Title: Landwirtschaft und Kirche 15.12.2006, Rendsburg
1Landwirtschaft und Kirche15.12.2006, Rendsburg
Globalisierung und Landwirtschaft
Auswirkungen und Gestaltungsmöglichkeiten nach
dem Scheitern der WTO-Verhandlungen Ine
s Tesch Deutscher Bauernverband International
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2Gliederung
- Ziel und Stand der WTO-Verhandlungen
- Folgen und Gestaltungsmöglichkeiten für die
europäische Landwirtschaft - Folgen und Gestaltungsmöglichkeiten für die
Entwicklungsländer - Exkurs Globalisierung und Entwicklung
3WTO Was ist das Ziel der Doha-Runde?
- Welthandel soll erleichtert werden.
- Die besonderen Bedürfnisse der dritten Welt
müssen berücksichtigt werden. - EU Das europäische Modell nachhaltiger
Landwirtschaft soll geschützt und gefördert
werden.
4Was ist Verhandlungsgegenstand der
WTO-Verhandlungen?
- Nationale Beihilfen für die Landwirtschaft
(interne Stützung). - Exportunterstützung.
- Marktzugang für Importe (Zollschranken)
- Industrieprodukte und Dienstleistungen
- Geistiges Eigentum
- Handelsbedingungen für Entwicklungsländer
Agrar
5Die interne Stützung wird Boxen zugeordnet
gekoppelte Zahlungen mit Produktions- beschränku
ngen
nicht oder kaum wettbewerbs- verzerrend z.B.
Umwelt- ausgleich, entkoppelte Zahlungen
wettbewerbs- verzerrend da produktions- gebunden
z.B. Preis-stützung
Green Box
Blue Box
Amber Box
6Anstrengungen der EU
- Reformen der internen Stützung (fast 90 der
Direktzahlungen sind in der green box, d.h.
nicht handelsverzerrend) - Auslaufen Exportsubventionen angeboten
(Erstattungen aktuell ca. 3,3 Mrd. jährlich,
100 der Butterexporte und 92 der
Rindfleischexporte mit Erstattungen) - Weit reichendes Angebot Marktzugang für
Agrargüter (Abbau um durchschnittlich 46 ) - Engagement für die Entwicklungsländer
7Die EU ist bereits größter Importeur von
Produkten aus Entwicklungsländern
Quelle EU Commission, GD Handel
8Szenario Rindfleischmarkt Europa
Angebot der EU ist bereits mit schmerzhaften
Auswirkungen für die EU-Landwirtschaft verbunden
9Szenario Buttermarkt Europa
10Fehlende Kompromissbereitschaft der
Verhandlungspartner
- Industriegüter
- Dienstleistungen
- Schutz geographischer Angaben
- Interne Agrarstützung der USA
- Differenzierung zwischen Entwicklungsländern
- Produktionsstandards
- Auslaufen anderer Formen der Exporterstattungen
(Nahrungsmittelhilfe zum Abbau von eigenen
Überschüssen v.a. in den USA beliebt)
Gleichzeitig überzogene Forderungen im
Agrarbereich und Angriffe auf EU-Agrarpolitik
11Angebote bzgl. der Agrarverhandlungen
12Angebote bzgl. der Agrarverhandlungen
13WTO-Ministerkonferenz in Hongkong - Ergebnisse -
- Abbau der Agrarexportförderung bis Ende 2013
- Abbau der internen Agrarstützung anhand von 3
Bändern, höchste Kürzung im obersten Band - Abbau der Agrarzölle anhand von 4 Bändern, eigene
Grenzen für Entwicklungsländer - Abbau der Industriezölle anhand einer Schweizer
Formel (Ausgestaltung unklar) - Beginn plurilateraler Verhandlungen bei
Dienstleistungen - Maßnahmenkatalog für die weiteren Verhandlungen
über den Abbau von Zollbürokratie
(Handelserleichterungen)
14WTO-Ministerkonferenz in Hongkong - Ergebnisse -
- Entwicklungspaket
- Freier Marktzugang der Industrieländer für LDCs
(bis 2008, für min. 97 der Zolllinien) - Baumwolle Exportsubventionen laufen schon bis
2006 aus, handelsverzerrende interne Stützung
soll früher und ehrgeiziger abgebaut werden - Aid for Trade mehrere Länder kündigen
Aufstockung an (EU auf 2 Mrd. jährlich)
15Weitere Fortschritte bleiben bislang aus
- Volle Modalitäten für Agrarverhandlungen,
Industriezölle und Dienstleistungen können nicht
bis zum Sommer 2006 erreicht werden
WTO-Generalsekretär Lamy setzt die Verhandlungen
im Juli 2006 bis auf weiteres aus - Politische Willensbekundungen, im Frühjahr 2007
