Title: Radiologische Diagnostik bei Lumbago und Ischialgie
1Radiologische Diagnostik bei Lumbago und
Ischialgie
August 2002
2Einteilung des Krankheitsbildes Rückenschmerz
Bei sogenanntem akutem Rückenschmerz
- Mögliche schwerwiegende spinale Erkrankung
Hinweise auf Tumor, Infektion, Fraktur,
Cauda-Equina-Kompressions-Syndrom aus Anamnese
oder klinischer Untersuchung (Red Flags
vorhanden) - Ischialgie Beschwerden der unteren Extremitäten,
die auf den Rücken zurückzuführen sind und auf
eine Nervenwurzelirritation hindeuten. - Nichtspezifische Rückenbeschwerden vor allem im
Rückenbereich lokalisierte Symptome, die weder
auf eine Nervenwurzelschädigung noch auf eine
zugrundeliegende ernste Erkrankung schließen
lassen (keine Red Flags).
Bigos S, Bowyer O, Braen G, et al. Acute Low Back
Problems in Adults, Clinical Practice Guideline
Nr. 14, AHCPR Publication, Public Health
Service, US Departement of Health and Human
Services
3Klinische Einteilung verschiedener Schmerzformen
- Oberflächlich-somatischer Schmerz z.B. bei
Herpes zoster - Tiefer somatischer Schmerz (spondylogen)
Schmerzquellen sind die knöcherne Wirbelsäule,
die spinalen Bänder und Muskeln inklusive
Sehnenansätze. - Radikulärer Schmerz Irritation mot. / sens.
Nervenwurzeln und Schmerzprojektion in
entsprechendes Dermatom bzw. Parese in entspr.
MyotomMECHANISMEN DER IRRITATION mechanisch,
inflammatorisch, perfusorischhäufiger Auslöser
Läsionen lumbaler Bandscheiben. - Viszeraler Schmerz
- Neurogener Schmerz
4Anatomie von Wirbelsäule und Wirbelkanal
- Neuroforamina-Begrenzungen superior/inferior
Pedikel anterior Bandscheibe,
Wirbelkörper posterior Lig. Flavum,
Facettengelenk(kapsel) - Neuroforamina sind oval, kranikaudaler
Durchmesser ist größer, wobei das L1/L2-Foramen
den größten und das L5/S1-Foramen den kleinsten
(!!!) Durchmesser hat - Im Lendenwirbelbereich liegen Nervenwurzeln in
kranialen Teil des Foramens - Am lateralen Ausgang des Neuroforamens sind die
Nervenwurzeln noch nicht zumSpinalnerv
vereinigt, die dorsale (sensorische) Nervenwurzel
hat den doppelten Durchmesser der anterioren
(motorischen) Wurzel. - Zusammen mit den Hüllen (Dura, Arachnoidea)
belegen die Nervenwurzeln 35-45 des
Neuroforamens, wobei die L5-Wurzel den größten
Durchmesser hat. - Wirbelkanal im transversalen Schnitt hat
dreieckige Form mit anteriorer Basis,Die
lateralen Winkel dieses Dreiecks sind auf der
Höhe L4 und L5 am kleinsten
5Anatomie von Wirbelsäule und Wirbelkanal II
- Arterielle Blutversorgung entspringt mit 4
Lumbalarterienpaaren (LWK1-4) direkt aus der
Aorta, ein fünftes Paar kann auf Höhe LWK5 aus
der Sacralarterie entspringen. - Die großkalibrigen sensorischen Nervenfasern sind
deutlich stoffwechselaktiver, daher anfälliger
für evtl. Perfunsionsdefizite. - Venöses System ist genau spiegelbildlich zum
arteriellen. Venen sind klappenlos und drainieren
inneres und äußeres System in V. Cava
inferior.Durch fehlende Klappen entsteht eine
dauernde änderung der Flußrichtung je nach
intraabdominellem Druck - Batson hat 1940 retrograden Fluß von unteren
Beckenorganen zur lumosakralen Wirbelsäule
beschrieben und hielt das für einen potentiellen
Weg der Metastasierung bei Tumoren des kleinen
Beckens (z.B. Prostata) - Während des Erwachsenenalters gibt es keine
aktive Blutversorgung der Bandscheibe. Bis zum
achten Lebensjahr existieren allerdings feine
Blutgefäße, die im Laufe der darauffolgenden
Jahre obliterieren.
