Title: Wie sch
1Wie schädlich ist Cannabis?
- Roland Stettler, Oberarzt
- Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
- Sonnenhalde
- CH-4125 Riehen
2Wie schädlich ist Cannabis?
- Indian hemp, when pure ans administered
carefully, is one of the most valuable medicines
we possess
Reynolds, 1890, Leibarzt der Queen Victoria
3Cannabis Historisches
- Erster Bericht über Cannabis vor ca. 5000 Jahren
in China - Empfohlen für Malaria, Verstopfung, rheumatische
Schmerzen, Vermischt mit Wein als Analgetikum - In der Schweiz hat Anbau und Verwendung von
Hanfprodukten lange Tradition - Bis ins 20. Jh. Wichtiger Faserrohstoff für Seile
und Stoffe - Heilende Verwendung von Hanfextrakten in der
Volksmedizin - starker Tobak
4Cannabis Historisches
- 1925 Genfer Konvention über Herstellung,
Vertrieb und Verkauf gefährlicher Drogen - 1951 Betäubungsmittelgesetz
- Abhängigkeitserzeugendes Betäubungsmittel
- Gefahr für die menschliche Gesundheit
- 1975 bei Revision des Betäubungsmittel- gesetzes
bestätigt - 6/2003 Behandlung der erneuten Revision in den
Räten zum wiederholten Male verschoben
5Cannabis Therapeutische Aspekte
- Synthetische THC-Präparate
- Dronabinol und Nabilone
- Diskutierte Indikationen
- Nausea und Erbrechen
- Multiple Sklerose, Rückenmarksverletzungen
- Appetit- und Gewichtsverlust bei Krebs- und
AIDS-Patienten - Schmerzen (insbes. Neuropathische Schmerzen)
- Erhöhter intraoculärer Druck
- Insomnie, Ängstlichkeit
- Epilepsie (Cannabidiol)
- Asthma
Robson, 2001
6Cannabis Konsumhäufigkeit
Entwicklung des Haschischkonsums der 15-jährigen
Schülerinnen und Schüler im 9. Schuljahr
7Cannabis Konsumhäufigkeit
- Aktueller Konsum
- gt50 15-19 jährige
- Knapp 50 20-24 jährige
- 25 25-59 jährige
- Gegen 0 gt60 jährige
- Aufhörrate beträchtlich
8Cannabis Konsumhäufigkeit
- Konsum mind. 1x täglich
- 6.5 15-19 jährige
- 5.4 20-24 jährige
- 1.7 25-44 jährige
- Hochgerechnet ca. 90000 Personen in der Schweiz
- 44 Marihuana
- 25 Haschisch
- 33 beide Formen
9Cannabis Konsumhäufigkeit
- Einstiegsalter
- 1992/93 16,5 Jahre
- 1997/98 15,8 Jahre
- Früher Erstkonsum führt mit grösserer
Wahrscheinlichkeit zu Gebrauch anderer illegaler
Drogen
Müller S et al. 2002
10Cannabis Natürliche Cannabinoide
- Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC)
- Hauptverantwortlich für psychologische und
physikalische Effekte - Delta-8-Tetrahydrocannabinol
- Weniger potent als Delta-9-THC, nur kleine Mengen
in Pflanze - Cannabinol
- Weniger potent
- Cannabidiol
- Keine Interaktion mit Cannabinoid-Rezeptoren,
antikonvulsiv, kann unerwünschte psychologische
Effekte von THC vermindern - Insgesamt 400 verschiedene Komponenten, über 60
Cannabinoide in Cannabis sativa
11Cannabis Verschiedene Präparationen
- Marihuana (getrocknete Blatt-, Blüten- und
Stengelteile) - Traditionelle Zigarette 1960/70 (reefer) 1-3
THC (ca. 10mg/reefer) - Moderne Zigarette 1980/90 (joint) 6-20 THC
(60-200mg/joint über 300mg wenn mit Haschisch-Öl
versetzt) - Haschisch (Harz der Blütenstände, vermischt mit
