Title: Aktuelles aus der Kleinkindforschung
1Aktuelles aus der Kleinkindforschung
- Zunehmend stärkere interdisziplinäre
Orientierung EPS, PPS, SP, FP, SO, EG, NP - Kindheit im Wandel, z. B. Familienformen, Armut,
Außerfamiliale Erziehung, Migration, Bindung - Neue Forschungsschwerpunkte Evaluationsstudien,
Bildungsqualität, Bindung und Bildung,
Neuropädagogik
2Neues aus der Kleinkindforschung Auf den Anfang
kommt es an
- Was bringt die Entwicklung überhaupt voran? Vier
miteinander verbundene Ursachen lassen sich
mittlerweile voneinander abgrenzen! - Fakt ist Kinder sind von Natur aus neugierig.
Belege dafür? - Fakt ist In jedem Kind schlummern ihm eigene
Begabungen und Talente. Belege dafür? - Diese müssen erspürt und zum richtigen Zeitpunkt
angemessen gefördert werden. Wie bewerkstelligt
man das? - Es gilt Eine sichere BINDUNG fördert ihre
Explorativität und ist damit fundamental für
BILDUNG!
3Ergebnisse der Pränatalen Forschung
- - Methodische Fortschritte Weiche Bildgebende
Verfahren (FUS, CT, MRT, PET, teilweise
Telemetrie - - Bereits gegen Ende der 6. SSW schlägt das Herz
(z. B. nach einem Spontanabort) bis zu 5 Stunden
außerhalb des Uterus weiter - - Schon gegen Ende der 8. SSW nehmen folgende
Sinne ihre Arbeit auf Gleichgewichtsinn
(Lageveränderung im Raum), Eigenwahrnehmung
(Propriozeption), Tastsinn, Geschmackssinn und
das Gehör
4Permanente Wechselwirkungen
- Das In-Funktion-Treten der Sinne führt zu
neuronalen Differenzierungen in den
korres-pondierenden Hirnarealen, die ihrerseits
differenzierte Sinneswahrnehmungen ermöglichen
(beständige Wechselwirkun-gen zwischen Struktur
und Funktion). - Resultat Vernetzungen zwischen Nerven-zellen
(Synapsenbildung) bereits vom Ende des 3.
Schwangerschaftsmonat (SSM) an.
5Vorläuferformen von Lernvorgängen
- Auf dieser frühen Entwicklungsstufe laufen also
bereits Prozesse ab, die als Lernvorgänge
bezeichnet werden können. - Lernen holzschnittartig vereinfacht definiert -
heißt neue Kompetenzen erwerben aufgrund der
Verarbeitung vorangegangener Erfahrungen. - Das wird in der Folgezeit noch deutlicher, z.B.
wenn der Fetus spontane Anpassungsleistun-gen
zeigt auf taktile Reize von außen, auf
Bewe-gungen und (später) an den Biorhythmus der
Mutter.
6Auftreten zyklischer Aktivitätsmuster
- Von der 14. SSW an können immer deutlicher
zyklische Aktivitätsmuster mit Pausen beobachtet
werden, die im Laufe der weiteren Entwicklung
immer variantenreicher und differenzierter
werden. - Vermutet wird, dass diese Bewegungsmuster
korrelieren mit der Ausreifung hemmender und
aktivierender neuronaler Strukturen im Gehirn.
7Bedeutung der frühen motorischen Aktivitäten
- Möglicherweise wiederholen sich viele
Bewegungsmuster wieder, weil dadurch spezifische,
entwicklungsrelevante Gehirnstrukturen
ausdifferenziert, nicht benötigte Nervenzellen
abgebaut und neue notwendige Verschaltungen
zwischen Neuronen aufgebaut werden. - In neuen Spontanbewegungen drückt sich
wahrscheinlich aus, dass korrespondierende
neuronale Areale ihre Aktivität aufgenommen haben.
8Interfetale Unterschiede
- Verhaltensunterschiede zwischen Feten sind schon
im 4. SSM zu belegen - sogar zwischen eineiigen
Zwillingen! - Diese zeigen sich im Hinblick auf das grob- und
feinmotorische Bewegungs-verhalten und die
Reagibilität und Sensibi-lität und wirken sich
natürlich auch auf die Qualität von Lernvorgängen
aus.
