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Sehnsucht nach Orientierung Jugendreligiosit

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Title: PowerPoint-Pr sentation Author: eise4201 Last modified by: vogelges Created Date: 10/22/2004 2:09:13 PM Document presentation format: Bildschirmpr sentation – PowerPoint PPT presentation

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Title: Sehnsucht nach Orientierung Jugendreligiosit


1
Sehnsucht nach OrientierungJugendreligiosität
zwischen totaler und partieller Identifikation
  • Vortrag im Rahmen der Jahrestagung der
    Religionslehrerinnen und -lehrer an Gymnasien im
    Bistum Trier (6. Mai 2006)
  • Dr. habil. Waldemar Vogelgesang
  • Universität Trier, Abt. Soziologie

2
Orientierungssuche ein Dauerproblem in
modernen Gesellschaften
  • Der Mangel an Definitivem im Zentrum der Seele
    treibt dazu, in immer neuen Anregungen,
    Sensationen, äußeren Aktivitäten eine momentane
    Befriedigung zu suchen so verstrickt uns dieser
    erst seinerseits in die wirre Halt- und
    Ratlosigkeit, die sich bald als Tumult der
    Großstadt, bald als Reisemanie, bald als wilde
    Jagd der Konkurrenz, bald als die spezifisch
    moderne Treulosigkeit auf den Gebieten des
    Geschmacks, der Stile, der Gesinnungen, der
    Beziehungen offenbart.
  • (Georg Simmel)

3
Das eherne Gesetz gesellschaftlicher
Differenzierung
  • Das Individuum wird umso mehr auf sich selbst
    zurückgeworfen, je mehr der Umfang seiner
    sozialen Beziehungen und seine Teilhabe an
    verschiedenen sozialen Kreisen wächst. Die
    Folge mehr individuelle Freiheiten und
    gesteigerte Selbstverantwortung einerseits,
    zunehmende Isolation und Überforderung
    andererseits.
  • (Georg Simmel)

4
Die religiöse Identität der Durchschnittsjugendl
ichen
  • Thesen
  • Individualisierungsprozesse und der
    selbstbewusste Umgang Jugendlicher mit Kirche
    und Glauben stehen in einem Bedingungsverhältnis
    (In Sachen Religion muss jeder seine eigene
    Linie finden).
  • Als alltagspraktische Orientierungsinstanz hat
    Religion an Bedeutung verloren, in der Sinn- und
    Transzendenzfunktion dagegen an Relevanz
    gewonnen (Partialisierung des Religiösen).

5
Religions-Bricolage Zwischen individuellem
Design und traditionellem Schema
  • In der Art eines religiösen Flickenteppichs
    verbinden und vermischen immer mehr Menschen
    sehr unterschiedliche Weltanschauungen und
    Existenzdeutungen miteinander buddhistische
    Meditation, schamanistische Ekstasetechniken,
    östlicher Reinkarnationsglaube, naturreligiöse
    Vorstellungen, mit religiösen Versprechen
    aufgeladene alternative Therapie-angebote und
    dies durchaus auch in Kombination mit
    christlichen Glaubenssätzen.
    (Volker Krech)
  • Den jugendlichen Christen als reinen Typus gibt
    es realiter gar nicht. Von den Christen haben 28
    gleichzeitig auch eine deistische Weltauffassung,
    dass man das Wirken Gottes in der Welt wenig
    spürt und Gott sich nicht mit jedem Menschen
    persönlich befasst. Weitere 15 sind zugleich
    der Auffassung, ihr Leben werde letztlich durch
    die Gesetze der Natur bestimmt. Ähnlich viele
    sind von der Vorstellung eines ewigen Kreislaufs
    und der Reinkarnation überzeugt.
    (Carsten Wippermann)

6
Literaturempfehlung
  • W. Gebhardt Jugendkultur und Religion - Auf dem
    Weg zur religiösen Selbstermächtigung.
  • In M. Pöhlmann (Hg.) Sehnsucht nach
    Verzauberung. Berlin 2003, S. 7-19 (EZW-Texte,
    Nr. 170/2003)

7
Frage Wie stehst Du zur Institution Kirche?
(Bistumsstudie 2005 differenziert nach Alter)
8
Besuch des Gottesdienstes(Jugendliche im Alter
von 14-25 Jahren im Zeitvergleich)
9
Frage Als wie religiös würdest Du dich
bezeichnen? (Bistumsstudie 2005 Jugendliche
im Alter von 14-25 Jahren)
10
Religiöse Partialisierung abnehmende
Alltagsrelevanz
  • Frage Mein Glaube hilft mir bei meiner
    Lebensgestaltung!
  • 1991 ja ? 57 nein ? 43
  • 2000 ja ? 33 nein ? 67
  • 2005 ja ? 31 nein ? 69