Verhandlungen neu zu beleben und abzuschließen
bleiben bislang ohne Substanz - Stattdessen verstärkte Verhandlungen zu
bilateralen Abkommen - Kongresswahl in den USA schwächen Bush und
schränken die Handlungsfähigkeit der USA in
Handelsfragen eher ein
16Weiterer Zeitplan für die Doha-Runde
- Auslaufen der US- Trade Promotion Authority
im Juli 2007 begrenzt zeitlichen Spielraum
Verlängerung fraglich - Als wahrscheinlichster Zeitpunkt neuer
Verhandlungen gilt 2009 - Vollmacht, mit der der Präsident ein Abkommen
aushandeln kann, das vom Kongress entweder ganz
abgelehnt oder angenommen werden muss
17Folgen für die europäische Landwirtschaft
- Für die Landwirtschaft wurde mit dem Aussetzen
zwar ein schlechtes Abkommen mit weiteren
Einkommens- und Arbeitsplatzverlusten für die
Bauern verhindert, allerdings ist das Scheitern
aus vier Gründen nachteilig - Verstärkte Streitschlichtungsverfahren zu
erwarten keine Friedenspflicht Damit
Unwägbarkeit der Agrarpolitik (Bsp.
Zuckermarktreform nach verlorenem
Streitschlichtungsverfahren) - Ausgewogenes Ergebnis zwischen den Sektoren bei
bilateralen Verhandlungen eher schwieriger zu
erreichen - Mit Aufnahme der Verhandlungen zu einem späteren
Zeitpunkt werden Anstrengungen und Vorleistungen
der EU immer weniger honoriert - Exportchancen der Agrarwirtschaft weiter gebremst
18Strukturen der Welt-Landwirtschaft
EU-15 USA CH AUS NZL
Anteil Ldw am BSP 2.1 1.4 1.6 3.3 7.2
Ldw Betriebe 1000 6,700 2,063 60 120 69
Betriebs- größe Ha 18.7 188 18 4,000 241
Anteil Agrarexport 7.5 10.5 3.2 22.2 58.8
Stützung pro Hektar /ha 552 107 2,800 18 6
Stützung pro JAE 14,659 15,383 27,000 3,620 724
19Wie kann Globalisierung für die
deutsche/europäische Landwirtschaft
funktionieren?
- Die Landwirte in Europa werden auch in Zukunft
einen angemessenen Außenschutz für Agrarprodukte
brauchen keine vollständige Liberalisierung - Europa muss über die hohen Produktionsstandards
und Qualität der Produkte beim Verbraucher um
Vertrauen werben (nur so lassen sich höhere
Preise und Subventionen rechtfertigen) - Verarbeitete Produkte, insbes. Spezialitäten,
haben grundsätzlich gute Chancen (dazu
Handelserleichterungen, Schutz geographischer
Angaben wichtig) - Unverarbeitete Rohprodukte aus Europäischer
Produktion ohne spezifische Merkmale werden es
auf den Weltmärkten schwer haben (gleiche
Wettbewerbsbedingungen sind utopisch) - Abzusehender Trend steigender Weltmarktpreise
macht handelspolitische Anpassungen (Abschaffung
Exportförderung) leichter - Anforderungen an Betriebsleiter steigen, um im
Preis- und Qualitätswettbewerb zu bestehen
20Globalisierung und Entwicklung
- Handelsliberalisierung ist kein Allheilmittel
gegen Armut, Hunger und Unterentwicklung - Denn
- Gründe für Armut sind sehr viel vielfältiger
- Bereits vorhandene Möglichkeiten zum Import in
Industrieländer werden garnicht ausgeschöpft! - Liberalisierung dient ohne entsprechende
Strukturen im Land vielmehr nur wenigen
Großbesitzern und Handelsunternehmen - Völlig liberalisierte Märkte haben sogar zu
steigernder Armut beigetragen (Kaffee, Teemarkt)
v.a. wenn Länder abhängig von wenigen Kulturen
sind (Cash Crops Exportkulturen) und die
Preise sinken - Ohne die Beachtung der Produktionsstandards droht
weiterer Raubbau an der Natur (Versalzung,
Erosion, Ausbreitung von Wüsten)
21(No Transcript)
22(No Transcript)
23Hunger in Katastrophengebieten
Hunger hotspots 2004
Quelle Prof. Dr. Hartwig de Haen, Grüne Woche
2006
24Die ärmsten Länder sind Netto-Agrarimporteure
mit steigender Tendenz
Agrarhandelsbilanz der Least Developed Countries
Netto Importe
Netto Exporte
Agrarimporte
Agrarexporte
25(No Transcript)
26Große Unterschiede zwischen den
EntwicklungsländernBeispiel Brasilien
- Landwirtschaft 40 des Gesamtexportes!
