zwischen dem
kreativen oder spontanen Handeln des I und der
Perspektive, die sich aus der Sicht der Anderen
auf das Individuum ergibt, dem Me, entwickelt
sich die menschliche Identität, das heißt die
(selbst-)reflexive Persönlich-keit, von Mead
self genannt. Identität entsteht somit dann,
wenn I und Me sich in einer typischen Weise
vermitteln.
58
Sozialisation nach Mead
Identität ist ein ständiger Dialog, in welchem
das Individuum mit sich selbst, d. h. mit den
beiden Instanzen seiner Persönlichkeit
kommuniziert. Von einer gelungenen Identität
sprechen wir, wenn beide Seiten des Ich in einer
gleichge-wichtigen Spannung zueinander stehen
(Abels). Man kann es auch so formulieren
Ich-Identität entsteht über die Fähigkeit des
Menschen, eine Balance zwischen personaler und
sozialer Identität zu finden (Goffmann).
59
Sozialisation nach Mead

Beide Aspekte () sind für den vollen Ausdruck
der Identität absolut notwendig. Man muss die
Haltung der anderen in einer Gruppe einnehmen, um
einer Gemeinschaft anzugehören man muss diese
äußere Welt einsetzten, die man in sich selbst
herein-genommen hat, um Denken zu können. ()
Andererseits reagiert der Einzelne ständig auf
die gesellschaftlichen Handlungen und ändert in
diesem kooperativen Prozess eben jene
Gemeinschaft (Mead).
60
Varianten der Sozialisation
  • gt geschlechtsspezifische Sozialisation
  • gt schichtspezifische Sozialisation
  • Hinzukommt
  • Der Sozialisationsprozess ist ein
    le-bensbegleitender Vorgang, der sich vom
    Säuglingsalter bis ins hohe Alter erstreckt.

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Geschlechtsspezifische Sozialisation
Was in der Gesellschaft als weiblich, was als
männlich erachtet wird, ist Ausdruck eines
geschlechtsspezifischen Sozialisations-prozesses.
gt Das biologische Geschlecht (sex) wird
durch Sozialisation überlagert und sozial
konstituiert (gender). gt Soziales Handeln ist
immer auch geschlechtsbezogen.
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Geschlechtsspezifische Sozialisation
Der Erwerb einer Geschlechtsidentiät ist nicht
auf eine Lebensphase begrenzt, sondern wird über
den gesamten Lebens-verlauf hergestellt und
ständig in sozialen Praktiken eingeübt. gt
Geschlechtsvorstellungen und -rollen sind
daher nicht statisch, sondern unterliegen
einem Wandel.
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Geschlechtsspezifische Sozialisation
Bei der sozialen Konstitution von Geschlecht
spielen Geschlechtsstereotype eine wichtige
Rolle. Stereotype sind in einer Kultur sozial
gefestigte (traditionelle), undifferen- ziert
e und verallgemeinernde Wahrnehm- ungsmuster,
ungeachtet der konkreten Person. Geschlechtss
tereotype sind fest verankerte allgemeine
Vorstellungen über typisch weibliche und
männliche Eigenschaften und Verhaltensweisen.
64
Geschlechtsspezifische Sozialisation
Stereotype über männliches Verhalten sind in
unserem Kulturkreis z. B. abenteuerlustig,
aggressiv, vernünftig, dominierend, mutig,
stark, entschieden, bestimmt, logisch,
unabhängig. Frauen werden z. B. stereotypisiert
als emotional, gefühlvoll, abhängig,
verletzlich, passiv, schwach, unterlegen, sanft,
intuitiv, verführerisch.
65
Geschlechtsspezifische Sozialisation
  • Geschlechtsstereotype
  • suggerieren grundlegende Unterschiede zwischen
    den Geschlechtern
  • vermitteln oft eine implizite hierarchische
    Wertung
  • prägen die Erwartungshaltung an
    Ver- haltensweisen von individuellen Frauen und
    Männern
  • beeinflussen die Selbstwahrnehmung und
    Selbsteinschätzung von Frauen und Männern

66
Geschlechtsspezifische Sozialisation
Die Grundlagen der Geschlechtsidentität werden
in der Kindheit gebildet. Der Einfluss der Eltern
ist zentral. Das gesamte Verhalten der Eltern,
die Länge der Still- und Schmusezeiten, die Art
des Spielens, des Redens und des Umgangs mit dem
Kind, stellt sich auf ein Geschlecht ein. Selbst
Zimmereinrichtungen, Farbe der Tapeten, der
Bettbezüge, der Kleidung und Gegenstände wie
Spiel-zeug, Puppen oder Teddys, Kuscheltiere oder
Klötzchen, sanfte oder bewegte Musik werden auf
das Geschlecht des Kindes abgestimmt. Mädchen
werden eher zur Rein-lichkeit angehalten als
Jungen, früher aufs Töpfchen ge-setzt und
beherrschen früher ihre Körperfunktion. Jungen
dagegen werden früher zum Sitzen, Stehen und
Gehen ermuntert, weniger festgehalten und mehr
darin unter-stützt, sich fortzubewegen.