11
Religiöse Partialisierung steigende
Sinnrelevanz Frage Mein Glaube vermittelt mir
eine Art Grundvertrauen und Zuversicht.
12
Religiöse Partialisierung steigende
Sinnrelevanz Frage Glaubst Du an ein
Weiterleben nach dem Tod?
  • Frage Glaubst du an ein Weiterleben nach dem
    Tod?
  • 2000 ja? 40 nein? 22 weiß nicht? 38
  • 2005 ja? 52 nein? 29 weiß nicht? 19

13
Religiöse SchweigespiraleFrage Ich glaube,
dass viele Jugendliche insgeheim viel stärker an
Religion interessiert ist, als es den Anschein
hat.
14
Religiöse SchweigespiraleBeobachtungen /
Begründungen der Jugendlichen
  • Ich glaube schon, viele sagen es nicht, dass sie
    daran interessiert sind, weil sie sich vielleicht
    vor ihren coolen Freunden, die es absolut nicht
    interessiert, schämen. Sie haben vielleicht
    Angst, dass sie von ihnen nicht mehr so
    akzeptiert werden, wie sie sind, wenn sie
    zugeben, dass sie an Religion und Glaubensfragen
    interessiert sind.

  • (Maithe, 16 Jahre)
  • Viele Jugendliche, denke ich mal, glauben an
    Gott, wollen dies aber nicht in aller
    Öffentlichkeit zugeben, weil sie Angst haben, von
    den anderen ausgelacht zu werden. Deshalb trauen
    sie sich nicht, sich zu ihrer Religion zu
    bekennen. Die Angst, ausgelacht zu werden, liegt
    größtenteils daran, dass die Kirche ein
    schlechtes Image hat als Langweileranstalt
    (Sven, 16 Jahre).

15
Religiöse SchweigespiraleBeobachtungen /
Begründungen der Jugendlichen
  • Ich persönlich glaube an gar nichts, weder an
    Gott noch an sonst irgendwen oder irgendwas. Was
    jetzt andere Jugendliche darüber reden, weiß ich
    nicht es ist mir auch eigentlich egal. Dennoch
    fällt mir auf, dass im Religionsunterricht sich
    einige Leute anders geben als sonst. Es könnte
    also schon sein, dass einige zwar sagen, dass sie
    an nichts glauben und Gott für Schwachsinn
    halten, es aber eigentlich gar nicht so meinen
    und sich in Wirklichkeit mehr Gedanken darüber
    machen, als es den Anschein hat. Ich mache mir
    auch Gedanken darüber, ob es Gott gibt, ob es
    einen Himmel gibt usw. ich weiß es auch nicht.
    Es ist eben eine Glaubensfrage. Ich glaube zwar
    nicht an Gott, was sich aber durchaus mal ändern
    kann, aber ich denke, dass man durchaus aus der
    Bibel lernen kann.

  • (Alexander, 17 Jahre)

16
Religiöse Totalidentifikation (1)
  • Clash of civilisations (Samuel P. Huntington
    1993)
  • weltweit beobachtbare Formen politisierter
    religiöser Gewalt
  • Kopftuchurteil (Urteil Bundesverwaltungsgericht
    24. Sept. 2003)
  • Verbot des Ausschlusses von kopftuchtragenden
    Musliminnen vom Lehramt ohne landesgesetzliche
    Grundlage
  • These der säkulare Rechtsstaat hat damit zwar
    Position bezogen hat, der biographischen und
    lebensweltlichen Bedeutungsvielfalt religiöser
    Symbole wird das Urteil aber nicht gerecht wird
  • Türkisch-islamistische Milli Görüs-Gruppierung
  • religiöse Totalitätsansprüche und kollektive
    Identitäts-inszenierungen

17
Religiöse Totalidentifikation (2)
  • Neue Geistliche Bewegungen
  • (z.B. Schönstatt, Fokolare, Jugend 2000)
  • Freikirchliche Aussiedlergemeinden
  • (z.B. Baptisten)
  • Charismatische Erweckungsbewegungen (z.B. The
    Call / Jesus Junge Garde)

