Title: Zusammenr
1Zusammenrücken im Kinderschutz
- Argumente für eine enge Verknüpfung der Arbeit
gegen alle Formen der Kindeswohlgefährdung - Vortrag zur Gründungsveranstaltung der DGfPI
- Prof. Dr. Barbara Kavemann
- Katholische Hochschule für Sozialwesen Berlin
2Was können wir über die Entwicklung sagen, an der
unsere Organisationen maßgeblich mitgewirkt haben?
3Sexualisierte Gewalt in Kindheit und Jugend
- Entdramatisierung der Diskussion
- Akzeptanz der Bedeutung der Problematik
- Anerkennen des traumatisierenden Potentials
- ?
- Verankerung der Thematik sexualisierte Gewalt im
System des Kinderschutzes
4Kindesmisshandlung und Vernachlässigung
- Die klassischen Formen der Gewalt gegen Kinder
werden mehr im Kontext gesehen - Starke Überschneidungen in Fällen sexualisierter
Gewalt - Starke Überschneidungen in Fällen von Gewalt
zwischen den Eltern - Zusammenhänge müssen stärker berücksichtigt
werden - Beispiel Vernachlässigung und Misshandlung mit
tödlichem Ausgang - Körperstrafen gegen Kinder gehen zurück
5Sexualisierte Gewalt gegen Mädchen und Jungen
Akzeptanz und Ambivalenz
- Verbesserung der Zugangsmöglichkeiten für
Betroffene ? Risiken für Spezialangebote - Kontinuierliche Verschiebungen und Verdrängungen
? Risiken für das Thema - Erhalt der Angebote trotz Einschnitten im
sozialen Bereich ? Fehlende Absicherung - Ausbau von Prävention, Ausbau von Täterarbeit ?
Fehlende Ressourcen
6Gewalt in der Beziehung der ElternMehr
Anerkennung als Kindeswohlgefährdung
- Töchter und Söhne erleben diese Gewalt
unmittelbar - Sie hat traumatisierendes Potential
- Es gibt wachsendes Interesse, aber noch zu wenig
Verankerung und kaum Spezialangebote - Das Thema wird von der Täterarbeit ausgegriffen
7Welche Ergebnisse gibt es?
8Erzielte Ergebnisse 1
- Fest verankerte, eher dauerhafte Ergebnisse auf
normativer Ebene - Verbot der Gewalt in der Erziehung
- Gewaltschutzgesetz,
- Kinderrechteverbesserungsgesetz
- Opferschutzmaßnahmen
- Ergebnisse mittlerer Festigkeit auf struktureller
Ebene - Einrichtung neuer Angebote an Intervention und
Prävention - Netzwerk Kinderschutz
- Aus- und Weiterbildung
- Weiche Ergebnisse auf individueller Ebene
9Erzielte Ergebnisse 2
- Hohe Professionalisierung und Kompetenzentwicklung
(nicht nur) in den Spezialeinrichtungen - Gute Vernetzungsstrukturen, etablierte
Kooperationswege - Guter persönlicher Kontakt und gegenseitige
Akzeptanz unter den Berufsgruppen und
Institutionen
10Neuer Ausgangspunkt für weitere Entwicklung 4
Formen der Gewalt
- Kindesmisshandlung
- Vernachlässigung
- Sexualisierte Gewalt
- Miterleben häuslicher Gewalt
- ? Zusammenhänge müssen in den Blick genommen
werden!
11Verschiedene Formen der Gewalt gegen Kinder
treten gleichzeitig auf
- Kinder, die Opfer sexuellen Missbrauchs waren,
erlebten etwa doppelt so oft Gewalt zwischen den
Eltern. - Die Mehrheit der Kinder, die sexuell missbraucht
wurden, erlitt gleichzeitig besonders intensive
körperliche Gewalt durch die Eltern. - Wenn Eltern körperliche Gewalt gegen Kinder
ausüben, wächst deren Risiko, auch sexuell
missbraucht zu werden. -
- (Pfeiffer/Wetzels 1997)
-
12Sexualisierte Gewalt in der Kindheit ist ein
Risikoindikator für späteres Gewalterleiden
- Frauen, die vor dem 16. Lebensjahr sexuell
missbraucht worden waren, .. - wurden danach viermal häufiger Opfer von
sexualisierter Gewalt (41 im Vergleich zu 10). - wurden mehr als doppelt so oft Opfer der Gewalt
durch Beziehungspartner. - erlebten deutlich häufiger Mehrfachviktimisierung
(66 im Vergleich zu 34), vor allem dann, wenn
die Täter Familienangehörige waren (78). - (Schröttle/Müller 2004)
13Gewalt gegen Mütter und die Folgen für die Kinder
- Gewalt des Partners gegen die Mutter während der
ersten 6 Lebensmonate des Kindes verdreifacht das
Risiko von Kindesmisshandlung und verdoppelt das
Risiko von psychischer Gewalt und
Vernachlässigung. (McGuigan Pratt 2001) - Frauen, die Gewalt gegen die Mutter miterlebt
hatten, erleben später doppelt so oft Gewalt in
Beziehungen. - (Schröttle/Müller 2004)
- Jugendliche, die Gewalt zwischen den Eltern
miterlebt haben, wurden sehr viel öfter selbst
gewalttätig bzw. delinquent. - (Enzmann/Wetzels 2001)
-
14Die Frage der Verständigung
- Misshandlung und Vernachlässigung
- ist das alles?