67
Geschlechtsspezifische Sozialisation
Väter behandeln ihre Söhne rauer, spielen
häufiger und bewegter mit ihnen, werfen sie schon
als Säuglinge spielerisch höher in die Luft und
fangen sie wieder auf, lassen sie auf ihren Knien
reiten, trauen ihnen mehr Aktivitäten zu, reden
lauter mit ihnen als mit Mädchen. Väter verhalten
sich Mädchen gegenüber sehr viel vorsichtiger und
halten sie auch für ängstlicher. () Für Mütter
treffen diese Unterschiede im Verhalten nicht
ganz so stark zu, sie verhalten sich eher
individuell auf das Kind bezogen. Aber auch sie
zeigen geschlechts-spezifisches Verhalten
besonders dann, wenn es darum geht, kleine
Mädchen weiblich anzuziehen und
heraus-zuputzen (Röckchen, Schleifchen,
Löckchen) und sie zu sanfterem und
rücksichtsvollerem Verhalten als Jungen
anzuleiten (Bründel/Hurrelmann).
68
Geschlechtsspezifische Sozialisation
Wenn Jungen und Mädchen in den Kindergarten
gehen, haben sie schon ein Großteil ihres
geschlechtsbezogen Verhaltens verinnerlicht.
Das Miteinander der Jungen ist auf
Durchsetzung und Unter- bzw. Überordnung
ausgerichtet. Bei Jungen gibt es viel häufiger
als bei Mädchen einen Anführer, einen Boss, einen
der das Sagen hat (Bründel/Hurrelmann).
Mädchen erhalten am häufigsten Aufmerksamkeit
und Lob für Gehorsam und Hilfsbereitschaft,
Jungen erhalten öfter Aufmerksamkeit und Tadel
für schlechtes Benehmen.
69
Geschlechtsspezifische Sozialisation
Adoleszenz geschlechtliche Festlegungen können
überarbeitet werden. Einfluss von
Gleichaltrigen (peers) ist enorm. Jugendliche
brauchen Gleichaltrige als zu-sätzliche
Interaktionspartner. Jugendliche finden in den
Peergroups spe-zielle Normen (Konsum, Mode, Musik
etc.), die verhaltensprägend sind. Dies gilt
auch in Fragen des Sexualverhaltens.
70
Geschlechtsspezifische Sozialisation
Jungen zeigen in vielen Freizeitaktivitäten (z.
B. in Wettkampfspielen) eher ein
Konkurrenz-verhalten, bei denen es überwiegend um
das Messen der Körperkraft geht. Mädchen
lieben nicht so sehr das Gegenein-ander, und
schon gar nicht das Messen ihrer Körperkräfte,
sondern sind eher auf Gemeinsam-keiten, auf ein
Miteinander gerichtet (Bründel/Hurrelmann).
Peergroups beeinflussen auch die Berufswahl,
die nach wie vor zumeist geschlechtsspezifisch
erfolgt Mädchen werden Erzieherin und Jungen
Autoschlosser.
71
Geschlechtsspezifische Sozialisation
Erwachsenenalter es kann zu einer
Intensivierung oder zu einer Divergenz des
geschlechtsspezifischen Verhaltens kommen, z. B.
im Hinblick auf die Arbeits-teilung in der
Familie bei eigener Elternschaft. In den meisten
Fällen reproduziert sich allerdings das
tradi-tionelle Geschlechtermodell Männer sind
zuständig für die Außenräume, Frauen für die
Innenräume. In der Erwerbsarbeitswelt setzt
sich die geschlechts-spezifische Sozialisation
fort. Das Beschäftigungs-system ist nicht nur
segregiert nach Geschlecht (Frauenberufe auf der
einen Männerberufe auf der andern Seite), sondern
auch durch geschlechts-spezifische Ungleichheit
gekennzeichnet.