18
Neue Geistliche Bewegungen
  • Gemeinsame Lektüre im Workshop
  • - Müller, Joachim (2005) Neue geistliche
    Gemeinschaften und Bewegungen (Movimenti)
    Vielfalt in der römisch-katholischen Kirche.
    Konflikte und Grenzen
  • - Gebhardt, Winfried Engelfried-Rave, Ursula
    (2006) Der Welt-jugendtag als Glaubensfest der
    katholischen Jugend
  • - Mauritz, Andreas (2006) Die Vielfalt erkennen
    Geistliche Gemeinschaften / Bewegungen und ihre
    Bedeutung

19
Neue Geistliche Bewegungen
  • Es darf ruhig jugendgemäß sein. Man muss nur
    darauf achten, dass geistliche Bewegungen sich
    nicht zum Ganzen der Kirche aufblähen, sondern im
    Ganzen der Kirche aufgehen. () Ich bin sicher
    einer der Bischöfe in Deutschland, der den
    geistlichen Gemeinschaften die größte
    Narrenfreiheit lässt. Wir haben 60 geistliche
    Gemeinschaften in der Diözese, und ich halte
    immer meinen Rücken für sie hin und sage Habt
    doch ein bisschen Geduld mit ihnen.

  • (Kardinal Meisner Die Welt, 14.August 2005)

20
Freikirchliche Aussiedlergemeinden Baptisten
21
(No Transcript)
22
Konfession der 2004 zugewanderten Aussiedler (in
Prozent)
Quelle Bundesverwaltungsamt, 2004
23
Religion als Standortfaktor
  • Für viele russlanddeutsche Zuwanderer ist das
    Vorhandensein einer Kirchengemeinde neben der
    Nähe zu den Verwandten (beides hängt sehr oft
    zusammen) ein bedeutenderer Standortfaktor bei
    der Wahl eines Wohnsitzes als ein Arbeitsplatz
    oder eine günstige Wohnung.
  • (Reinhardt Henkel)

24
Anteil der Freikirchler
  • Ca. 15-25 der Aussiedler rechnen sich zu den
    Freikirchlergemeinden (Baptisten, Mennoniten,
    Pfingstler, Adventisten, Stundisten, u.a.)
  • (lt. Auskunft des Bundes
    Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden)

25
Geschlossene religiöse Gruppen(erste Hinweise)
  • Bestimmte religiöse Gruppierungen wie Baptisten
    und andere freikirchliche Gemeinden grenzen sich
    durch ihre Lebensweise von der Gesamtgesellschaft
    ab und entwickeln eine Art Bunkermentalität.
  • Jochen Welt (ehemaliger
    Ausländerbeauftragter)

26
Geschlossene religiöse Gruppen(erste Hinweise)
  • Besondere Schwierigkeiten bereitet den
    traditionell am Rande der Amtskirche stehenden
    pietistisch orientierten Russlanddeutschen das
    Einleben in örtliche evangelische
    Kirchengemeinden. Die Entstehung
    russlanddeutscher evangelischer Sondergemeinden
    (z.B. der so genannten Stundenbrüder) birgt die
    Gefahr einer längerfristigen Abkapselung und der
    Entstehung eines religiösen Minderheitenstatus in
    sich.
  • Ernst Wagner (1982)

27
Zugang zu Baptisten-Gemeinde
  • Vorgehensweise
  • Ethnologische Forschung im eigenen Land
  • Leit(d)-Erfahrung
  • Soziologische Feldforschung an kulturelle
    Grenzen stößt

28
Geschlossene religiöse Gruppen(Faktum)
  • Ob es sich dabei um die mennonitische
    Karagandinski Kerch im schwarzwäldischen Lahr
    oder die baptistischen Bethäuser in Orten in
    Ostwestfalen oder der Eifel handelt, sie
    repräsentieren einschlägige Beispiele für einen
    starken Trend unter den Russlanddeutschen, ihre
    freikirchliche Tradition auch in Deutschland
    fortzuführen.

29
Das wichtigste Erziehungsziel ist dieinnere und
äußere Keuschheit
  • 1.) Ein schlichtes Äußeres
  • Für Mädchen bedeutet dies, dass sie nur lange
    Röcke und Kleider tragen dürfen, jedoch keine
    Hosen, ebenso verboten sind Schmuck, Make-up oder
    das Färben der Haare, die im Übrigen nur lang und
    als Zopf zu tragen sind für die Jungen existiert
    ein striktes Bartverbot, ebenso untersagt ist das
    Tragen von Jeans oder offenen Hemden.

30
Das wichtigste Erziehungsziel ist dieinnere und
äußere Keuschheit
  • 2.) Verzicht auf weltliche Vergnügungen
  • Kein Fernsehen und Kino, keine Disko- und
    Kneipenbesuche, auch Vereinsmitgliedschaften sind
    nicht gestattet.