Teilen der Blüten und Blätter) - Platten, Bricks, Cakes 10-20 THC
- Haschisch Öl (Extrakt durch organische
Lösungsmittel) - Dickflüssiges, teerartiges Konzentrat 15-30
THC (manchmal bis gt 60)
12Cannabis Pharmakokinetik
THC extrem lipophil, Metaboliten
(11-hydroxy-THC) Plasma- und Urinkonzentrationen
sind nicht hilfreich. T1/2 (Gewebe) ca. 7 Tage
13Cannabis Pharmakodynamik
- Spezifische endogene Cannabinoid-Rezeptoren
- CB1(Devane et al. 1988)
- Cortex
- Limbisches System (Hippocampus, Amygdala)
- Basalganglien
- Cerebellum
- Wenig im Thalamus und Hirnstamm
- CB2 (Munro et al. 1993)
- Makrophagen der Milz
- Andere Immunzellen
14Cannabis Pharmakodynamik
Cannabinoidrezeptoren im Rattenhirn (aus Julien
RM, 1997)
15Cannabis Pharmakodynamik
- Endogene Liganden für Cannabinoid-Rezeptoren
- Anandamide (Devane et al. 1992)
(ananda Glückseligkeit in Sanskrit) - Derivat der Arachidonsäure, verwandt mit
Prostaglandin - Bis heute 3 verschiedene Anandamide isoliert
- Wirkungsweise über intrazelluläre G-Proteine, die
das C-AMP hemmen und Einfluss auf Ca- und
K-Ionen Transport - Erhöhen Freisetzung von Dopamin im N. accumbens
und präfrontalen Cortex (Belohnungssystem) - Wirkung durch Naloxon aufgehoben (Link zum
Opioidsystem)
16Cannabis Psychologische Effekte
- Einfluss auf Stimmung
- High (bereits bei 2.5mg THC)
- Verminderung von Angst / Wachheit / Depression /
Anspannung / sozialer Phobie - Innerhalb von Minuten, 2h oder länger andauernd
- Dysphorische Reaktion
- Angst / Panik / Paranoia / Psychose
- Dosisabhängig
- Häufiger bei Erstkonsum, ängstlichen Personen,
psychologisch vulnerablen Personen
17Cannabis Psychologische Effekte
- Wahrnehmung
- Farben intensiver
- Musik lebendiger
- Emotionen eindrücklicher und bedeutungsvoller
- Räumliche Wahrnehmung verzerrt
- Wahrnehmung der Zeit verändert
- Halluzinationen (bei hohen Dosen)
18Cannabis Psychologische Effekte
- Kognition und Psychomotorik
- Zunahme der Reaktionszeit
- Koordinationsprobleme
- Probleme mit Kurzzeitgedächtnis
- Abnahme der Konzentration
- Beeinträchtigung bei komplexen Aufgaben, die
geteilte Aufmerksamkeit erfordern - Durch gleichzeitigen Konsum von Alkohol und BZD
verstärkt
19Cannabis Psychologische Effekte
- Fahrtauglichkeit
- Beeinträchtigung der Fahrtauglichkeit in vielen
Studien gezeigt - Erhöhte Inzidenz von Verkehrsunfällen
- Risiko steigt erheblich bei Kombination mit
Alkohol - Problem Wegen langsamer Elimination keine
Korrelation zwischen Wirkstoffkonzentration und
Grad der Intoxikation, keine Aussage möglich über
Zeitpunkt des letzten Konsums
20Cannabis Psychologische Effekte
21Cannabis Psychologische Effekte
- Langzeiteffekte bei chronischem Konsum
- Leistung eingeschränkt, auch wenn nicht akut
intoxikiert - Verminderte Aufmerksamkeit
- Gedächtnisprobleme
- Eingeschränkte Verarbeitung komplexer
Informationen - Kann während Wochen, Monate bis Jahre nach
Cannabis-Stopp persistieren
Nach Solowij, 1998
22Cannabis Psychologische Effekte
