Title: Das PANDAS-Syndrom
1Das PANDAS-Syndrom
- A. Peters, M. Noeker, C. Poralla, M. Born, M.
Lentze, I. Franke - Zentrum für Kinderheilkunde, Universitätsklinikum
Bonn, - Adenauerallee 119, 53113 Bonn
2Das PANDAS-Syndrom
- Pediatric Autoimmune Neuropsychiatric Disorders
associated with Streptococcal infection - Beschreibt die Assoziation zwischen
Neuauftreten/Exazerbation einer Tic-Störung
und/oder Zwangserkrankungen und vorrausgegangener
Infektion mit ß-hämolysierenden Streptokokken der
Gruppe A (GABHS) im Kindesalter. - Für die Diagnose des PANDAS-Syndrom werden 5
Kriterien benötig (1) - Manifestation nach dem 3. Lebensjahr aber vor der
Pubertät - Vorhandensein von Zwangssymptomen und/oder Tics
- plötzlicher Beginn und/oder episodischer Verlauf
- zeitlicher Zusammenhang zwischen GABHS-Infektion
und Symptomverschlechterung - choreiforme Bewegungen während der
Symptomverschlechterung.
A. Peters, M. Noeker, C. Poralla, M. Born, M.
Lentze, I. Franke, Zentrum für Kinderheilkunde,
Universitätsklinikum Bonn
3Unser Patient
Wir berichten über einen 11-jährigen Jungen, der
sich mit akut aufgetretenen choreiformen
Bewegungen vorstellte. Im Alter von 9 Jahren litt
er an rezidivierenden Infektionen mit GABHS, was
zur Tonsillektomie führte. Zu dieser Zeit begann
bei dem Patienten eine Tic-Störung mit fazialen
und oralen Tics. Während des aktuellen klinischen
Aufenthaltes zeigte sich ein buntes Muster
paroxysmaler Attacken mit Tics, choreiformen
Bewegungen, plötzlichem Gefühl von Atemnot sowie
astatischen Anfällen.
Abb. 1 Streptokokken-Angina
A. Peters, M. Noeker, C. Poralla, M. Born, M.
Lentze, I. Franke, Zentrum für Kinderheilkunde,
Universitätsklinikum Bonn
4Diagnostik und Therapie
In einer simultanen Doppelbild-Aufzeichnung
(Video/EEG) konnten mehrere Anfälle bei
unauffälligem EEG aufgezeichnet werden. Im Labor
fand sich ein persistierend erhöhter
Antistreptolysintiter von 555 IU/ml (Norm 0-370),
sowie erhöhte Titer für Antistreptodornase B von
293 IE/ml (Norm lt80) und Antistreptokinase von
110240 IE/ml (Norm 1 lt640). Bei dem Patienten
lagen somit alle diagnostischen Kriterien für ein
PANDAS-Syndrom vor. Sicherlich waren auch
psychogene Ursachen für einen Teil der Symptome
mitverantwortlich. Jedoch bestanden die
choreiformen Bewegungen sowie die Tics auch unter
Injektion eines Placebos sowie bei Ablenkung und
in unbeobachteten Situationen weiter. Zudem
wird eine Komorbidität mit anderen psychatrischen
Symptomen als Charakteristik des PANDAS-Syndroms
beschrieben. Wir begannen, bei bestehender
Penicillinallergie, mit einer Therapie mit
Erythromycin oral. Da es darunter zu keiner
Besserung kam, wurde die Therapie auf Tiaprid
umgestellt.
5Diskussion
Die genaue Pathophysiologie des PANDAS-Syndroms
ist bislang unklar, vermutlich handelt es sich um
eine antikörper-vermittelte neurologische
Erkrankung. Es wurden kreuzreaktive Antikörper in
Patientenserum gefunden (1, 2), zudem gibt es
Nachweise struktureller Veränderungen im MRT, die
den Entzündungsprozess wiederspiegeln (3), sowie
in-vitro-Modelle, die einen direkten
pathogenetischen Effekt der antineuronalen
Antikörper nahe legen (4). Die neuronalen AAK
(anti-HU, anti-Ma) waren bei unserem Patienten
negativ.
