Title: Wirkstoffeigenschaften
1Wirkstoffeigenschaften
Was macht eine chemische Verbindung zum
pharmazeutischen Wirkstoff ?
Hohe Affinität zum target Hohe
Bindungskonstante (Wirkstoff sollte bereits in
micro bis nanomolarer Konzentration an das Enzym
binden)
Selektivität bezüglich des targets Der
Wirkstoff sollte bevorzugt (spezifisch) an das
gewollte Enzym und nicht an andere Enzyme binden.
Hohe Bioverfügbarkeit und niedrige
Toxizität Ausreichender Konzentration im Körper
mit hoher therapeutischer Bandbreite (Dosierung)
und möglichst wenig Nebenwirkungen.
2Informationsfluß in einer drug discovery pipeline
3Rational drug design
Nach welchen Prinzipien geht man vor ?
- Erhöhung der Affinität
- Erhöhung der Selektivität
- Erhöhung der Bioverfügbarkeit
- Verminderung der Toxizität und Nebenwirkungen
Spezifität
Ermöglicht niedrigere Dosierung
Oft nur durch Tiermodelle und klinische Studien
machbar
Was sind rationelle Strategien ?
- Systematische Veränderung der Leitstruktur
- High Throughput Screening
- Kombinatorische Synthese
- Bioisostere
Lit H.Gohlke G.Klebe, Angew.Chem. 114 (2002)
2764.
4Verbesserung der Spezifität (I)
Wie macht man ein Molekül affiner zu seinem
Rezeptor ?
Erhöhung der Bindungskonstante K K E-L /
E L 1/Ki 1/KD (Dissoziationskonstante) -R
T lnK DG DH - TDS
Die Bindungskonstante läßt sich aus dem
Massenwirkungsgesetz ableiten, und wird
experimentell mikrokalorimetrisch
bestimmt. Brauchbare Ki -Werte liegen im Bereich
zwischen 10-6 und 10-12 M also im micro bis pico
molaren Bereich. Das entspricht einer freien
Energie DG bei der Bindung an das target von -4
bis -17 kcal / mol
5Verbesserung der Spezifität (II)
Wie macht man ein Molekül affiner zu seinem
Rezeptor ?
Bindungsenergie DH muß günstiger werden Dazu
müßen die energetischen Wechselwirkungen zwischen
Ligand und Rezeptor besser werden
6Verbesserung der Spezifität (III)
Die energetischen Terme lassen sich wie in einem
Kraftfeld berechnen
Darauf beruhen die meisten Docking
ProgrammeWeitere Voraussetzung ist das
Vorliegen einer entsprechend hochaufgelösten
molekularen Struktur des targets.
7Enzym-Ligand Wechselwirkungen
Welche gibt es ? Wasserstoffbrücken Elektrostati
sche Wechselwirkungen Koordinative Bindung von
Metallzentren van der Waals WW
8Verbesserung der Spezifität (IV)
Die Ausbildung folgender intermolekularer
Wechselwirkungen führt zur Absenkung der Energie
(günstiger) im Bereich von Wasserstoffbrücken 1-7
kcal mol-1 (um 3 kcal mol-1) Elektrostatische
Wechselwirkungen (Salzbrücken) gt10 kcal
mol-1Viele Aminosäuren können ihren
Protonierungszustand ändern !(Welche sind dies
?) van der Waals WW max. 0.5 kcal mol-1 pro
Atompaar Vergraben von lipophilen Resten
(Benzolringe) ermöglich den Wassermolekülen
außen im Wasser nun die Bildung von mehr
H-Brücken. (Also auch entropisch günstiger)
9Verbesserung der Spezifität (V)
Es gibt aber auch Wechselwirkungen bei der
Enzym-Ligand Bindung die energetisch ungünstig
sind Vergraben von polaren Resten und geladenen
Seitenketten bis zu 7 kcal mol-1 Übergang von
einem Medium hoherDielektrizätskonstante
(physiologischesMedium 78) zu einer Umgebung
mitviel niedrigerer DK (Bindungstasche
2-20)Verdrängung von Wasser aus der
Bindungstasche Zunächst erfolgt der Bruch von
H-Brücken und Ausbildung einer leeren Kavität in
der Bindungstasche bevor der Ligand diese
ausfüllen kann.