- Toleranz und Abhängigkeit
- Toleranzentwicklung mehrfach beschrieben
- Ebenso Entzugseffekte beschrieben
- Unruhe / Schlaflosigkeit / Ängstlichkeit /
vermehrte Reizbarkeit / Inappetenz /
Muskelzittern / Symptome des autonomen NS - Bereits Konsum von 180mg THC über 11-21 Tage kann
zu Entzugssymptomatik führen - Beginn nach ca. 10h Abstinenz, Peak nach ca. 48h
Jones, 1983 Kouri et al 1999
23Cannabis Herz-Kreislauf-Effekte
- Dosisabhängige Tachykardie (bis 160/min)
- Toleranzentwicklung bei chronischem Konsum
- Vasodilatation Rötung der Konjunktiven
- Orthostatische Hypotension
- Selten wurden schwere Herzprobleme (Infarkt,
Rhythmusstörung) beschrieben
24Cannabis Respiratorisches System
- Cannabisrauch enthält (ausser Nikotin) alle
Komponenten des Tabakrauches - Teer enthält höhere Konzentrationen von
Benzanthrazen und Benzpyren - 5x stärkerer Anstieg des Carboxy-Hb
- V.a. auch durch tiefe und verlängerte Inhalation
- Bronchitis und Emphysementwicklung
- 3-4 Joints entsprechen ca. 20 Zigaretten
- Erhöhte Inzidenz seltener Formen oropharyngealer
Tumoren
25Cannabis Psychische Effekte
- Psychologische Effekte
- Panik / Angst / Depression / Psychose
- Toxisch in dem Sinne, dass Zusammenhang mit
massivem THC-Konsum - Effekt von THC auf vorbestehende psychische
Störungen und/oder THC als Risikofaktor für
psychische Störungen - Abhängigkeit und Entzugssymptomatik
26Cannabis Affektive Störungen
- Panikattacken / Angststörung
- Bei 22 der THC-Konsumenten
- Frauen Männer 21
Thomas, 1996
27Cannabis Affektive Störungen
- Italienische THC-Konsumenten
- 16 Anpassungsstörung mit depressiver Reaktion
- 14 Depressive Episode (Major Depression)
- 10.5 Dysthymie
- Schweregrad der Symptomatik dosisabhängig
- Patienten mit Psychose und Persönlichkeitsstörung
ausgeschlossen
Troisi et al., 1998
28Cannabis Affektive Störungen
- 1601 weibliche australische 14-15 jährige
Schülerinnen, follow-up 7 Jahre - 5.6-faches Risiko für Depression und Angst bei
täglichem Konsum - 2-faches Risiko für Depression und Angst bei
mindestens wöchentlichem Konsum - Depression und Angst im Teenageralter jedoch kein
Prädiktor für späteren THC-Konsum
Patton et al., 2002
29Cannabis Affektive Störungen
- Suizidversuche
- 16.2 THC-Abusus bei PatientInnen mit SV
- Nur 1.9 THC-Abusus bei Kontrollgruppe
- Direkter Einfluss von THC auf Selbstschädigendes
Verhalten oder Aggravation durch THC bestehender
psychischer Erkrankungen
Beautrais et al., 1999
30Cannabis Affektive Störungen
- Baltimore Epidemiologic Catchment Area Study
- 4-faches Risiko für Depression bei
THC-Konsumenten - Häufiger Suizidgedanken
- Häufiger Anhedonie
- Depressive Symptome sind jedoch kein Prädiktor
für späteren THC-Konsum
Bovasso, 2001
31Cannabis Psychotische Störungen
- Mögliche Beeinflussung von THC-Konsum auf
Psychose - Akuter Konsum hoher THC-Dosen induziert eine
toxische oder organische Psychose mit
Verwirrtheit und Halluzinationen, die bei
Abstinenz remittiert - THC-Konsum führt zu einer akuten funktionellen
