Title: Einwanderungsland Deutschland - Grundinformationen -
1Einwanderungsland Deutschland -
Grundinformationen -
- Veronika Schwittay
- und
- Sarah Lang
2Gliederung
- Begriffsproblematik
- Phasen der Ausländerpolitik
- Das multiethnische Segment
- Soziallagen und Lebenschancen
- Integration
- Perspektiven
3Begriffsproblematik
- Gastarbeiter
- Ausländer
- Migranten Zuwanderer
- Ethnische Minderheiten
4Gastarbeiter
- Bis in die 1970er Jahre hinein in Umgangssprache
und in der Öffentlichkeit gebräuchlich - Angeworbene Arbeitskräfte als Gäste
- Geht von einer Rückkehr in das Heimatland aus
5Ausländer
- Amtssprache (rechtlicher Begriff)
- Wurde auch nach und nach in die Umgangssprache
übernommen - Es wurde deutlich, dass es sich bei den
angeworbenen Arbeitnehmern zunehmend um
bleibewillige Dauergäste handelte - Problematisch nach Erwerb der deutschen
Staatsbürgerschaft werden Angehörige von
nichtdeutschen ethnischen Gruppen als Deutsche
erfasst
6Ausländer
- Durch die Liberalisierung der Einbürgerungspraxis
steigt die Zahl der Deutschen mit nichtdeutscher
Herkunft - Der Begriff Ausländer umfasst einen immer
kleineren Teil des multiethnischen Segments - Außerdem teilweise ethnozentrische,
integrationshemmende Nebenbedeutungen - Akzentuierung des Fremden, Nichtdazugehörenseins,
Ausgrenzens
7Migranten Zuwanderer
- Ausländer bezeichnen sich selbst lieber als
Migranten - In der aktuellen Diskussion wird häufig auf den
neutralen Begriff Zuwanderer zurückgegriffen - Problematisch das Merkmal des Wanderns trifft
nur auf die erste Generation zu
8Ethnische Minderheiten
- Bevölkerungsgruppen, die zahlenmäßig in der
Minderheit sind - In sich vielfältig differenziert
- Vorstellung einer nichtdeutschen Abstammung und
Herkunft
9Phasen der Ausländerpolitik in Deutschland
- 1955-1973 Anwerbephase
- 1973-1980 Konsolidierungsphase mit ersten
Integrationsversuchen - 1981-1998 Abwehrphase
- ab 1998 Akzeptanzphase
101955-1973 Anwerbephase
- Anwerbung von Menschen um den Arbeitskräftebedarf
der Wirtschaft zu decken - Deutsch-Deutsche Grenze 1961 als einer der Gründe
für die Anwerbung - Entsendeländer, Betroffene sowie der deutsche
Staat gingen vom Rotationsprinzip aus
111973-1980 Konsolidierungsphase mit ersten
Integrationsversuchen
- Durch Ölkrise, Wirtschaftsrezession und drohende
Arbeitslosigkeit wurde 1973 ein bis 2000 gültiger
Anwerbestopp verhängt - Zahl der ausländischen Arbeitnehmer sank zwar
binnen der ersten drei Jahre, die ausländische
Wohnbevölkerung stieg jedoch stetig - Man hatte Arbeitskräfte gerufen und es kamen
Menschen (Max Frisch)
121973-1980 Konsolidierungsphase mit ersten
Integrationsversuchen
- 1978 Schaffung des Amts des Integrationsbeauftragt
en Beauftragter der Bundesregierung für die
Integration der ausländischen Arbeitnehmer und
ihrer Familienangehörigen - In den 80er Jahren begann auch die
Anziehungskraft Deutschlands für Flüchtlinge aus
Krisengebieten der europäischen und
außereuropäischen Welt - 1980 doppelt so viele Asylbewerber wie in den
Vorjahren
131981-1998 Abwehrphase
- Einschränkung des Asylrechts 1993 als Reaktion
auf den großen Zuwanderungsdruck durch
Asylsuchende - Drittstaatenregelung
- Dennoch Boom der Ausländer-beschäftigung hinter
der Fassade Deutschland ist kein
Einwanderungsland
141981-1998 Abwehrphase
- Stille Metamorphose vom Gastarbeiter zum
Einwanderer schreitet voran ? immer längere
Aufenthalte der Arbeitsmigranten in Deutschland - Veränderung der demographischen Zusammensetzung
der Migranten
15ab 1998 Akzeptanzphase