10Verbesserung der Spezifität (VI)
Wie macht man ein Molekül affiner zu seinem
Rezeptor ?
Entropieverlust DS bei der Bindung an den
Rezeptor muß geringer werden Dazu muß die
Bindungstasche besser und vollständiger
ausgefüllt werden. Zugleich wird dadurch die
Selektivität bezüglich des targets erhöht.
11Verbesserung der Spezifität (VII)
Entropisch ungünstig sind folgende
Vorgänge Verlust aller translatorischen
Freiheitsgrade Verlust von rotatorischen
Freiheitsgraden etwa 1 kcal mol-1 pro drehbare
Bindung zwischen zwei Nicht-Wasserstoffatomen
12Verbesserung der Spezifität (VIII)
Die Erfahrung im rational drug design
zeigt Wasserstoffbrücken sind für die
Selektivität wichtig. Enthalpie Entropie
Kompensation Die Einführung einer OH-Gruppe im
Liganden um eine zusätzliche H-Brücke in der
Bindungstasche auszubilden wird zur Desolvatation
eines Wassermoleküles aus der Bindungstasche
führen, aber gleichzeitig wird dieses
Wassermolekül im umgebenden Wasser wieder
solvatisiert.
Damit wären die Möglichkeiten des ligand design
mittels docking ausgeschöpft.
13Bioverfügbarkeit ADME Vorhersage
Absorption Distribution Metabolism Elimination
Pharmacokinetic Bioavailability
14Warum ist die Voraussage der ADME Parameter so
wichtig ?
Gründe die zum Fehlschlag eines potentiellen
Wirkstoffs führen
15In silico ADME Filter
Mehr zu ADME Modellen in Vorlesung 7
16Welche chemisch-physikalischen Eigenschaften
müßen Wirkstoffe nun also aufweisen ?
Löslichkeit und Absorption Von einer schlecht
löslichen Verbindung geht nur wenig in den
Blutkreislauf.
C. Lipinskis rule of five Molmasse lt 500 logP lt
5 H-Brückendonoren (N-H, O-H) lt
5 H-Brückenakzeptoren (N, O) lt 10
Beeinflußen den Druchgang durch Membranen
Weniger als 8 rotierbare Bindungen Polare
Oberfäche lt 140 Å2
17Von der Leitstruktur zum Wirkstoff (I)
Therapeutic Target
Lead Discovery
Lead Optimization
drug design
Clinical Candidate
Commerical Drug
18Von der Leitstruktur zum Wirkstoff (II)
Im Verlauf der Optimierung von der einer
Leitstruktur zum klinischen Wirkstoff werden die
Moleküle zumeist größer und lipophiler (füllen
die Bindungstasche präziser aus). Deshalb sind
folgenden Eigenschaften von Leitstrukturähnlichen
Verbindungen wünschenswert Molekülgewicht lt
250 Niedrige Lipophilie (logPlt3) bei oraler
Dareichung Genügend Möglichkeiten für
Seitenketten Ausreichende Affinität und
Selektivität
Mehr zu Substanzbibliotheken in Vorlesung 4
19Wann ist ein Molekül drug-like ?