72
Schichtspezifische Sozialisation
Sozialisationsprozesse lassen sich auch unter dem
Gesichtspunkt unterschiedlicher
Sozialisationsbedingungen bzw. sozialer
Ungleichheit (unterschiedliche Klassen-,
Schicht-, oder Milieuzugehörigkeit von Menschen)
betrachten. Die Sozialisationsforschung hat
diese ungleichheitsbedingten Einflüsse vor allem
im Hinblick auf die schulischen und beruflichen
Entwicklungsmöglichkeiten untersucht.
73
Schichtspezifische Sozialisation
  • Effekte schichtspezifischer Sozialisation
  • Vermittlung von Werten/Normen ist
    schicht- abhängig
  • Angehörige unterer Schichten legen eher Wert
    auf Konformität gegenüber äußeren Autoritäten
    und entsprechende Verhaltens- merkmale
    Disziplin, Manieren, Sauberkeit, Ehrlichkeit und
    Gehorsam (gt materialistische Werte).
    Angehörige höherer Schichten eher auf
    persön- liche Autonomie und damit verbundene
    Persön- lichkeitsmerkmale Rücksichtnahme,
    Verant- wortung, Selbstbestimmung und
    Selbstkontrolle (gt postmaterialistische
    Werte).

74
Schichtspezifische Sozialisation
Angenommen wird, dass diese verschiedenen
Werthaltungen in Verbindung mit den elterlichen
Berufstätigkeiten stehen. Am Arbeitsplatz einen
hohen Grad von Selbständig-keit gewohnt gt
übertragen auf die eigene Familie hohe Bewertung
von Selbständigkeit und Selbstst-euerungsfähigkeit
. Je weniger eigene Einfluss- und
Kontrollmöglich-keiten Eltern in ihrer
Berufstätigkeit haben, desto weniger
Selbstentfaltungsmöglichkeiten gestehen sie ihren
Kindern zu.
75
Schichtspezifische Sozialisation
  • Weitere Faktoren (wie z. B. finanzielle Ressourc
    en und Netzwerkbeziehungen), die mit der
    Schichtzugehörigkeit korrespondieren, spielen
    ein sozialisationsprägende Rolle.
  • Im Vergleich zu Angehörigen der Oberschicht
    verfügen Unterschichtsangehörige über weniger
    ökonomisches Kapital (materielle Besitztümer),
    über weniger kulturelles Kapital
    (Erziehungs- leistungen) und über weniger
    soziales Kapital (Netzwerkbeziehungen).

76
Schichtspezifische Sozialisation
Das ökonomische, kulturelle und soziale Kapital
verhilft den privilegierten Kindern zu besseren
Startchancen. Schichtspezifische
Sozialisationseffekte unter-laufen auf diese
Weise das Leistungsprinzip, das eigentlich im
Gegensatz zum (feudalen) Her-kunftsprinzip die
Positionsvergabe regeln sollte. Auch heute
(trotz Bildungsreformen) ist der Zu-sammenhang
zwischen schulischer Leistung und
Herkunftsfamilie (wieder) gegeben (siehe hierzu
z. B. die neusten PISA-Ergebnisse). Grundsatz
der Chancengleichheit nur noch formal erfüllt.
77
Sozialisationsinstanzen und -phasen
  • Primäre Sozialisation
  • In dieser ersten Phase werden vor allem durch die
    Familie Werte, Normen, Bedeutungs- und
    Deutungssysteme vermittelt.
  • Soziabilisierung (ersten Lebensmonaten des
    Kindes) Ausbildung von Welt- bzw. Urvertrauen.
  • Sekundäre Sozialisation
  • Einflussbereich und die Auseinandersetzung des
    Subjekts mit vor allem nicht-familiären
    Sozialisationsinstanzen. Die sekundäre
    Sozialisation ist gekennzeichnet durch
    Statuspassagen (Über- gänge), wie z. B. die
    Adoleszenz (Übergang ins Erwachsenenleben). Sie
    umfasst das gesamte Erwachsenen- und Berufsleben
    bis zum Eintritt in das Rentenalter.
  • Tertiäre Sozialisation
  • Bezieht sich auf den mit Eintritt in den so
    genannten Ruhestand beginnenden Lebensabschnitt
    des Menschen, der mit dem Tod endet.
  • Prozesshaftigkeit dieser Lebensphase, d. h.
    Differenzierung des Alters (junge Alte, Alte,
    Hochbetagte, Langlebige).

78
Soziales Handeln und Interaktion
Handeln, Soziales Handeln und Handlungs-typen
(Max Weber) Handeln soll dabei ein
menschliches Verhalten (einerlei ob äußeres oder
innerliches Tun, Unter-lassen oder Dulden)
heißen, wenn und insofern als der oder die
Handelnden mit ihm einen subjektiven Sinn
verbinden. Soziales Handeln aber soll ein
solches Handeln heißen, welches seinem von dem
oder den Han-delnden gemeinten Sinn nach auf das
Verhalten anderer bezogen wird und daran in
seinem Ablauf orientiert ist (Max Weber).