- Seit 01.01.2000 gilt ein liberalisiertes,
offeneres Staatsangehörigkeitsrecht - Anwerbestopp wird seit 2000 durch die Greencard
für IT-Spezialisten durchlöchert - 01.01.05 erstes Zuwanderungsgesetz der Geschichte
Deutschlands - Einsicht dass Deutschland ein Einwanderungsland
modernen Typs geworden ist auch bei Politikern
vorhanden
16Das multiethnische Segment
- Deutsche nichtdeutscher Herkunft
- Arbeitsmigranten
- Flüchtlingsgruppen
- Illegale
17Deutsche nichtdeutscher Herkunft
- In den 1970er und 1980er Jahren erwarben aufgrund
restriktiver Bestimmungen nur wenige
Arbeitsmigranten die deutsche Staatsangehörigkeit - Deutschland verstand sich nicht als
Einwanderungsland - 1993 Erleichterung der Einbürgerungen
(Rechtsanspruch nach 15 Jahren Daueraufenthalt,
Senkung der Gebühren) - ? Anstieg bis 1999 um fast das Vierfache
18Deutsche nichtdeutscher Herkunft
- Weitere Maßnahmen erneute Änderung des
Staatsbürgerschaftsrecht ab 1.1.2000,
Optionsmodell - Sehr geringe Einbürgerungsquote im
internationalen Vergleich - Verbot der doppelten Staatsangehörigkeit
- Die Integration von Eingebürgerten ist weiter
fortgeschritten als die der Ausländer
19Arbeitsmigranten
- 5,6 Millionen der 6,7 Ausländer können den
ausländischen Arbeitsmigranten und ihren Familien
zugerechnet werden (Ende 2004) - Zusammensetzung Türken (26 aller Ausländer),
Italiener (8), Migranten aus Serbien und
Montenegro (7,5) und Griechen (5)
20Flüchtlingsgruppen
- 15 der Ausländer des Jahres 2003 sind
Flüchtlinge - 525.000 anerkannte Flüchtlinge mit unbefristeter
Aufenthaltsgenehmigung, Arbeitserlaubnis, Rechten
auf soziale Sicherung und Ansprüchen auf
Eingliederungshilfen - Ca. 375.000 De-facto-Flüchtlinge
- Ca. 40.000 Bürgerkriegsflüchtlinge aus
Bosnien-Herzegowina - Ca. 130.000 Asylbewerber, deren Verfahren noch
nicht abgeschlossen ist
21Illegale
- Ausländer, die ohne Genehmigung oder mit
gefälschten Papieren eingereist sind oder nach
Ablauf ihrer Aufenthaltsgenehmigung nicht
ausgereist oder untergetaucht sind - Schätzungen zwischen 150.000 und 1 Millionen
22Soziallagen und Lebenschancen
- Schichtzugehörigkeit
- Arbeitsbedingungen
- Einkommen
- Wohnen
231. Schichtzugehörigkeit
- Sozialer Aufstieg seit den 80er Jahren zu
verzeichnen - Dennoch ca. die Hälfte der ethnischen Gruppen im
untersten Teil der Schichtungshierarchie - Entstehung eines ausländischen Mittelstands durch
die vermehrte Selbstständigkeit unter Ausländern
241. Schichtzugehörigkeit
252. Arbeitsbedingungen
- Migranten verrichten überproportional häufig
belastende und gefährliche Arbeit und sind
stärker von Arbeitslosigkeit bedroht - Doppelt so häufig wie Deutsche von
Arbeitsunfällen betroffen - Den Risiken des Arbeitsmarktes stärker ausgesetzt
als Deutsche
263. Einkommen
- Direkte Lohndiskriminierung existiert nicht
- Einkommen ähnlich wie die der Deutschen
- Relativ niedrige Einkommen und relativ hohe
Arbeitsplatzrisiken sind jedoch sozial prekär
274. Wohnen
- Wohnbedingungen als entscheidendes Merkmal zur
Beschreibung der sozialen Lage, da sie eine
wesentliche Rolle für die Gesundheit und das
Wohlbefinden spielen - Ausländer haben tendenziell beengtere
Wohnverhältnisse, als Deutsche - Differenzierende Funktion des Wohnungsmarkts
284. Wohnen
- Zuwanderer konzentrieren sich besonders stark in
den von Armut, Arbeitslosigkeit und
Sozialhilfebezug betroffenen Gebieten - Segregation ungleiche Verteilung von
Bevölkerungsgruppen - Sozialräumliche Segregation als Charakteristikum
aller Gesellschaften - Freiwillige Segregation ist daher insbesondere