9Markscheidenreifung- schnellere neuronale
Verbindungen
- Die Markscheiden-reifung (ein sehr
stoffwechselintensiver Prozess) setzt im 5. SSM
ein. Die damit verbundene Ummantelung der
Nervenfasern (Axone) isoliert die Leitungen
voneinander und macht sie schneller.
10Kommunikation zwischen Mutter und Kind beginnt
- Um diese Zeit herum spüren die werdenden Mütter
die Bewegungen ihres Kindes immer deutlicher
die von nun an stattfindende Kommunikation
zwischen Mutter und Kind stimuliert weitere
Lernvorgänge.
11Beständige Verarbeitung neuer Erfahrungen
- Schon vom 6. SSM an ist der Fetus bedingt (auf
der Intensivstation) lebensfähig. - In den letzten Schwangerschaftsmonaten reift auch
der Sehsinn vollständig aus. - Der Fetus verarbeitet beständig neue Erfahrungen,
die er überprüft, ordnet und speichert. - Entsprechend intensiv sind die Differenzierungs-
und Integrationsprozesse der neuronalen
Strukturen im Gehirn.
12Wach- u. SchlafzyklenTraumschlaf
- Vom 8. SSM an heben sich Wach- und Schlafzyklen
immer deutlicher voneinander ab. - Auf ruhige Schlafzyklen folgen Phasen des
aktiven, unruhigen REM-Schlafes oder
Traumschlafes die Dauer der Schlafzyklen wird
kontinuierlich länger.
13Festzuhalten ist
- Es finden sich zahlreiche Belege dafür, dass der
Fetus in jeder Hinsicht davon profitiert, wenn es
der werdenden Mutter körperlich und seelisch gut
geht während der Schwangerschaft und sie (und ihr
Partner) sich auf das Kind freuen.
14Was ist angeboren? Temperament, Intelligenz?
- Eine nicht mehr zeitgemäße Frage! Denn Anlage und
Umwelt können nicht auseinan-derdividiert werden! - Es bestehen immer enge Anlage-Umwelt-Wechselwirkun
gen, die im Detail noch lange nicht hinreichend
erforscht sind. - Hervorhebenswert im Wechselspiel zwischen Anlage-
und Umweltfaktoren ist zum einen (1) die Rolle
der engen Bezugspersonen des Kindes, (2) zum
anderen das Kind selbst, das im Laufe des
Heranwachsens zunehmend aktiver das Wechselspiel
mitbestimmt, zum dritten (3) epigenetische
Prozesse, deren Erforschung noch in den
Kinderschuhen steckt.
15Ergebnisse der Säuglingsforschung -Worüber
Säuglinge bei der Geburt bereits verfügen
- Bindungsbereitschaft
- Nachahmungspotential
- Orientierungsreflex
- Funktionstüchtige fünf Sinne
- Vorliebe für sprachliche Laute
- Vorliebe für Gesichter
- Vorliebe für sich bewegende Dinge
- Mimisches Ausdrucksrepertoire für die wichtigsten
Gefühle Angst (Furcht), Freude, Wut, Traurigkeit,
Neugier (Überraschung), Ekel
16Bonding
- Anscheinend hat es die Natur so eingerichtet,
dass das Neugeborene (trotz aller Strapazen, die
die Geburt mit sich bringt) direkt danach noch
für eine Weile besonders ansprechbar ist in
seinem Nahbereich, sei es nun für Hautkontakt,
Lageveränderungen, Geruchs- und
Geschmackseindrücke oder visuelle und akustische
Reize. - Während dieser kurzen Zeit kann eine fundamentale
positive Zuneigung der Mutter (Eltern) zu ihrem
Kind begründet werden (Mutterinstinkt), die für
die spätere Bindungsentwicklung sehr bedeutsam
ist.
17Grundlegende Orientierung bereits direkt nach der
Geburt möglich
- Wenn es auf die Welt kommt, kann das Neugeborene
sich mit Hilfe seiner Nahsinne und Fernsinne
bereits grundlegend orientieren. - Hautsinn Der Säugling liebt es, gestreichelt zu
werden, insbesondere in den Phasen, in denen er
entspannt und aufmerksam ist. Seine angeborene
Empfänglichkeit für Haut- und Körperkontakt
bildet eine wichtige Voraussetzung für das
Bonding.