79
Soziales Handeln und Interaktion
Handeln, Soziales Handeln und Handlungs-typen
(Max Weber) Sinn heißt, dass es eine Erklärung
für das Handeln gibt, dass wir also mit unserem
Handeln etwas Bestimmtes zum Ausdruck bringen
(wollen). Sinn ist für Weber demnach der
subjektiv gemeinte Sinn. Gelingt ein
hundertprozentiges Sinnverstehen, spricht Weber
von Sinnadäquanz. Dies ist jedoch in den meisten
Fällen nicht (leicht) möglich. Es ist aber
möglich, eine (soziale) Handlung wenigstens
an-nährend zu verstehen (Kausaladäquanz).
80
Soziales Handeln und Interaktion
Handeln, Soziales Handeln und Handlungs- typen
(Max Weber) Wie entsteht Sinn? Sinn entwickelt
sich dadurch, dass Erfahrungen zueinander in
Beziehung gesetzt werden (Selbst-auslegung). In
Folge dessen kann der Sinn einer Handlung
vergangenheitsbezogen entstehen oder einem
Handeln als Zukunftsentwurf zu Grunde liegen.
Handeln ist ein Prozess, in dem etwas vollzogen
wird, Handlung ist das Ergebnis dieses Prozesses.
Handeln birgt also immer Zukunft in sich,
Handlung immer Vergangenheit (Abels).
81
Soziales Handeln und Interaktion
Handeln, Soziales Handeln und Handlungstypen
(Max Weber) Soziale Handeln ist ein Handeln,
das auf das Ver-halten anderer bezogen ist. Dies
gilt natürlich auch für den Sinnbezug. Soziales
Handeln kann orientiert sein am vergan-genen,
gegenwärtigen oder am künftigen Verhalten
anderer. Nicht jede Art von Handeln () ist
soziales Han-deln (). Z. B. dann nicht, wenn
es sich lediglich an den Erwartungen des
Verhaltens sachlicher Objekte orientiert
(Weber).
82
Soziales Handeln und Interaktion
Handeln, Soziales Handeln und Handlungstypen
(Max Weber) Nicht jede Art von Berührung von
Menschen ist sozialen Charakters, sondern nur ein
sinnhaft am Verhalten des anderen orientiertes
eigenes Verhal-ten. Ein Zusammenprall zweier
Radfahrer z. B. ist ein bloßes Ereignis wie ein
Naturgeschehen. Wohl aber wären ihr Versuch, dem
anderen auszuweichen, und die auf den
Zusammenprall folgende Schimpferei, Prügelei oder
friedliche Erörterung soziales Han-deln
Soziales Handeln ist weder identisch a) mit
einem gleichmäßigen Handeln mehrerer, noch b) mit
jedem durch das Verhalten anderer beeinflussten
Handeln
83
Soziales Handeln und Interaktion
  • Handeln, Soziales Handeln und Handlungstypen
  • (Max Weber)
  • Was ist ein Idealtypus?
  • Der Idealtypus
  • gewonnen, durch gedankliche Steigerung
    bestimmter Gesichtspunkte der Realität zu einem
    in sich einheitlichen Gebilde,
  • gewonnen aus der (historischen) Realität, ist
    aber als Gedankengebilde i. d. R. so empirisch
    nicht vorfindbar,
  • Funktion eines Messinstruments ihm wächst die
    Aufgabe zu, festzustellen wie nah oder fern ihm
    die Realität kommt

84
Soziales Handeln und Interaktion
Handlungstypen (Max Weber) Zweckrationales
Handeln Dieses Handeln ist zielorientiert es
werden bestimmte Mittel eingesetzt, um ein Ziel
zu erreichen. Zweckrationales Handeln ist
erfolgsorientiert. Wertrationales
HandelnBestimmungsgründe dieses Typs sind der
Glaube an den un-bedingten Eigenwert eines
bestimmten Sichverhaltens rein als solchen und
unabhängig vom Erfolg (Weber). Affektuelles
insb. emotionales HandelnBestimmungsgründe sind
aktuelle Affekte und Gefühlsregun-gen.
Traditionelles HandelnDieses Handeln folgt der
eingelebten Gewohnheit, dem Im-merso-Gewesenen.