den oberen sozialen Schichten möglich, die
unteren sozialen Schichten sind dagegen von
unfreiwilliger Segregation betroffen
294. Wohnen
- Segregation der Ausländer resultiert aus zwei
Faktoren der sozialen Segregation und der
ethnischen Segregation - Bspw. bei den Anträgen auf Sozialwohnungen sind
wegen der einkommensabhängigen Zuteilung
Migranten überproportional vertreten - Verbesserung der Wohnsituation wäre mit der
Bekämpfung von Armut und dem Abbau von
Diskriminierungen auf dem Wohnungsmarkt verbunden
30Integration
31Integration - Begriff
- Integration als wechselseitiger Prozess zwischen
Zuwanderern und Einheimischen - Vier Dimensionen (strukturell, kulturell, sozial,
identifikatorisch) - Je geringer die Unterschiede in den vier
Bereichen, desto besser gelingt die Integration
32Integration - Begriff
- strukturell
- Systemvertrauen, Gesetzesakzeptanz
- kulturell
- Wertvorstellungen, Sprachkompetenz,
- sozial
- Partner- und Freundschaftsbeziehungen oder
- Mitgliedschaft in Vereinen
- identifikatorisch
- subjektives Gefühl der Zugehörigkeit
33Integration Bildungs- und Berufschancen
- Zentrale Ressource für das zukünftige Leben der
Migrantenkinder - Bildungsdefizite als wichtigste Ursachen für
Integrationsprobleme - Ursachen für weiterhin bestehende, erhebliche
Bildungsdefizite der Migrantenkinder hängen
primär mit dem niedrigen sozioökonomischen Status
der Familien zusammen
34Integration Bildungs- und Berufschancen
- Mangelhafte Deutschkenntnisse die zu weiteren
Kompetenzdefiziten führen können - Unzureichende Erfahrungen der Familien mit dem
deutschen Bildungssystem - Große Familien mit knappen finanziellen
Ressourcen - Mechanismen der indirekten institutionellen
Diskriminierung
35Integration Interethnische Kontakte und
Deutschkenntnisse
- Soziale Kontakte zwischen ethnischen Minderheiten
und Deutschen haben in den letzten zwei
Jahrzehnten stark zugenommen - Auch die Akzeptanz der Ausländer unter der
deutschen Bevölkerung hat stetig zugenommen seit
den 80er Jahren - Überwiegend die unteren Schichten haben
feindliche Einstellungen gegenüber Ausländern
36Integration Interethnische Kontakte und
Deutschkenntnisse
- Konkurrenz-Hypothese
- Ausländer nehmen Deutschen die Arbeitsplätze weg
- Kontakt-Hypothese
- Menschen die persönliche Erfahrung mit Ausländern
haben sind aufgeschlossener und toleranter
37Integration Gewalt gegen Ausländer
- Sehr hohes Niveau an brutalen, gewalttätigen
Ausschreitungen gegen Ausländer - Von 1990-1992 von 178 auf 1485 Delikte
- Ab Mitte der 90er hohes Niveau von 600-800
Delikten jährlich 2004 ein Wert von 368 Delikten - wichtigstes gesellschaftliches Problemfeld,
noch vor der Arbeitslosigkeit, unter den
Ausländern
38Drei irreführende Vorurteile
- Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt
- Finanzielle Belastung
- Kriminalität
39Integration
- Integration ist keine einmalige Angelegenheit,
sondern eine Daueraufgabe - Trotz aller Probleme bei der Integration erreicht
eine Mehrheit der zweiten Generation höhere
Bildungsabschlüsse und eine bessere berufliche
Stellung als ihre Eltern - Die Akzeptanz der Mehrheit der deutschen
Bevölkerung gegenüber ethnischen Minderheiten hat
seit den 80er Jahren kontinuierlich zugenommen
40Perspektiven Demographische Entwicklung
- Niedrige Geburtenraten
- Alterung
- Bevölkerungsrückgang
- Zuwanderung und Wachstum des multiethnischen
Segments
41Niedrige Geburtenraten
- Die Geburtenraten in Deutschland werden weiterhin
auf einem niedrigen Niveau verharren
42Alterung
- Niedrige Geburtenraten und steigende