31
Das wichtigste Erziehungsziel ist dieinnere und
äußere Keuschheit
  • 3.) Einen christlichen Bekanntenkreis
  • Untersagt ist der Umgang mit unchristlichen
    Spielkameraden oder Nachbarn Heiraten ist nur
    zwischen Gemeindemitgliedern erlaubt.

32
Das wichtigste Erziehungsziel ist dieinnere und
äußere Keuschheit
  • 4.) Absolut sittlicher Lebenswandel
  • D.h. vor allem kein vorehelicher Sex, wobei es
    Gemeinden gibt, die stichprobenartig Atteste
    verlangen, die die Jungfräulichkeit beweisen soll.

33
Der Jungfräulichkeits-Kult
  • Sex, Aufklärung, ja sogar Händchenhalten, alles
    ist tabu. Man ist für einen Jungen vorbestimmt,
    sagte mir meine Mutter. Daran glaube ich zwar
    nicht, aber ich soll den Jungen heiraten, den mir
    Gott vorbereitet hat. Und wenn man vorher
    einen Freund hatte, muss man vor der Hochzeit
    alles auspacken, bis ins intimste Detail, und das
    ist oft peinlich. Und wenn du da rein kommst und
    keine Jungfrau mehr bist, darfst du auch keinen
    Schleier tragen. Dann ist für jedermann sichtbar,
    dass du vorher schon mal mit jemandem was
    hattest. So als Strafe, weil du deine Perle
    verloren hast. Und dein Mann wird immer denken,
    ich hab mich so lange aufbewahrt für dich, aber
    ich bin nicht der Erste. Es kann einem eigentlich
    nichts Schlimmeres passieren.
  • (Baptistin, 21 Jahre)

34
Patriarchale Ordnung freikirchlicher Gemeinden
  • ? väterliche Autorität in der Familie
  • (inkl. Züchtigung)
  • ? männliche Herrschaft in der Gemeinde
  • Nur Männer können in den Ältestenrat gewählt
    werden, nur sie dürfen predigen, Taufzeremonien,
    Bußrituale und Lebens-Beichten, die
    heiratswillige Paare ablegen müssen, durchführen.
    Die Ältesten sind in Personalunion Priester,
    Gelehrte und Patriarchen.

35
Moralische und räumliche Parallelwelten
  • Ein ganz krasses Beispiel ist eine
    Pfingstgemeinde, die haben ihre Gemeinde in der
    Gemeinde gebaut, mit eigener Kirche und allem und
    haben da vollkommen alleine gelebt. Die wollten
    eigentlich von niemand etwas wissen. Das ging
    sogar soweit, dass Lehrer hier angerufen und
    gefragt haben Was sollen wir denn mit den
    Kindern den ganzen Tag machen? Die laufen mit dem
    Kopftuch rum, machen im Sportunterricht nicht
    mit, ziehen keinen Badeanzug an, die Eltern haben
    auch teilweise die entsprechenden Seiten aus dem
    Biologiebuch heraus gerissen, damit das Kind auch
    bloß nicht verdorben wird.
  • (Mitarbeiterin, Landesübergangswohnheim
    in Osthofen)

36
Zwischenfazit Familie und Gemeinde als
Bollwerk gegen den moralischen Zerfall
  • Mit einer strikten Verbotspolitik, die den
    Verzicht auf Medien ebenso einschließt wie
    Kontaktverbote mit ungläubigen Kindern oder die
    Weigerung, ihre Kinder an bestimmten
    Schulveranstaltungen und zwar von
    Klassenfahrten bis zum Sexualkundeunterricht
    teilnehmen zu lassen, versuchen sie eine
    Insel-Situation zu schaffen, ein Bollwerk, so
    ein Mitglied des Ältestenrates einer
    Baptistengemeinde in der Eifel, damit das Chaos
    und der Sündenpfuhl da draußen nicht an das Herz
    der Kinder dringen.