- Weltgrößter Produzent von Kaffee, Zucker,
Südfrüchte und Gemüse - Weltweit größter Rinderproduzent
- Bedeutender Anbieter von Sojabohnen, Mais,
Baumwolle, Kakao, - Tabak, Holz etc.
- Der Preis Jährliche Regenwaldvernichtung
beträgt ca. 2,0 Millionen - Hektar
- Der größte Teil des ehemaligen Waldes wird als
Rinderweide genutzt. -
27Brasilien erfolgreich auf den Weltfleischmärkten
Rind, Schwein, Geflügel Exporte
28- Zucker Produktionskostenvergleich
Data Source Institute for Agricultural Trade
Policy
29Folgen für die Entwicklungsländer
- Handelsliberalisierung kann zu mehr Wachstum und
Wohlstand beitragen, wenn die Strukturen im
eigenen Land dazu geschaffen werden. - Ärmere Entwicklungsländer werden durch starke
Agrarexporteure wie Brasilien verdrängt, wenn
Liberalisierung ungehemmt und undifferenziert
erfolgt - Umwelt- und Sozialstandards müssen mitbetrachtet
werden - eine nachhaltige und sozial gerechte
Landwirtschaft liegt im eigenen Interesse der
Entwicklungsländer Raubbau an der Natur
verschärft mittelfristig nur die Situation - Das Auslaufen der Exporterstattungen und das
Entwicklungspaket wären ein wichtiger Schritt für
die Entwicklungsländer, besonders die ärmsten EL,
gewesen. Aber ohne einen Gesamtabschluss ist auch
das Entwicklungspaket nicht in Kraft! - Verstärkte bilaterale Abkommen gehen eher zu
Lasten der kleineren, verhandlungsschwächeren
Länder - Damit ist das Aussetzen der Runde in erster
Linie für die EL nachteilig!
30Wie kann Globalisierung für die
Entwicklungsländer funktionieren?
- Bauern in armen Ländern faire Chancen am Markt
geben (weiterer Abbau handelsverzerrender
Stützung, Nahrungsmittelhilfe nur im akuten
Notfall) - Rund 70 der Zölle, die Entwicklungsländer
zahlen, werden an andere Entwicklungsländer
bezahlt! Damit kommt dem South-South-Trade und
der Stärkung eigener Wirtschaftsverbünde
besondere Bedeutung zu - Entwicklungshilfe u. Politik auf Landwirtschaft
und ländliche Gebiete konzentrieren (drei Viertel
aller Hungernden leben auf dem Land, i.d.R. als
Bauern) - Stärkung der Bauern, z.B. über den Aufbau von
Verbänden und Erzeugergenossenschaften
(Weltbauernverband IFAP) - Globale Probleme (Klimawandel, Tierseuchen)
treffen die EL besonders stark (Rückwirkung auf
entwickelte Länder!) deshalb besondere
Unterstützung nötig - Bodenreform, Infrastruktur, Wissenstransfer, Good
Governance
31Beispiel Gemeinsames Auftreten fürFaire statt
ungebremste Liberalisierung
- Erklärung der Bauernverbände aus 53
- entwickelten Ländern und Entwicklungsländern
- Gefordert werden
- echte Verbesserungsmöglichkeiten für
Entwicklungsländer mit weniger wettbewerbsfähigem
Agrarsektor - die Möglichkeit jedes Landes, eine nachhaltige
und den Bedürfnissen der Bevölkerung angepasste
Landwirtschaft zu erhalten