Psychose vergleichbar mit schizophreniformer
Störung - THC-Konsum führt zu einer chronischen Psychose,
die auch nach Abstinenz persistiert - Chronischer THC-Konsum führt zu einer organischen
Psychose, die nach Abstinenz nur teilweise
remittiert (vergleichbar mit Alkohol-Schäden) - THC-Konsum als Risikofaktor für schwere
psychische Störungen wie z. Bsp. Schizophrenie
Hall et al., 1994
32Cannabis Psychotische Störungen
- THC-induzierte toxische Psychose
- Induktion einer Psychose bei Konsum hoher Dosen
bei Personen ohne psychiatrische Störung in der
Vorgeschichte - Typische Symptomatik
- Leichte Bewusstseinseinschränkung
- Wahrnehmung der Zeit verändert
- Traumartige Euphorie
- Ideenflucht
- Halluzinationen
- Abklingen innerhalb 1 Woche Abstinenz
Lishman, 1998
33Cannabis Psychotische Störungen
- Vergleich von akut-psychotischen Patienten mit
THC-positivem Urin vs THC-negativem Urin - THC-Gruppe nach 1 Woche
- Veränderte Wahrnehmung
- Gedankeneingebung
- Non-verbale akustische Halluzinationen
- Beeinträchtigungsideen / Grössenideen
- Nach 1 Monat kaum mehr Unterschiede
- Nach 6 Monaten keine Unterschiede mehr
- Resultate repliziert durch neuere Studie von
Nunez et al. 2002
Mathers Ghodse, 1992
34Cannabis Psychotische Störungen
- Genetische Assoziation
- Cannabis-Positive haben signifikant grösseres
familiäres Risiko für Schizophrenie als
Kontrollen -
- 7.1 vs 0.7
- Akute Psychose im Kontext von Cannabis-Abusus
assoziiert mit genetischer Prädisposition für
Schizophrenie
Mc Guire et al., 1994
35Cannabis Psychotische Störungen
- Amotivationales Syndrom
- Energieverlust und fehlender Antrieb
- Whs eher Ausdruck einer chronischen Intoxikation
- Validität dieser Diagnose bleibt unklar
36Cannabis Komorbidität
- Epidemiologic Catchment Area Survey
- 50.1 Erfüllen Kriterien für andere
DSMIII- Störung - Risiko für Substanzabhängigkeit bei Schizophrenen
4.6x höher als bei Allgemeinbevölkerung
Regier et al., 1990
37Cannabis Einfluss auf Schizophrenie-Verlauf
- Bisherige Studien bieten bisher zu schwache Basis
für definitive Schlüsse zu ziehen, welchen Effekt
Cannabis auf schizophrene Symptome hat - Es ist jedoch angezeigt, Cannabis als einen
Vulnerabilitätsfaktor in Zusammenhang mit dem
Verlauf schwerer psychiatrischer Störungen
anzusehen und gefährdeten Patienten vom Konsum
abzuraten
38Cannabis Risikofaktor für Schizophrenie?
- Andreasson-Studie
- 2.4-faches Risiko für gelegentliche
THC-Konsumenten - 6.0-faches Risiko für regelmässige
THC-Konsumenten - THC-Konsum als live-event-stressor für
Individuen, die Vulnerabilität für Schizophrenie
zeigen - Nach Follow-up von 27 Jahren erneute Analyse mit
gleichem Resultat, auch wenn man nur die
Patienten berücksichtigt, die erst 5-Jahre nach
Studieneinschluss Schizophrenie entwickelten
Zammit et al., 2002
39Cannabis Zusammenfassung
- Wahrnehmung und Kognition
- Fahrtauglichkeit
- Körperliche Langzeitfolgen
- Einfluss auf psychische Erkrankungen
- Konsumhäufigkeit entscheidend
40Weiter Präsentationen