6Zugrundeliegende Erkrankungen
Kindesalter
7Zugrundeliegende Erkrankungen
Jugendalter
8Zugrundeliegende Erkrankungen
Erwachsenenalter Lumbalgie
9Red Flags für potentiell schwerwiegende
Erkrankungen
10Bildgebung - Allgemeine Überlegungen
- Bei ungefähr 80 aller Episoden von
Rückenschmerzen ist trotz extensiven Einsatzes
aller diagnostischen Mittel kein definitves
pathoanatomisch/-physiologisches Korrelat
auszumachen und damit eine definitive Diagnose
unmöglich. (Nachemson 1998, Deyo 1990) - Im Alter um 50 Jahre zeigen etwa 95 der
Erwachsenen bei Autopsie degenerative
Wirbelsäulenveränderungen wie Zwischenwirbelraumve
rminderung, Kalzifikation der Bandscheibe oder
Randsklerose (Hult, 1954) - Konvent. Röntgenaufnahmen von Patienten um 50
Jahre zeigen in 87 sog. Degenerative
Veränderungen ein Vergleich der Röntgenbilder
258 symptomat. und 66 asymptomat. Patienten zeigt
keinen signifikanten Prävalenzunterschied im
Hinblick auf Spondylosis und Bandscheibendegenerat
ion (Witt, 1984) - etwa 90 der Patienten mit akut aufgetretenem
Rückenschmerz erlangen ohne Behandlung (außer
Symptom Control) innerhalb von 8 Wochen
Schmerzfreiheit
11Konventionelles Röntgen der Lendenwirbelsäule
- Standardeinstellung -WS a.p. und seitlich
- Zusätzlich -Schrägaufnahmen (wegen geringer
Zusatzinformation und Verdoppelung der
Strahlendosis nicht routinemäßig empfohlen) - Indiziert zum Ausschluß von Frakturen bei
bestimmten Patienten - Pro einfach zu erstellen, ubiquitär verfügbar,
kostengünstig - Contra keine Darstellung von Strukturen
innerhalb des Spinalkanals, von
WS-Bändern Nicht sicher sensitiv genug, um
Knochenläsionen aufzuspüren, die weniger als
50 der Markanteile der Wirbel destruieren.
(Ardan 1951) Bei vorhandenen Red Flags muß
bei negativem konventionellem Befund doch eine
CT oder MR durchgeführt werden. Befunde
korrelieren sehr schlecht mit Rückenschmerzsymptom
en
12Szintigraphie
- Indiziert wenn Anamnese, klin. Untersuchung oder
Labor Hinweise auf einen Tumor, Infektion oder
okkulte Fraktur geben (Red Flags) - Pro gute Sensitivität in der Entdeckung von
Unregelmäßigkeiten im Knochenstoffwechsel - Contra Unzureichende Differenzierbarkeit der
Prozesse, die zur metabolischen Veränderung
führenrelativ aufwändig und teuer
13Schnittbildverfahren (CT / MR)
- Prompte Durchführung bei Verdacht auf
Cauda-Equina-Syndrom oder progressivem schweren
Kraftverlust - Indiziert wenn Anamnese, klin. Untersuchung oder
Labor starke Hinweise auf einen Tumor, Infektion
oder okkulte Fraktur geben (Red Flags) - nicht indiziert in den ersten 4 Wochen einer
Rückenschmerzepisode ohne Vorhandenseinvon Red
Flags, danach evtl. indiziert, wenn chirurgische
Intervention erwogen wird. - Einhaltung von bestimmten Qualitätskriterien 1.
Maximale Schichtdicke von 5mm, 2. MRT mit
mindestens 1T, 3. Technische Protokolle im
Arztbrief beschrieben - Pro gute Darstellung von Strukturen im
Spinalkanal und des die Wirbelsäule umgebende
Weichteilgewebe - Contra relativ aufwändig und teuer
14Computertomographie
- Pro höherer Knochen-Weichteilkontrast als MR,
dadurch bessere Beurteilbarkeit der
Knochenstruktur (spondylotische Randzacken,
Facettengelenkshypertrophie) bessere
Darstellung der hinteren Wirbelkörperkante als im
MR Bessere Abgrenzbarkeit zwischen Osteophyt
und Bandscheibenvorfall - Contra schlechter Kontrast innerhalb der
Weichteile, d.h. im Vergleich zum MR deutlich
schlechtere Darstellung von BS-Gewebe, Ligg.
Flava, Venenplexus, Ödemen. Sequestrierte
Bandscheibenextrusionen nur schwer Nachweisbar,
da oft in den Schnitten durch die
Zwischenwirbelräume nicht erfasst. Aufwändig
und teuer vergleichsweise hohe
Strahlenbelastung
15Magnetresonanztomographie
- Pro sehr guter Weichteilkontrast, gute
Darstellung der Strukturen im Spinalkanal hervor
ragendes Verfahren zur Bildgebung der
Bandscheibe genaue Differenzierung zwischen
Anulus fibrosus und Nucleus pulposus hohe
Sensitivität im Hinblick auf abnorme
Strukturen mit Gadolinium-DTPA
Differenzierung alter von frischen
Frakturen Diff. Revorfall von
Narbengewebe bei vor- operierten
Patienten Darstellung instraspinaler
Tumoren keine Strahlenbelastung - Contra schlechte Spezifität (z.B. Boden et al.
1990 22 der asymptomatischen Untersuchten
unter 60 Jahren und 57 der über 60jährigen
Untersuchten zeigten signifikant abnorme
MR-Scans, bis zu 98 der über 60jährigen zeigten
klare Zeichen der Bandscheibendegeneration in
der T2-Wichtung.) aufwändig und sehr
teuer
16(No Transcript)