18Angeborene Vorliebe für sprachliche Laute
- Hören Neugeborene erkennen die Stimme ihrer
Mutter wieder, besonders wenn sie ihnen mit Hilfe
elektronischer Filter so dargeboten wird, wie sie
sie im Mutterleib gehört haben. - Neugeborene wenden sich sprachlichen Lauten
generell stärker zu als anderen Klangmustern, die
für sie anscheinend weniger interessant sind.
Offenbar wird eine Vorliebe für sprachliche Laute
oder zumindest für den entsprechenden
Frequenzbereich schon intrauterin erworben und
hat möglicherweise sogar genetische Wurzeln.
19Bevorzugung von Gesichtern
- Sehen Schon Neugeborene bevorzugen in ihrer
Wahrnehmung Gesichter und gesichtsähnliche
Formen, die sie besonders lang betrachten. Viele
Forscher vermuten deshalb einen genetisch
gesteuerten Mechanismus, der es biologisch
höchst sinnvoll Säuglingen ermöglicht, sich
Artgenossen bevorzugt zuzuwenden.
20Bevorzugung bewegter Objekte
- Sehen Bewegte Objekte, z. B. den Mund der
Mutter, erkennen Säuglinge besser als unbewegte
Dinge. Schon wenige Tage nach der Geburt folgen
sie einem bewegten Gesicht in ihrem Blickfeld
eine kleine Strecke mit den Augen. Ihr Blickfeld
ist aber noch sehr begrenzt und es dauert einige
Wochen, bis es sich auf ca. 90 Grad erweitert.
Zusätzliche Kopfbewegungen vergrößern nach und
nach den visuell erfassbaren Raum.
21Unterscheidung von Lebendigem und unbelebten
Objekten
- Säuglinge verfügen anscheinend sogar schon
(angeborenermaßen, so wird vermutet, weil es sich
in der Evolution als nützlich erwies) über ein
vorläufiges Konzept von unbelebten Objekten
(Dingen, Gegenständen) und Lebendigem (Menschen,
Tiere). - Darauf aufbauend gelingt es ihnen schon sehr bald
auch zwischen Menschen und Tieren zu
unterscheiden.
22Mimisches Ausdrucksrepertoire
- Basisemotionen Bereits Neugeborene können die
wichtigsten Gefühle mimisch ausdrücken. Sie
verfügen über emotionale Grundmuster, wie Angst,
Ärger, Ekel, Erstaunen, Freude, Traurigkeit.
Diese gelten als Basisemotionen, weil sie in den
unterschiedlichsten Kulturen vorkommen und
überall verstanden werden.
23Angeborenes Nachahmungspotential
- Sie besitzen die Fähigkeit zur Nachahmung
mimischer Gesten (Öffnen des Mundes oder das
Herausstrecken der Zunge). Es handelt sich dabei
um eine angeborene Kompetenz (Spiegelneuronen als
Grundlage!), die allererste Kontaktaufnahmen,
eine Art von emotionaler und sozialer Resonanz,
ermöglicht. Das Neugeborene ist also genetisch so
vorprogrammiert, dass es gleichsam automatisch
sozial reagiert.
24Anfänge der Sprachentwicklung Erstes wirkliches
Kommunizieren
- Die erste wirkliche Kommunikation findet
möglicherweise schon in der magischen ersten
Stunde nach der Geburt (Bonding-Phase) statt,
wenn es gelingt auf die vom Neugeborenen
ausgehenden Signale sensibel einzugehen. - Das Kind erkennt seine Mutter an der Stimme
wieder (und nach kurzer Zeit auch schon am
Geruch, was ihm hilft ihre Brust zu finden).
25Anfänge der Sprachentwicklung
- Die Sprachentwicklung beginnt möglicherweise
schon intrauterin, wenn die Mutter in den Monaten
vor der Geburt zunehmend mit ihrem ungeborenen
Kind kommuniziert (auch wenn es sich hier um eine
höchst asymmetrische Kommuni-kation handelt).
26Beziehungsherstellung und Bindungsaufbau durch
Kommunikation
- Durch die vor- und außersprachliche (nonverbale
und körperliche) Kommunikation mit der Mutter
baut der Säugling eine Beziehung zu ihr auf (und
diese natürlich auch zu ihm). - Diese kann von mehr oder minder guter Qualität
sein in Abhängigkeit davon, wie gut die
Kommunikation gelingt. - Aus dieser Beziehung entsteht allmählich das, was
seit Jahrzehnten - in Anlehnung an Bowlby und
Ainsworth Bindung genannt wird.