Typische Pharmaka weisen folgende Eigenschaften
auf Molekülgewicht lt 500 Lipophilie im Bereich
von 2 lt logP lt 5 Wenige H-Brückendonoren (lt
5) Wenige H-Brückenakzeptoren (lt 10) Mindestens
eine OH Gruppe (Ausnahme psychoaktive
Wirkstoffe)
Mehr zu drug/non-drug Erkennung in Vorlesung 12
20Von der Leitstruktur zum Wirkstoff (III)
Beispiel Inhibitoren des Angiotensin Converting
EnzymeAngiotensin I Angiotensin II
HL DRVYIHPFHL DRVYIHPF
ACE
Leitstruktur Phe-Ala-Pro Captopril (1977)
X-Ala-Pro
21Von der Leitstruktur zum Wirkstoff (IV)
Somatisches ACE (sACE) ist ein membranständiges
Protein(noch keine direkte Kristallstruktur) Dage
gen kommt germinales ACE (tACE) das eine hohe
Sequenzhomologie aufweist - löslich vor und
diente in modifizierter Form für die
Kristallisation. Dies eröffnete, neben den
bisherbekannten Inhibitoren, ein
struktur-basiertes Herangehen durch Kenntnisder
Ausprägung der Bindungstascheum das Zink-Ion.
Lit K.R.Acharya Nature Rev. Drug Discov. 2
(2003) 891.
22Von der Leitstruktur zum Wirkstoff (V)
Vorhandene Kristallstrukturen von tACE
Inhibitor (Patent im Jahr) 1UZF.pdb Captopril
(1977) 1O86.pdb Lisinopril (1980) 1UZE.pdb Enal
april (1980)
23Von der Leitstruktur zum Wirkstoff (VI)
Aktuelle klinische und präklinische ACE
InhibitorenTrandolapril (1980) Fosinopri
l (1982) MDL 10173 präklinisch
24Von der Leitstruktur zum Wirkstoff (VII)
Eine weitere Möglichkeit Strukturinformation zu
erhalten besteht durch Kristallisation homologer
Enzyme aus Modellorganismen und anschließendes
Homologiemodelling.Im Fall von human tACE (E.C.
3.4.15.1) gibt es das orthologe Protein bei
Drosophila melanogaster (ANCE) von dem ebenfalls
Kristallstrukturen vorliegen.Möglichkeiten zur
in vivo Überprüfung von Inhibitoren sind durch
entsprechende Tiermodelle mit dem orthologen
Enzym (Maus, Ratte) gegeben.Im Falle des
Bluthochdrucks ist das Rattenmodell besonders
etabliert.
Lit K.R.Acharya Nature Rev. Drug Discov. 2
(2003) 891.
252. Übungsaufgabe
Vergleichen Sie die Kristallstrukturen von tACE
mit den gebunden Inhibitoren Lisinopril
(1O86.pdb) und Captopril (1UZF.pdb). Welche
Residuen komplexieren das Zink Ion ? Wie
unterscheiden sich Captopril und Lisinopril
bezüglich der Zink-Bindung ? (polar, ionisch,...
Hinweis SH-Gruppe von Captopril ist nicht
deprotoniert) Sind die Wechselwirkungen der
Inhibitoren mit der Bindungstasche mehr polarer
(H-Brücken, usw.) oder hydrophober Natur ?
Listen Sie diese auf. Welche weiteren,
spezifischen Interaktionsmöglichkeiten für neue
Inhibitoren gibt es in der Bindungstasche noch
?Listen Sie 3 auf.
26Suche in Datenbanken
Problem Wie stellt man die Strukturinformation
von chemischen Verbindungen als alphanumerischen
String dar ?
Lösung 1 Gar nicht. Direkte Eingabe als
gezeichnete Struktur z.B. in CAS-online
(SciFinder) Datenbank. Zuordnung zu einer sog.
CAS-registry number Captopril 62571-86-2
Lösung 2 als sog. SMILES oder SMARTS SMILES
(Daylight Chemical Infomation Systems Inc.)
27SMILES und SMARTS
Simplified Molecular Input Line Entry
Specification
Darstellung von 2D-Molekülstrukturen
(Konfiguration) in 1D-Form als alphanumerischer
String
CC H3C-CH3
CC H2CCH2
CC HCCH
CCO H3C-CH2OH
Regeln 1) Atome werden durch ihren Elementnamen
dargestellt C B N O P S Cl Br I H organisches
Subset
Andere Fe Co
H kann in der Regel entfallen C CH4
SMILES tutorial http//www.daylight.com/ D.