- adverse childhood experiences umfasst alle
Gewaltformen in einen Begriff, auch diejenigen,
die nicht immer als Gewalt gelten. - ?
- Reicht der Begriff Kindeswohlgefährdung?
- - es geht nicht nur um Gefährdung, sondern um
erlebte Gewalt.
15Verbindendes
- Jede Form der Gewalt kann...
-
- traumatische Folgen haben
- Mädchen und Jungen treffen
- von Frauen und Männern ausgeübt werden
- Kleinkinder und Säuglinge besonders gefährden
- Schulerfolg und Lebensglück beeinträchtigen
16Trennendes
- Ist ein getrennter Zugang im Sinne von
Spezialisierung erforderlich? - Ja, spezialisierte Kompetenzen werden in der
Vernetzung benötigt. - Ja, für jedes Gewaltphänomen muss es erkennbare
Anlaufstellen geben. - Ja, es braucht spezifische und unspezifische
Unterstützungsmaßnahmen und Prävention. - Ja, es braucht spezifische und unspezifische
Öffentlichkeitsarbeit.
17Zusammenkommen bedeutet Zusammenarbeiten
- Vernetzungskompetenzen
- erwerben
- pflegen
- propagieren
- Interkulturelle Kompetenzen
- erwerben
- pflegen
- propagieren
- Abbau von Konkurrenzen
- themenbezogen
- zielgruppenbezogen
18Unterstützung muss bedarfsgerecht seinDazu
braucht es Kooperation
19Barrieren bei der Hilfesuche der Kinder und
Jugendlichen (Seith 2006)
- Kinder und Jugendliche sind in Sorge, dass
schlecht über die Familie gedacht wird, wenn sie
nach außen gehen und Hilfe suchen. - Die wichtigsten Ansprechpartner sind
Familienangehörige, vor allem Geschwister,
Gleichaltrige und Großeltern. - Lehrkräfte werden meist nicht als Ansprechpartner
gesehen. - Das Unterstützungssystem ist nicht bekannt.
- Für Kinder aus zugewanderten Familien bestehen
spezifische Loyalitätskonflikte.
20Erwartungen von Kindern an das Hilfesystem
Unterstützung
- Respekt und Mitgefühl statt Mitleid
- Kindern und Jugendlichen geht es...
- um eine Unterstützung, die sie als handlungs- und
entscheidungsfähige Subjekte wahrnimmt. - Bedarfsgerechte Unterstützung
- ? Kooperation aller Beteiligten.
- ? Um zu erfahren, was bedarfsgerecht ist,
- müssen Kinder gefragt werden
21Was schätzen Kinder an der Gruppenarbeit nach
Gewalterleben?
- Warum kommst du in die Gruppe?
-
- Erstens wegen meiner Mutter, weil sie sagt, das
hilft. Und dann, weil es mir Spaß macht.
(Sandra, 8 Jahre) - Weil es mir dort gefällt, ich komme, weil meine
Eltern getrennt sind, das fällt mir halt immer
schwer, weil in der alten Schule habe ich mich
halt nicht aufs Lernen konzentriert, deswegen bin
ich jetzt hier, aber jetzt konzentriere ich mich
besser. (Anna, 10 Jahre)
22Die Mischung machts
- Da machen wir bestimmte Themen, manchmal ist
es ein Bild malen, manchmal liest sie ne
Geschichte vor. Danach gibts Imbiss und dann
sprechen wir über die Themen und dann machen wir
noch ein paar Spiele. (Jasmin, 9 Jahre)
23Was schätzen Kinder an der Präventionsarbeit?