27Fortschritte der Sprachentwicklung
- Plappern nennt man Lautproduktionen, wie
babababa, lalalala, mamama, die aus der
Aneinanderreihung von jeweils einem Konsonanten
und einem Vokal (häufig dem a) bestehen. Dieses
spielerische Herumexperimentieren mit Lauten
überwiegend aus der Muttersprache ist wichtig, um
die ersten richtigen gesprochenen Wörter
vorzubereiten (auch taubstumme Kinder plappern
mit Gebärden und Gesten).
28Fundamente der Sprachkompetenz
- Die Fundamente der Sprachkompetenz werden in der
frühen Kindheit gelegt. Das Elternhaus und die
gezielte außerfamiliäre Förderung (z. B. in
Krippen oder bei Tagesmüttern) sind für die
frühkindliche Sprachentwicklung zentral. Kinder,
die altersgemäße Rückmeldungen und zum richtigen
Zeitpunkt angemessene sprachbezogene Anregungen
und Hinweise erhalten (Peers und Geschwister als
bessere Tutoren!), profitieren davon in
beträchtlichem Ausmaß.
29Entwicklungsschritte im 1. Lebensjahr
- Vom Tun (sensumotorische Verhaltensketten) zum
Be-greifen (und Denken) - Vorläuferformen von Vorstellungen
- Ausbildung von Objekt- und Personpermanenz
- Gegen Ende des ersten Lebensjahres bilden sich
die ersten vorläufigen Konzepte aus (z. B.
Verwendung des Wortes Ball für alles Runde und
Rollende oder des Wortes wau für ganz
verschiedene Tiere)
30Kognitive Entwicklung im 2. Lebensjahr
- Fortschritte in der Sprachentwicklung Erste
verständliche Wörter, Ein-Wort-Sätze, weitere
Wörter lernen, eigenen Namen benutzen,
Zwei-Wort-Sätze - Im 2. Lebensjahr bildet das Kind immer
differenziertere innere Vorstellungen von äußeren
Dingen und Vorgängen, so genannte
Repräsentationen.
31Kognitive Entwicklung gegen Ende des 2.
Lebensjahres (2)
- Ich-Entwicklung (Bereitstellung neuronaler
Voraussetzungen) - 3 Phasen (aufgeregt-aktiv Playmate und
Verunsicherung, Gehemmtheit allmählich sich im
Spiegel erkennen) bei den Spiegel-Ich-Untersuchu
ngen - Rouge-Test
32Entwicklungsschritte im 3. Lebensjahr
- Sprachliche Entwicklungsfort-schritte (Förderung
von Literacy) - Wortschatzexplosion (von 250 auf 1000)
- Längere, grammatikalisch immer korrektere Sätze
- Sprache wird zum wichtigsten Mittel der
Verständigung
33Entwicklungsschritte im 3. Lebensjahr (2)
- Das Selbst-Konzept wird differenzierter (wer bin
ich was kann ich) - Verwendung überwiegend positiver Merkmale zur
Selbstcharakterisierung - Mein und Dein Konzepte von Besitz und
Eigentum entstehen
34Entwicklungsschritte im 3. Lebensjahr (3)
- Weitere Konzepte entwickeln sich allmählich
(Raum, Zeit, Zahl) - Vorläuferformen einer Theorie der Innenwelt
(theory of mind) bilden sich aus eine echte
Dezentrierung von der eigenen Perspektive erfolgt
aber in der Regel erst ein Jahr später - Gegen Ende des 3. Lebensjahres differenziert sich
auch das Konzept von lebendig weiter aus
(Pflanzen werden nicht mehr durchgängig als
unbelebte Objekte eingestuft)
35Aktuelles aus der Epigenetik
- Die Epigenetik ist ein junges Spezialgebiet der
Humangenetik. - Sie befasst sich mit Zelleigenschaften, die auf
Tochterzellen (der nächsten Generation) vererbt,
aber nicht in der DNA-Sequenz festgelegt werden. - Das geschieht z. B. durch Methylierung
(Unterdrückung/Supression von Geninformationen am
Chromosomenstrang) oder Acetylierung
(Freisetzung/Expression). - Sie erforscht, wie sich Zelleigenschaften durch
Erfahrungen verändern und vererbt werden. - Was für Erfahrungen sind das?