Weininger J. Chem. Inf. Comput. Sci. 28 (1988) 31.
28SMILES (II)
2) Bindungen und Atome CC Einfachbindungen
können entfallen
CC Doppelbindung
CC Dreifachbindung
cc aromatische Bindung zwischen aromatischen
Cs
CC irgendeine Bindung
C_at_C irgendeine Bindung in beliebigem Ring
29SMILES (III)
3) Verzweigungen mittels Klammern
CCN(CC)CCC
CC(N)C(O)O
Typ Zuerst die längste Kette im Molekül finden
30SMILES (IV)
4) Cyclische Verbinungen Werden an einer Bindung
aufgeschnitten
Auch hier zuerst die längste Kette im Molekül
finden
c1
c1ccccc1
1
c1
1
CC1CC(Br)CCC1
31SMILES (V)
Polycyclische Verbinungen
2
1
c1cc2ccccc2cc1
An einem Atom können auch mehrere Ringschlüße
sein
c12c3c4c1c5c4c3c25
Zahlen größer als 9 werden mit angegeben c11
32SMILES (VI)
5) Nicht-kovalent gebundene Fragmente werden
durch . getrennt
Na.O-c1ccccc1
6) Isotope 13C 13C
13CH4 13CH4 Wasserstoffe angeben !
D2O 2HOH2
33SMILES (VII)
7) Konfiguration an Doppelbindungen
F/CC\F oben, oben
F/CC/F oben, unten
FCCF unspezifisch
34SMILES (VIII)
8) Chiralität
NC_at_ (C )(F)C(O)O _at_ Auflistung der
Subsituenten im Gegenuhrzeigersinn
_at__at_ Auflistung im Uhrzeigersinn
Hinweis Hat nichts mit der R/S Nomenklatur an
Stereozentren zu tun.
35SMILES (IX)
9) Implizite Wasserstoffatome
H H Proton
H2 HH
COHOH2 überbrückend
36SMARTS (I)
Beschreibung von möglichen Substrukturen
SMARTS sind ein Superset der SMILES mit
molekularen Mustern.Ein solches Muster ist in
zusammengefaßt
Beispiel F,Cl,Br,I F oder Cl oder Br oder I
als Atom
1) Atome c aromatischer Kohlenstoff
a aromatisches Atom (C, N, O, S,...)
A aliphatisches Atom
irgendein Atom
Rn Atom in einem n-gliedrigen Ring
Fe Eisenatom beliebiger Ladung
X3 Atom mit drei Bindungen
37SMARTS (II)
2) Logische Operatoren A,B A oder B
AB A und B (hoher Vorrang)
AB A und B (geringe Priorität)
!A nicht A
Beispiele F,Cl,Br,I F oder Cl oder Br oder I
!CR kein aliphatisches C und im Ring (c, N,
O,...)
CH2 aliphatisches C mit 2 Hs (Methylgruppe)
c,nH1 aromatisches C oder aromatischer NH
c,nH1 aromatisches C oder N, und genau
ein H
38SMARTS (III)
3) Konfiguration von Substituenten.
Beispiele CaaO C ortho zu O
CaaaN C meta zu N
Caa(O)aN
Ca(aO)aaN
Die Umgebung eines Atoms wird folgendermaßen
spezifiziert C(aaO)(aaaN)
39SMARTS (IV)
Typische Beispiele für Datenbanksuchen
s,o1cccc1 Thiophene und Furane
CX4NH2 primäres aliphatisches Amin
C1OC1 Epoxide
C(O)OH,O-,O-. Carbonsäure, Carboxylat,
oder mit Kation
C(O)NH1 Peptidbindung
OH Säuren und Enole
F.F.F.F.F insgesamt 5 Fluoratome im Molekül
Weitere Beispiele E.J. Martin J. Comb. Chem. 1
(1999) 32. Konvertierung von Molekülformaten mit
Open Babelhttp//openbabel.sourceforge.net