Lebenserwartungen führen zu einem Voranschreiten
des Alterungsprozesses der deutschen Gesellschaft - Dieser Prozess belastet die sozialen
Sicherungssysteme und erfordert langfristige
Anpassungsstrategien
43Bevölkerungsrückgang
- Der Trend eines stetigen Bevölkerungswachstums
ist beendet - Selbst wenn jährlich 200.000 Migranten nach
Deutschland zuwanderten, würde die Bevölkerung
von zur Zeit 82 Millionen auf 75 Millionen im
Jahr 2050 schrumpfen
44Zuwanderung und Wachstum des multiethnischen
Segments
- Entwicklung zu einem Einwanderungsland modernen
Typs wird weiter fortgesetzt - Aus ökonomischen und demografischen Gründen gehen
die Experten von erheblichen Zuwanderungen in den
nächsten Jahrzehnten aus - Der Zuwanderungsbedarf liegt im nächsten
Jahrzehnt bei ca. 200.000 Personen im Jahr
(steigende Tendenz) - Das multiethnische Segment wird sich in den
nächsten zwei bis drei Jahrzehnten verdoppeln
45Perspektiven
- Somit steht Deutschland vor der Aufgabe, die
Zuwanderung unter Beachtung ökonomischer und
humanitärer Gesichtspunkte zu steuern - Deutschland ist zu einem Einwanderungsland
modernen Typs geworden - Es bedarf einer durchdachten Migrations- und
Integrationspolitik
46Perspektiven Integration
- Aktive Akzeptanz
- Chancengleichheit
- Einheit in Verschiedenheit
47Aktive Akzeptanz
- Akzeptanz des Faktums der Notwendigkeit der
Einwanderung - Akzeptanz der Notwendigkeit, die Migranten zu
integrieren - Einsicht in die Notwendigkeit kollektiver aktiver
Förderung der Integration
48Chancengleichheit
- Gewährung gleicher Rechte
- Gleiche politische Teilnahmechancen
- Gleiche Bildungschancen
- Gleiche Chancen auf dem Arbeitsmarkt und in der
Arbeitswelt - Gleiche Chancen auf Einkommen, Besitz,
Wohnqualität, soziale Sicherung u.a. - Gleicher Zugang zum Positionssystem in Medien,
Bildung, Wissenschaft, Verwaltung, Justiz, Polizei
49Einheit in Verschiedenheit
- Es werden Bedingungen geschaffen, in denen
Mehrheit und ethnische Minderheiten auf der Basis
gemeinsamer Sprache, Regeln und Grundwerte im
gegenseitigen Respekt für die jeweiligen sozialen
und kulturellen Besonderheiten miteinander leben
50Einheit in Verschiedenheit
- Verschiedenheit
- Alle Individuen haben das Recht, ihre
unterschiedlichen kulturellen Traditionen zu
erhalten und zu pflegen auch in Gemeinschaft - Die verschiedenen Kulturen und ethnischen
Gemeinschaften werden als gleichwertig angesehen - Gegenseitiger Respekt und gegenseitige Toleranz
51Einheit in Verschiedenheit
- Einheit
- Erwerb wichtiger Kompetenzen um in der
Aufnahmegesellschaft agieren zu können - Förderung von interethnischen Kontakten und
Kommunikation - Alle Kanadier sollen sich in erster Linie als
Kanadier fühlen und erst in zweiter Linie als
Angehöriger einer ethnischen Gruppe
52Literatur
- Geißler, R. 2006 Ethnische Minderheiten. In R.
Geißler Die Sozialstruktur Deutschlands. Zur
gesellschaftlichen Entwicklung mit einer Bilanz
zur Wiedervereinigung. Wiesbaden, S. 231-254. - Geißler, R. Meyer, T. 2006 Struktur und
Entwicklung in der Bevölkerung. In R. Geißler
Die Sozialstruktur Deutschlands. Zur
gesellschaftlichen Entwicklung mit einer Bilanz
zur Wiedervereinigung. Wiesbaden, S. 41-67. - Geißler, R. 2004 Einheit-in-Verschiedenheit. Die
interkulturelle Integration von Migranten ein
humaner Mittelweg zwischen Assimilation und
Segregation. In BJS 14, S. 287-298. - Beck, M. 2005 Bericht über die Lage der
Ausländerinnen und Ausländer in der
Bundesrepublik Deutschland. Berlin. - Meier-Braun, K.-H. 2002 Deutschland,
Einwanderungsland. Frankfurt a.M.