Abb. 2 Streptococcus pyogenes
- (1) Kirvan, CA, Swedo, SE, Snider, LA
Cunningham, MW Antibody-mediated neuronal cell
signaling in behavior and movement disorders. J
Neuroimmunol, 179 173-9, 2006. - (2) Pavone, P, Bianchini, R, Parano, E,
Incorpora, G, Rizzo, R, Mazzone, L Trifiletti,
RR Anti-brain antibodies in PANDAS versus
uncomplicated streptococcal infection. Pediatr
Neurol, 30 107-10, 2004. - (3) Giedd, JN, Rapoport, JL, Garvey, MA,
Perlmutter, S Swedo, SE MRI assessment of
children with obsessive-compulsive disorder or
tics associated with streptococcal infection. Am
J Psychiatry, 157 281-3, 2000. - (4) Kirvan, CA, Swedo, SE, Heuser, JS
Cunningham, MW Mimicry and autoantibody-mediated
neuronal cell signaling in Sydenham chorea. Nat
Med, 9 914-20, 2003.
A. Peters, M. Noeker, C. Poralla, M. Born, M.
Lentze, I. Franke, Zentrum für Kinderheilkunde,
Universitätsklinikum Bonn
6Diskussion
- Therapeutisch gibt es Hinweise, dass eine
Antibiotikatherapie die akuten Symptome bessert
sowie als prophylaktische Gabe die Anzahl der
klinischen Exazerbationen senkt (1, 2).
Diesbezüglich gibt es jedoch widersprüchliche
Untersuchungen (3), so dass ein Nichtansprechen
auf die antibiotische Therapie das Vorliegen
eines PANDAS Syndroms nicht ausschließt. - Immunmodulatorische Therapien wie Immunglobuline
iv oder Plasmaaustausch zeigten
vielversprechende, zum Teil aber auch
widersprüchliche Ergebnisse in Studien (4, 5), so
dass Therapieversuche nur in Rahmen von
klinischen Studien unternommen werden sollten. - Die Prognose wird in Einzelfallberichten als
äußerst gut beschrieben, meist enden die Symptome
mit Einsetzen der Pubertät.
- (1) Snider, LA, Lougee, L, Slattery, M, Grant, P
Swedo, SE Antibiotic prophylaxis with
azithromycin or penicillin for childhood-onset
neuropsychiatric disorders. Biol Psychiatry, 57
788-92, 2005. - (2) Budman, C, Coffey, B, Dure, L, Gilbert, D,
Juncos, J, Kaplan, E, King, R, Kurlan, R, Lowe,
T, Mack, K, Mink, J, Schlaggar, B Singer, H
Regarding "antibiotic prophylaxis with
azithromycin or penicillin for childhood-onset
neuropsychiatric disorders". Biol Psychiatry, 58
917 author reply 918-9, 2005. - (3) Garvey, MA, Perlmutter, SJ, Allen, AJ,
Hamburger, S, Lougee, L, Leonard, HL, Witowski,
ME, Dubbert, B Swedo, SE A pilot study of
penicillin prophylaxis for neuropsychiatric
exacerbations triggered by streptococcal
infections. Biol Psychiatry, 45 1564-71, 1999. - (4) Hoekstra, PJ, Minderaa, RB Kallenberg, CG
Lack of effect of intravenous immunoglobulins on
tics a double-blind placebo-controlled study. J
Clin Psychiatry, 65 537-42, 2004. - (5) Perlmutter, SJ, Leitman, SF, Garvey, MA,
Hamburger, S, Feldman, E, Leonard, HL Swedo,
SE Therapeutic plasma exchange and intravenous
immunoglobulin for obsessive-compulsive disorder
and tic disorders in childhood. Lancet, 354
1153-8, 1999.
A. Peters, M. Noeker, C. Poralla, M. Born, M.
Lentze, I. Franke, Zentrum für Kinderheilkunde,
Universitätsklinikum Bonn