36Epigenetik (2)
- Die Epigenetik erforscht biochemische Strukturen
an und neben den Genen, die deren Aktivität
dauerhaft regulieren. - Sie hat Belege dafür gefunden, dass Gene nicht
nur steuern, sondern auch gesteuert werden. - Man nennt die Strukturen, welche die Wirksamkeit
von Genen unterdrücken oder aktivieren,
epigenetische Marker und unterscheidet zwischen
Genom und Epigenom (Beispiel eineiige
Zwillinge). - Sie verleihen der Zelle nicht nur eine Identität,
sondern auch eine Art Gedächtnis. - Denn diese Strukturen werden vererbt!
37Epigenetik (3)
- Es sind äußere Einflüsse, schlussendlich
Erfahrungen, zum Beispiel Ernährungsweisen oder
Stressoren, welche die Aktivität von Genen nicht
nur vorübergehend, sondern dauerhaft im Kindes-
und Erwachsenenalter verändern können. - Diese äußeren Einflüsse prägen jede menschliche
Zelle und bestimmen deshalb in beträchtlichem
Umfang mit, wenn es um die Vererbung von
Eigenschaften wie psychische Stabilität,
Lebenserwartung und Krankheitsanfälligkeit geht. - Es fehlen noch Langzeitstudien, welche die
Stabilität der Vererbungsmuster dokumentieren. - Ausnahme Der Amsterdamer Hungerwinter ein
Feldexperiment
38Epigenetik - Zusammenfassung
- Die Epigenetik befasst sich mit Erfahrungen, die
vererbt werden! - Die Epigenetik verfeinert damit unser Verständnis
der Wechselwirkungen zwischen Anlage und Umwelt. - Die Epigenetik analysiert die vererbbaren
Veränderungen in der Wirkungsweise von Genen, die
durch externe Einflüsse zustande kommen. - Das geschieht durch Supression bzw. Expression
von Geninformationen. - Die Feinstruktur der Gene verändert sich dabei
nicht, die DNA-Sequenzen bleiben erhalten. - Experimentell besonders gut nachweisen lassen
sich die Auswirkungen extremer Erfahrungen
(Traumata, permanente/r Bedrohungen/Stress,
Deprivationen).
39Relevantes aus der Hirnforschung
- Bei der Geburt verfügt das Neugeborene bereits
über 100 Milliarden Neuronen (das entspricht
ungefähr der Anzahl der Sterne in unserer
Galaxis), die durch 50 Billionen Synapsen
miteinander vernetzt sind. - Im Laufe der folgenden Lebensmonate (LM)
verzwanzigfacht sich die Zahl der Synapsen
(angemessene Anregungen vorausgesetzt) auf 1
Trillion (1.000.000.000.000.000). - Im 8. LM ist die Synapsendichte bis dreimal so
hoch wie beim Erwachsenen. - Während dieser Phase gilt das Gesetz Use it or
lose it! - Der Hirnstoffwechsel ist während dieser Zeit
extrem hoch.
40Der grundlegende Bauplan unseres Gehirns wird in
dieser Zeit festgelegt
- Die in den ersten 6-8 Lebensmonaten entstehenden
Synapsen bilden ein Netzwerk oder neuronales
Grundmuster und liefern die funktionelle
Architektur, die Hardware der Großhirnrinde
(oder, um im Bild zu bleiben, die Zahl der Etagen
und Größe der Räume sowie Verbindungswege und
-türen und Stockwerke), der nicht nur grundlegend
ist für die weitere kognitive Entwicklung,
sondern sich auch als besonders
veränderungsresistent gegenüber neuen äußeren
Einflüssen erweist.
41Veränderungsresistenzder Hardware unseres Gehirns
- Eine umfassendere Veränderung früh-kindlicher
neuronaler Verknüpfungs-muster, so meinen viele
Hirnforscher, ist nur im Gefolge lang anhaltender
traumatischer Einflüsse z.B. durch permanenten,
nicht zu bewältigenden Stress (Angst) oder eine
extreme Krise (Bindungsverlust) und später noch
einmal durch Hormoneinflüsse in der Pubertät -,
möglich.