85
Soziales Handeln und Interaktion
Handlungssystemtheorie (Talcott Parsons) Die
soziologische Systemtheorie erklärt das Han-deln
des Einzelnen aus dem jeweiligen
System-zusammenhang. Es gibt ein Ordnungsgefüge
aus Systemstrukturen und Systemfunktionen
(Korte). Da eine Handlung die andere bedingt,
gehen Parsons Überlegungen aus von
Handlungszu-sammenhängen. So wird z. B. eine
soziale Gruppe, ja die ganze Gesellschaft,
begriffen als jeweils ein Handlungssystem.
86
Soziales Handeln und Interaktion
Handlungssystemtheorie (Talcott Parsons)
Bezugsrahmen des Handelns (action frame of
reference) Handeln besteht für Parsons aus den
Strukturen und Prozessen, mittels derer Menschen
sinnvolle In-tentionen entwickeln und diese mehr
oder minder erfolgreich in konkreten Situationen
verwirklichen (Parsons). Menschen verfolgen
mit ihren Handlungen somit Intentionen/
Ziele/Erwartungen Handlungsprozesse finden
in konkreten Situationen statt.
Situationsbestandteile sind soziale Objekte,
nicht-soziale Objekte, Werte und Normen.
87
Soziales Handeln und Interaktion
Handlungssystemtheorie (Talcott Parsons)
Orientierungsalternativen (Pattern variables)
Universalismus vs. Partikularismus Soll ich
mein Handeln an einem Wissen, an Normen und an
Erfahrungen ausrichten, die das Gegenüber
aufgrund seiner Zugehörigkeit zu einer
gemeinsamen Lebenswelt mit mir teilt
(Partikularismus)? Oder soll es sich an einem
allgemein gültigen Wissen und an allgemein
gültigen Normen und Handlungserwartun-gen
ausrichten (Universalismus)?
88
Soziales Handeln und Interaktion
Handlungssystemtheorie (Talcott Parsons)
Orientierungsalternativen (Pattern variables)
Leistungsorientierung vs. Zuschreibung Soll ich
mein Handeln an Eigenschaften des Ge-genübers
ausrichten, die ich ihm beispielsweise aufgrund
von Vertrautheit fraglos attestiere
(Zuschreibung)? Oder soll ich es an Eigenschaften
des Gegenübers ausrichten, für die dieses (im
Zweifelsfall) den Nachweis einer spezifischen
Qualifikation (durch Leistung) zu erbringen hat?

89
Soziales Handeln und Interaktion
Handlungssystemtheorie (Talcott Parsons)
Orientierungsalternativen (Pattern variables)
Spezifität vs. DiffusitätSoll mit meinem
Handeln der Andere als ganzer Mensch
angesprochen werden (diffuse Orientierung) oder
hat mich der Andere in der gegebenen Situation
ausschließlich als Träger einer spezifischen
Rolle zu interessieren (spezifische
Orientierung)?
90
Soziales Handeln und Interaktion
Handlungssystemtheorie (Talcott Parsons)
Orientierungsalternativen (Pattern variables)
Affektivität vs. affektive Neutralität Sollen
meine Bedürfnisse unmittelbar befriedigt werden
(Affektivität) oder soll die Bedürfnisbe-friedigun
g unter Berücksichtigung langfristiger und
rationaler Erwägungen vorerst aufgeschoben oder
unterdrückt werden (affektive Neutralität)?
91
Soziales Handeln und Interaktion
Handlungssystemtheorie (Talcott Parsons)
Orientierungsalternativen (Pattern variables)
Selbstorientierung vs. Kollektivorientierung S
oll mit meinem Handeln ein Kollektivwohl
(Kollektivorientierung) befördert werden oder
orientiere ich mich ausschließlich an meinen
eigenen Interessen (Selbstorientierung)?
92
Soziales Handeln und Interaktion
Handlungssystemtheorie (Talcott Parsons) Vor
dem Hintergrund des Bezugsrahmens des Handelns
entwirft Parsons das allgemeine Handlungssystem
(general action system), das sich auf alle
konkreten Handlungszusammenhänge übertragen
lässt. Das allgemeine Handlungssystem setzt sich
aus vier Subsystemen zusammen, in welchen die
Hand-lungsbedingungen je spezifisch organisiert
sind. Diese Subsysteme bilden die
Strukturkomponenten des allgemeinen
Handlungssystems.
93
Soziales Handeln und Interaktion
Handlungssystemtheorie (Talcott Parsons)
OrganismussystemDieses bildet die
naturgegebene Basis menschlichen Han-delns. Es
umfasst die individuelle physische Konstitution,
aber auch die Triebe und körperlichen
Bedürfnisse. Persönlichkeitssystem Es ist das
System der individuellen Bedürfnisdispositionen
und der Identitätsbildung. Soziales
SystemDieses umfasst die sozialen Beziehungen
und die sozialen Rollen in denen sich die
Menschen begegnen. Kulturelles SystemHier sind
die Werte und Normen versammelt.