37
Reaktionen Jugendlicher auf religiöse und
lebensweltliche Totalitätsansprüche
  • 1.) Die Frommen
  • Manche Jugendliche sind einfach fanatisch. Oder
    wie soll man das sonst nennen, wenn ein junger
    Mensch drei Tage fastet, vier Tage fastet, nur
    morgens was trinkt und ansonsten nur betet. Dann
    gibt es welche, die lachen kaum, sind immer
    todernst. Alles was ein bisschen mit Witz zu tun
    hat, also jede kleine Berührung mit der normalen
    Welt, wird so angesehen, als hättest du gerade
    etwas Schreckliches begangen. Diese Blicke können
    töten. Sie beten mehrmals am Tag, lesen ständig
    die Bibel, haben keinen Kontakt mit anderen. Sie
    werfen nie einen Blick auf Frauen.
  • (Baptistin, 19 Jahre)

38
Reaktionen Jugendlicher auf religiöse und
lebensweltliche Totalitätsansprüche
  • 2.) Die Pragmatiker
  • Einige verknallen sich und behaupten dann, Gott
    hätte es ihnen offenbart. Das sind die schlauen
    Leute.
  • (Baptist, 24 Jahre)

39
Reaktionen Jugendlicher auf religiöse und
lebensweltliche Totalitätsansprüche
  • 3.) Die Aussteiger
  • Diese Gefühl, in zwei Welten zu sein, das nagt
    in dir. Das war wirklich hart für mich, ich
    wusste nicht mehr, wohin ich gehöre. Eine
    Mitte gibt es nicht. Also bin ich gegangen.
  • (Baptistin, 22
    Jahre)

40
Reaktionen Jugendlicher auf religiöse und
lebensweltliche Totalitätsansprüche
  • 4.) Die Überforderten
  • Wir beobachten leider immer wieder, dass sie
    später Probleme bekommen werden. Wenn sie sich
    ganz an ihre Religion halten, haben sie
    Schwierigkeiten, dass sie Kontakt bekommen mit
    anderen, und wenn sie aus dem Elterhaus raus
    gehen oder raus gegangen werden, dass sie auf die
    schiefe Bahn geraten, weil sie mit der neu
    gewonnen Freiheit nicht klar kommen. Von einem
    Schüler weiß ich, dass er heute im Gefängnis
    sitzt. Der hat Freiheit mit Regellosigkeit
    verwechselt.
  • (Leiterin, Hauptschule)

41
Konfliktfelder Kindergarten und Schule
  • Manche von uns haben versucht ihre Kinder in
    den Kindergarten zu schicken, aber dann bekommen
    sie eine Erziehung, sie benehmen sich ganz
    anders, die Erzieherinnen lassen die Kinder alles
    machen, was sie wollen. Deswegen, ehrlich gesagt,
    habe ich Angst meine Kinder dahin zu schicken.
    Ich habe es zwar einmal versucht, aber dann habe
    ich selber gesagt nein.
  • (Baptist)

42
Konfliktfelder Kindergarten und Schule
  • Die Baptistenfamilien haben auch ihre Kinder
    überwiegend nicht geschickt, wenn wir Feste
    hatten Osterfeier, Weihnachtsfeier, aber auch
    weltliche Feiern wie Fastnacht, St. Martin.
  • (Kindergärtnerin)

43
Konfliktfelder Familie / Schule /
GemeindeSpirale der Selbstausgrenzung
  • Familie ? religiöse Gefängnisse
  • Patriarchale Ordnung absolute Dominanz des
    Mannes
  • Erziehung Anpassung / Unterwerfung ? autoritäres
    vs.autonomes Ich
  • Verunsicherungen / Identitätskrisen (Ausbruch
    als Befreiung)
  • Schule ? Einfallstor des Teufels
  • Eltern beanspruchen ausschließl.
    Erziehungsgewalt (bei allen Themen)
  • Grundsatzkonflikt allg. Schulpflicht vs.
    Glaubens- und Gewissensfreiheit
  • religiöse begründete Schulverweigerung radikale
    Ablehnung einer inter-
  • religiösen und inter-kulturellen Öffnung .
  • Gemeinde ? Bunkermentalität
  • Brüdergemeinden gegenmoderne Welt ? Schutz
    vor Pluralismus
  • Konfessionelle Apartheit Elite, Auserwähltsein,
    bessere Menschen
  • Fundamentalistische Züge Radikalisierung
    religiös-kultureller
  • Zugehörigkeit / Totalitätsanspruch (Kontrolle
    der ganzen Person)

44
Lena Klasen Himmel, Hölle, Welt (2001)
  • Ich stelle die Behauptung auf, dass es weniger
    um gelebtes Christ sein als um eine aus einer
    Diktatur hinübergerettete Tradition geht um
    eine christliche Sekte, die ihren Mitgliedern
    dermaßen strenge Verhaltendregeln auferlegt, wie
    sie niemand, der in einer Demokratie aufgewachsen
    ist, der in einer durchschnittlichen deutschen
    Familie erzogen wurde, auf sich nehmen würde oder
    könnte, ohne daran zu zerbrechen
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