Title: Landflucht in Indien Tagebuch eines Bauern
1Landflucht in IndienTagebuch eines Bauern
Vom Regen in die Traufe!
- Von Moritz Volk
- und
- Alexander Hatzold
2Mein Leben im Dorf
Eigentlich kann ich zufrieden sein
- Ich habe mein eigenes Land, mein eigenes Haus und
kann mich und meine Familie selbst versorgen. - Ich kann mir sogar etwas Geld auf die Seite
legen, obwohl ich noch Schulden abbezahlen muß. - Ich kann meine Kinder sogar in die Dorfschule
schicken.
3Ich hatte sehr viel Glück
- Der Monsun hat meine Ernte bis jetzt immer
verschont. Einem Freund, nicht weit von hier ist
schon zwei mal die gesamte Ernte vertrocknet. - Er mußte große Schulden machen um neues Saatgut
zu kaufen. - Die Arbeit auf meinem Land ist hart aber
ertragreich. - Überschwemmungen sind bis jetzt Gott sei dank
ausgeblieben.
4Mein größter Schatz
Neulich hat mir eine reiche Frau aus dem Ausland
etwas ganz besonderes geschenkt! Sie hat mir
einen Apparat geschenkt, mit dem man ganz schnell
farbige Bilder machen kann.Sie hat gesagt es ist
eine Sofortbildkamera .
Das ist ein Bild von unserem Haus. Im Dorf haben
alle über das Bild gestaunt.
5Das ist die Schule auf die meine Kinder gehen.
Ich bin auf sie sehr stolz, denn sie können schon
einige Wörter schreiben.
6Mit der Verarbeitung von Kokosnuß-Fasern verdient
meine Frau zusätzlich Geld. Während ich auf dem
Acker nichts zu tun habe, mache ich Zigaretten.
Aber seit es die Zigaretten aus der Fabrik gibt
läuft das Geschäft nicht mehr so gut.
7Meine Söhne befestigen die Küste mit schweren
Steinen. Das Geld ist wichtig um alle Schulden zu
bezahlen. Ein Teil des Geldes kommt zu unseren
Ersparnissen dazu.
8- Neulich bin ich mit meiner ganzen Familie in das
Dorf-Kino gegangen. Es war ein Film über ein
Paar, das in der Stadt ein neues Leben beginnt. - Wenn ich einmal genug Geld gespart habe gehe ich
auch in die große Stadt und kaufe mir ein Haus.
9Auf einmal geht alles schief!
Schon letztes Jahr war die Ernte nicht so gut,
aber dieses Jahr ist sie durch den starken Regen
total verdorben. Von einem Baum aus habe ich ein
Bild von meinem Land gemacht. Ich weiß nicht wie
ich die nächsten Raten bezahlen soll.
10Heute war der Mann da der uns das Geld geliehen
hat. Er hat gesagt, wenn wir die Raten nicht
bezahlen können müssen wir unser Land verkaufen.
Nicht alles von dem Verkaufspreis mussten wir
diesem Mann geben, weil wir schon fast die Hälfte
abbezahlt hatten, aber unser Geld langt nicht um
neues Land zu kaufen. Noch so ein schlechtes Jahr
und wir gehen total pleite. Mein Entschluss steht
fest Wir gehen in die Stadt.
11Auf dem Weg zur Stadt konnten wir von einem
Steilen Berg aus ein fast völlig überschwemmtes
Dorf sehen. Allmählich schlossen sich uns immer
mehr Leute an die auch in die Stadt wollten.
12Nach ein paar Tagen haben wir die ersten
Strommasten gesehen. Der Mann in der Hütte hat
mir geraten umzukehren, aber das wäre
garnicht möglich gewesen weil wir im Dorf alles
verloren hatten und außerdem wäre es dumm
gewesen so kurz vor dem Ziel wieder umzukehren.
13Weil der Landweg sehr beschwerlich ist, nahm uns
ein freundlicher Fischer in seinem Boot mit. Von
dort konnte ich ein schönes Foto machen.
14Als wir etwas außerhalb der Stadt an Land kamen,
konnten wir zuerst nur kleine Holzhütten sehen.
Es stank furchtbar und überall saßen
die Leute auf der Straße und starrten uns an.
15Als wir von einem größeren Haus hinunter
schauten, konnten wir nur dreckige Gassen und
Papp- und Holzhütten sehen
16Wir gingen durch die engen Gassen und redeten
kurz mit einer Frau, die gerade die Kleidung
eines ihrer Kinder flickte. Zwei Türen weiter
hörten wir lautes Weinen und
Schreien. Ein Mann zog mich zur Seite und meinte
wir sollten uns beeilen in das Haus zu kommen und
es für uns zu behalten, denn sonst würden wir
hier nichts anderes finden.
17Ich schickte meine Söhne auf die suche nach einer
Arbeit. Nach ein paar Stunden kamen sie mit ein
paar Schuhen aus einem schwarzen Material. Mein
ältester Sohn sagte mir, dass es in einem der
Slumviertel Leute gibt, die diese Schuhe aus
Autoreifen machen und bei denen man, falls man
gut genug ist Arbeit finden könnte.
18Nur wenige unserer Nachbarn haben genug Geld um
eine automatische Rikscha zu betreiben.
Als ich von meiner Arbeit Schuhe herzustellen
wieder zurück kam, konnte ich meinen Stift nicht
mehr finden. Jetzt habe ich nur noch einen
kleinen Stummel mit dem ich schreiben kann. Aber
das schlimmste ist, dass man mir meine Kamera
geklaut hat.
19Das ist das erste Bild, das ich mit meiner
Kamera gemacht habe. Ich denke oft an früher, wo
meine Kinder noch in einer schönen Umgebung leben
konnten.
Ich hätte nicht in die Stadt gehen dürfen , doch
zurück kann ich auch nicht mehr. Im Dorf hätte
ich garnichts mehr und alle würden uns verachten,
weil wir in die Stadt gegangen sind.Mein Stift
ist zu ende. Auf wieder sehn mein Tagebuch.