94
Soziales Handeln und Interaktion
Handlungssystemtheorie (Talcott Parsons) Die
Subsysteme des allgemeinen Handlungs-systems
bilden eine Hierarchie. Den niedrigsten
Stellenwert hat das Organismussystem, den
höchsten das Kultursystem. Das Kultursystem ist
deshalb dominant, weil es nach Parsons für die
Ordnung des Handlungssystems verantwortlich ist.
Parsons zentrale Frage gilt den
Stabilitätsbedingungen eines Handlungszusammenhan
gs. Ein stabiler Handlungszusammenhang beruht
darauf, dass das allgemeine und damit jedes
konkrete Handlungssystem verschiedene
Funktionen bzw. Aufgaben zu erfüllen hat.
95
Soziales Handeln und Interaktion
Handlungssystemtheorie (Talcott Parsons) Die
für das Bestehen eines Handlungssystems
unverzichtbaren Funktionskomponenten
sind Adaption (Strukturanpassung)
A-Funktion Systeme müssen sich an
Umweltanforderungen und -bedingungen anpassen.
Die A-Funktion fasst die Prozesse, über welche
die Beschaffung und Bereit-stellung notwendiger
Ressourcen vorgenommen wird. Strukturanpassung
ist eine Voraussetzung für die Zielerreichung.
96
Soziales Handeln und Interaktion
Handlungssystemtheorie (Talcott Parsons)
Goalattainment (Zielerreichung)
G-Funktion Systeme müssen sich Ziele setzen und
die Probleme der Zielerreichung bewältigen. Über
die A-Funktion und über die G-Funktion öffnet
sich ein Handlungssystem zu seiner Umwelt. Die
G-Funktion beinhaltet, dass ein System in seinen
Leistungskatalog zwar Anforderungen der Umwelt
aufnimmt, zugleich aber bemüht ist, seine
Identität zu bewahren.
97
Soziales Handeln und Interaktion
Handlungssystemtheorie (Talcott Parsons)
Integration (I-Funktion) Diese Funktion sorgt
für die Bewahrung des inneren (arbeitsteiligen)
Beziehungsgefüges. Teilbereiche, die
unterschiedliche Eigenschaften und Aufgaben
haben, müssen so zugeordnet und verteilt werden,
dass sie miteinander auskom-men.
98
Soziales Handeln und Interaktion
Handlungssystemtheorie (Talcott Parsons)
Latente Strukturerhaltung (L-Funktion) Diese
Funktion (Latent Pattern Maintenance) sorgt für
die Eindeutigkeit und Aufrecht-erhaltung der
Wertestruktur und des Norm-musters. Diese vier
Funktionen beschreiben die Be-dingungen, die in
jedem beliebigen Hand-lungszusammenhang erfüllt
werden müssen, damit dieser als Zusammenhang
stabil bleiben kann (Brock u.a.).
99
Soziales Handeln und Interaktion
Handlungssystemtheorie (Talcott Parsons)
Zuordnung von strukturellen und funktionalen
Elementen im allgemeinen Handlungssystem.
Organismussystem gt A- FunktionPersönlichkei
tssystem gt G-Funktion Soziales System
gt I-Funktion Kultursystem gt L-Funktion Das
AGIL-Schema besagt somit das Organismussystem
ist für die Anpassung zuständig ist und das
Persönlich-keitssystem für die Zielverwirklichung.
Das soziale Sys-tem ist zuständig für die
Integration und das kulturelle System für die
Aufrechterhaltung der Werte und Normen.
100
Soziales Handeln und Interaktion
Handlungssystemtheorie (Talcott Parsons) Das
allgemeine Handlungssystem ist so konzeptioniert,
das jedes Subsystem in sich wieder ein
AGIL-Schema hat. Betrachtet man z. B. das
Persönlichkeitssystem Adaptionsfunktion
Organismussystem gt Herstellung von Motivation
Zielerreichung Aufgabe des Persönlichkeitssystem
s selbst Integration Einhaltung der Werte und
der normativen Orien-tierung Strukturerhaltung
identisch mit Identitätsstabilität. Identität
dann gewährleistet, wenn die internalisierten
Werte und Normen nicht in Frage gestellt werden.