42Daraus abgeleitete Forderungen der Neuropädagogik
- Die ersten 6-8 Lebensmonate besonders nutzen,
denn Versäumnisse (unzureichende Anregungen und
Förderungen) können nur sehr schwer, wenn
überhaupt, wieder gut gemacht werden. - Deprivation oder Reizüberflutung führen
zwangsläufig zu veränderungsresistenten,
dauerhaften Schädigungen. - Gegenpositionen dazu wiegeln ab und führen die
andauernde Plastizität und immense Flexibilität
der Großhirnrinde ins Feld.
43Zwischenresümee
- Die konsequente Schlussfolgerung der
Neuropädagogik Was Hänschen nicht lernt, lernt
Hans nimmermehr - trifft aus meiner Sicht in dieser Radikalität
wohl nicht ganz zu. - Besser müsste es heißen Was Hänschen nicht
lernt, lernt Hans (teilweise) nur sehr schwer - (das entspricht dann auch eher dem Leitbild der
modernen Entwicklungs- und Lernpsychologie)
44Wie werden Fundamente für eine optimale
Entwicklung gelegt?
- Aufbau intrinsischer Motivation, d. h.
- ermöglichen, das sich ihr Kind intensiv mit einer
Sache beschäftigen kann, für die es sich
interessiert - Flow-Erleben stellt sich im Idealfall her
dadurch kann ihr Kind Kennerschaft erwerben und
lernt - analog und problemorientiert zu denken
45Tipps und Empfehlungen
- Sich grundlegende Kenntnisse verschaffen über die
entwicklungspsychologischen und pädagogischen
Grundlagen der Kindheit und sich nicht
verunsichern lassen durch manchmal
widersprüchlich erscheinende Fakten - Die Frustrationstoleranz der Kinder stärken und
ihre Widerstandsfähigkeit (Resilienz) ausbauen - Die Bedeutung des So-tun-als-ob-Spiels (Es
ermöglicht De-Zentrierung und Perspektivenwechsel,
welche die sozial-kognitive Entwicklung
voranbringen) - Jedes Kind hat sein eigenes Tempo und braucht
seine eigene Zeit (Unterschiede im
Entwicklungstempo zwischen Kindern und beim
selben Kind) - Auf Ihr Gefühl und Ihre Intuition können Sie sich
meist verlassen
46Tipps und Empfehlungen
- Sich grundlegende Kenntnisse verschaffen über die
entwicklungspsychologischen und pädagogischen
Grundlagen der Kindheit und sich nicht
verunsichern lassen durch manchmal
widersprüchlich erscheinende Fakten - Die Frustrationstoleranz der Kinder stärken und
ihre Widerstandsfähigkeit (Resilienz) ausbauen - Die Bedeutung des So-tun-als-ob-Spiels (Es
ermöglicht De-Zentrierung und Perspektivenwechsel,
welche die sozial-kognitive Entwicklung
voranbringen) - Jedes Kind hat sein eigenes Tempo und braucht
seine eigene Zeit (Unterschiede im
Entwicklungstempo zwischen Kindern und beim
selben Kind) - Auf Ihr Gefühl und Ihre Intuition können Sie sich
meist verlassen
47Geburtsgewicht, Gehirngröße und geistige
Fähigkeiten
- Den Zusammenhang zwischen geistigen Eigenschaften
und der Entwicklung im Mutterleib untersuchen
Wissenschaftler schon lange. - Kürzlich wurde herausgefunden Je schwerer Babys
bei der Geburt sind, desto größer wird ihr
Gehirn. - Wie groß unser Gehirn im Laufe des Lebens wird,
hängt auch vom Geburtsgewicht ab. Das berichtet
ein internationales Forscherteam im US-Journal
Proceedings of the National Academy of Sciences
(PNAS). Einen Einfluss auf die geistigen
Fähigkeiten konnten die Forscher aber nicht
feststellen. - Erwachsene Probanden, die als Neugeborene
schwerer waren, hatten sowohl eine größere
Oberfläche in vielen Hirnregionen als auch
insgesamt ein größeres Gehirnvolumen.
48Download- und Literaturhinweis
- Die Powerpoint-Präsentation kann herunter geladen
werden von meiner Webseite www.hartmut-kasten.de - Eine Neubearbeitung meines Buches 0 bis 3 Jahre
Entwicklungspsychologische Grundlagen
(Cornelsen-Skiptor) ist im letzten Jahr erschienen