- Verlässliche Information
- Spielerische, entlastende Anteile und fordernde
schwerere Anteile - Eigene Beteiligung am Entwickeln von Strategien
- Lösungsorientierte Elemente und konkrete
Vorschläge für Hilfesuche - Er hat klar und deutlich mit uns geredet.
- (8-Jähriger)
24Die Mischung machts
- Es war einfach supermegahammer.
- suuuuuper!!!!!!!!
- einfach superduper
- megacool
25Erwartungen von Kindern an das Recht
Gerechtigkeit
- Kindern und Jugendlichen geht es weniger darum,
dass Recht gesprochen wird, als um subjektiv
empfundene Gerechtigkeit - Interessant ist das österreichische Beispiel
eines Rechtsanspruchs auf sozialpädagogische
Prozessbegleitung in Fällen von Gewalt
26Recht und Gerechtigkeit
- Das Rechtsdenken kennt das Opfer so gut wie
nicht, - das Gerechtigkeitsempfinden lebt von der
emotionellen Näher mit dem Opfer. - (Jan Phillip Reemtsma)
27Erwartungen von Kindern an die Öffentlichkeit
Respekt
- Kindern und Jugendlichen geht es...
-
- weniger um eine abstrakte Würde, als um konkret
erlebten respektvollen Umgang - Opferinteressen sind in sich widersprüchlich.
28Kindheit und Opferrolle
- Stereotype
- Zuschreibungen
- Konsequenz
- Viele Kinder und Jugendliche entsprechen nicht
den gesellschaftlichen Erwartungen
29Das Dilemma der Opfer
- Es besteht darin, dass von Gewalt Betroffene
einerseits wollen und brauchen, dass ihr
Opferstatus anerkannt wird, andererseits wollen
sie nicht auf den Opferstatus festgelegt werden.
- (Jan Phillip Reemtsma)
30Räume gegen Stigmatisierung und Ausgrenzung
- Eine Gegenöffentlichkeit bietet geschützte
Räume für die Veröffentlichung der Gewalt - Damit es einem besser geht, nicht dass man
alles für sich behaltet und immer so klein
wird, weil man dann manchmal keine Freunde hat,
wenn man das sagt - (9-Jähriger)
31Erwartungen von Kindern an die Politik
Solidarität
- niedrigschwellige Unterstützung
- kindspezifische, altersspezifische,
kultursensible und geschlechtsspezifische
Angebote - ernst genommen werden
32Unglück oder Unrecht?
- Perspektivenwechsel
- Vom Bedürfnis nach Schutz und Unterstützung zum
Recht auf Schutz und Unterstützung. - Die Strafbarkeit der Tat drückt die Solidarität
der Gesellschaft mit dem Opfer aus. - Professionelle Unterstützung und Begleitung sind
ebenfalls Ausdruck gesellschaftlicher
Solidarität. - Beide Strategien stehen sich nicht entgegen!
33Alle Kinder und Jugendlichen brauchen......
- angemessene Information, bedarfsgerechte
Unterstützung und erfahrene, kompetente
Unterstützer/innen, - Erwachsene in Polizei, Justiz, und Sozialer
Arbeit, die im Sinne des Kindeswohls kooperieren, - Richter/innen, Sozialarbeiter/innen,
Psycholog/innen, die bereit sind, Mädchen und
Jungen gegenüber Verantwortung für ihre
Entscheidungen zu übernehmen, - einen respektvolles Verhalten aller Beteiligten,
das ihre Unterstützungsbedürftigkeit realistisch
sieht, ohne sie in eine Opferrolle zu pressen, - Familie, soziales Umfeld und Öffentlichkeit, die
sie nicht stigmatisieren, sondern respektvoll
bzw. liebevoll annehmen.
34Nicht nur sondern auch .
- nicht nur....
- Vermittlung institutionenbezogener Kenntnisse an
die Mädchen und Jungen -
- sondern auch....
- Vermittlung kindbezogener Kenntnisse an die für
Schutz, Unterstützung und rechtliche
Entscheidungen Verantwortlichen in Sozialer
Arbeit, Pädagogik, Medizin, Exekutive, Justiz
35Nicht nur sondern auch .
- nicht nur....
- Verantwortungsvolle, kompetente, schützende
Intervention -
- sondern auch....
- stärkende, informierende, Türen öffnende
Prävention
36Herzlichen Glückwunsch zum Zusammenschluss in der
DGfPI...
...und viel Kraft und Erfolg weiterhin!