101
Soziales Handeln und Interaktion
  • Handlungsbegriffe in sozialwissenschaftlichen
  • Theorien
  • gt Teleologisches Handeln
  • Instrumentelle Handlungen gt Objektwelt
  • Strategische Handlungen gt Subjekte der
    sozialen Welt
  • Instrumentelle Handlungen (z.
    B. Arbeitstätigkeiten) können, wie in den
    meisten Fällen, mit Interaktionen verknüpft
    sein (z.B. Arbeitshandlungen).
  • Strategisches Handeln meint, dass andere
    Akteure wie Gegenstände in der Umwelt
    behandelt werden, die es zu manipulieren gilt.
  • Das teleologische H. dominiert in der modernen
    Gesellschaft (Max Weber)

102
Soziales Handeln und Interaktion
Handlungsbegriffe in sozialwissenschaftlichen
Theorien gt Normenreguliertes Handeln Dieses
Handeln bezieht sich auf Gruppen, die ihr Handeln
an gemeinsamen Werten orientieren. Die
Normbefolgung wird von allen Mitgliedern
erwartet. Dieser Handlungsbegriff steht im
Zentrum der struktur-funktionalen
Systemtheorie (Talcott Parsons). gt
Dramaturgisches Handeln Dieses Handeln bezieht
sich auf die expressive Selbst- präsentation vor
einem Publikum. Im dramaturgischen Handeln
präsentiert oder inszeniert der Einzelne vor
einer Gruppe seine Gefühle, Wünsche oder
Intentionen. Hauptvertreter dieses
Handlungskonzepts ist Erving Goffman.
103
Soziales Handeln und Interaktion
Handlungsbegriffe in sozialwissenschaftlichen
Theorien gt Kommunikatives Handeln Der
Begriff des kommunikativen Handelns () bezieht
sich auf die Interaktion von mindestens zwei
sprach- und handlungsfähigen Subjekten, die (sei
es mit verbalen oder extraverbalen Mitteln) eine
interpersonale Beziehung eingehen (Habermas).
Kommunikatives Handeln ist nicht teleologisch,
nicht erfolgsorientiert und dennoch auf ein
gemeinsames Ziel der Beteiligten hin
ausgerichtet dieses Ziel lautet Verständigung.
Dieser Begriff steht im Mittelpunkt der
Theorie des kommunikativen Handelns von Jürgen
Habermas.
104
Soziales Handeln und Interaktion
Interaktion Interaktion meint wenigstens zwei
Individuen handeln miteinander bzw. aufeinander
bezogen. Soziale Beziehung (Max Weber) Soziale
Beziehung soll ein seinem Sinngehalt nach
aufeinander gegenseitig eingestelltes und dadurch
orientiertes Sichverhalten mehrerer heißen. Die
soziale Beziehung besteht also durchaus und ganz
ausschließlich in der Chance, dass in einer
(sinnhaft) angebaren Art sozial gehandelt wird,
einerlei zunächst worauf diese Chance beruht
(Weber). Soziale Beziehung Interaktion gt
Wechselseitigkeit des Handelns
105
Soziales Handeln und Interaktion
Interaktion Zum Begriff der sozialen Beziehung
macht Weber noch einige differenzierende
Anmerkungen Der Inhalt kann der aller
verschiedenste sein Kampf, Feindschaft,
Geschlechtsliebe, Freundschaft () Marktaustausch
(). Der Begriff besagt also nichts darüber ob
Solidarität der Handelnden besteht oder das
gerade Gegenteil (Weber). Es ist in keiner Art
gesagt dass die an dem aufeinander eingestellten
Handeln Beteiligten im Einzelfall den gleichen
Sinngehalt in die soziale Beziehung legen
(Weber). Eine soziale Beziehung kann ganz
vorübergehenden Charakters sein oder aber auf
Dauer, d. h. derart eingestellt sein dass die
Chance einer kontinuierlichen Wiederkehr ()
besteht (Weber).
106
Soziales Handeln und Interaktion
Kommunikatives Handeln (Jürgen
Habermas) Kommunikatives Handeln Interaktion
Beim kommunikativen Handeln suchen die Akteure
eine Verständigung über die Handlungssituation,
um ihre Handlungspläne und damit ihre Handlungen
einvernehmlich zu koordinieren (Habermas).
Kommunikatives Handeln stütz sich auf einen
kooperativen Deutungsprozess (). Verständigung
bedeutet die Einigung der Kommunikationsteilnehmer
über die Gültigkeit einer Äußerung (Habermas).
Ziel wiederum von Verständigungs-prozessen ist
Einverständnis (Konsens) der Kommunika-tionspartne
r. Medium der Verständigung ist die Sprache. Sie
begründet das kommunikative Handeln in einer
konkreten Situation und hält es in Gang.
107
Soziales Handeln und Interaktion
Kommunikatives Handeln (Jürgen Habermas) Wo
ein grundsätzliches Interesse an Verständigung
nicht unterstellt werden kann, ist kommunikatives
Handeln als Inter-Aktion nicht möglich. () Eine
Interaktion () setzt voraus, dass man vom
anderen verstanden werden will und dass man ihn
auch selbst verstehen will (Abels). Der
Verständigungsaspekt unterscheidet das
kommunikative Handeln vom teleologischen Handeln.
Streng genommen ist auch Verständigung ein Ziel
oder ein Zweck, aber Habermas sieht in der
Verständigung ein grundlegendes lebensweltliches
Prinzip. Das teleologische Handeln (das
instrumentelle sowie das strategische) und das
kommunikative Handeln sind also durch
unterschiedliche Handlungsrationalitäten
gekennzeichnet.
108
Soziales Handeln und Interaktion
Kommunikatives Handeln (Jürgen
Habermas) Systemwelt und Lebenswelt Die
Lebenswelt ist für Habermas der
selbstverständliche, nicht hinterfragte Ort des
kommunikativen Handelns und damit Grundlage für
die intersubjektive Verständigung. Sie ist die
Welt, die uns fraglos gegeben, selbstverständlich
und vertraut ist (Abels), z. B.
Gemeinschaftsformen (Familie, Freundschaftsbeziehu
ngen, Nachbarschaften etc.). Die Systemwelt ist
demgegenüber der Ort des teleo-logischen bzw.
zweckrationalen Handelns. Zweckrationalität ist
das Prinzip des Handelns in der Wirtschaft, auf
dem Markt, im Beruf. Inzwischen durchdringt sie
allerdings auch das Handeln außerhalb dieser
Bereiche (Abels). Kolonialisierung der
Lebenswelt durch das System
109
Soziale Rolle
Konventionelles Rollenkonzept Position und
Rolle
  • Eine soziale Position bezeichnet ganz allgemeinen
    einen bestimmten Platz/Ort im Strukturgefüge
    (Positionsgefüge) der Gesellschaft.
  • Zugeschriebene Positionen (z.B. Mann, Frau)
  • Erworbene Positionen (z.B. Berufspositionen)
  • Positionen sind mit sozialem Status verknüpft
    dieser bezeichnet die Rangstellung (Ansehen)
    einer Position im gesellschaftlichen
    Positionsgefüge. Wichtige Statuskriterien sind
    Einkommen, Macht, Prestige.

110
Soziale Rolle
Position und Rolle
Positionen sind nun direkt mit Rollen verknüpft.
Zu jeder sozialen Position gehört eine soziale
Rolle. Mit jeder Position gibt die Gesellschaft
dem Individuum eine Rolle in die Hand, die es zu
spielen hat. Dahrendorf definiert den Begriff
der sozialen Rolle, wie folgt Soziale Rollen
sind Bündel von Erwartungen, die sich in einer
gegeben Gesellschaft an das Verhalten der Träger
von Positionen knüpfen. Für Dahrendorf ist der
Mensch ein homo sociologicus der als
Positionsinhaber und Rollenträger gezwungen ist,
sich am Gesellschaftsspiel zu beteiligen.

111
Soziale Rolle
Position und Rolle
Parsons betont in seiner Rollentheorie nicht die
möglicherweise ja auch konfliktbehaftete
Beziehung von Individuum und Gesellschaft,
sondern die über Rollenhan-deln sich vollziehende
normative Integration des Einzelnen in
Gesellschaft. Für Parsons bildet die Rolle den
Schnittpunkt von kulturel-lem System, sozialem
System und Persönlichkeitssystem. Rollen kommen
im Sozialsystem zum Ausdruck und werden durch
internalisierte Werte und Normen, die
institutionell festgelegt sind (Kultursystem),
vom Persönlichkeitssystem befolgt.
112
Soziale Rolle
Rollenerwartungen und Sanktionen
So genannte Bezugsgruppen tragen die Erwartungen
an die Rollenträger heran und beeinflussen bzw.
kontrollieren damit deren Rollenhandeln.
Sanktionen, die in der Gesell-schaft bereit
stehen, sind das Mittel dieser Beeinflussung bzw.
der sozialen Kontrolle. Muss-Erwartungen Diese
bezeichnen ein unbedingt verbindliches
Regelver-halten. Mussvorschriften sind der harte
Kern jeder sozialen Rolle sie sind nicht nur
formulierbar, sondern ausdrücklich formuliert
ihre Verbindlichkeit ist nahezu absolut die
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