Title: Produzenten- und Produkthaftung
1Produzenten- und Produkthaftung
Rechtsanwalt Sami Negm Rechtsanwälte Dr. Pribilla
Kaldenhoff Negm Goebenstr. 3 50672
Köln s.negm_at_prikalneg.de www.prikalneg.de
2Haftung aus 823 I BGB
- Geschützte Rechtsgüter
- Leben, Körper, Gesundheit, Freiheit, Eigentum
oder sonstiges absolutes Recht (Gewerbebetrieb) - Widerrechtlichkeit
- Verschulden
- Vorsatz od.
- Fahrlässigkeit
- Schaden
3Körper- od. Gesundheitsschaden
- Pränatale Schäden werden mit Vollendung der
Geburt zu einer Verletzung der Gesundheit des
Menschen - Ungewollte Schwangerschaften können nach neuerer
Auffassung als Schaden angesehen werden.
4Eigentumsverletzungen
- Problematisch ist, ob und ggf. wann in der
mangelhaften Herstellung einer Sache die Ursache
für die Verletzung des Eigentums des künftigen
Erwerbers gesehen werden kann.
5Eigentumsverletzung durch Herstellungsmängel
- Immer schon waren Schäden zu ersetzen
- an Kfz, Maschinen und sonstigen Geräten, die
dadurch eintraten, dass ein später eingebautes
Ersatzteil oder eine Zusatzanlage mit Fehlern
behaftet war und hierdurch Schäden an anderen,
ursprünglich schon vorhandene Teilen des Gerätes
entstanden oder - an Bauwerken, wenn mangelhafte Teile eingefügt
wurden und am Bauwerk dann Schäden eintraten
6Weiterfresserschäden
- Der BGH gewährt aber auch SEA wegen Schäden an
einer erworbenen Sache, die dadurch entstanden
sind, dass Teile der Sache bereits beim
Eigentumserwerb mangelhaft waren und deshalb
andere Teile oder sogar die ganze Sache
beschädigt oder zerstört werden. - Voraussetzung Beschädigung od. Zerstörung ist
Verwirklichung eines Schadens, den zu vermeiden
eine deliktische Sorgfaltspflicht im
Integritätsinteresse des Erwerbers gebot (also
nicht bei stoffgleichem Äquivalenzschaden)
7Eigentumsverletzung durch unzureichende Belehrung
- Unrichtige, unvollständige oder ungenaue Angaben
über die Benutzung können eine Eigentumsverletzung
bedeuten
8Widerrechtlichkeit
- Verstoß gegen Rechtspflicht zum Handeln
(Verkehrssicherungspflicht, Gefahrabwendungspflich
t) - Objektiv erforderlich sind grundsätzlich alle
nach dem jeweiligen Stand der Erfahrungen und
Technik als geeignet und genügend erscheinenden
Sicherungen - Grenze derjenige Sicherheitsgrad, den die in dem
entsprechenden Bereich herrschende
Verkehrsauffassung für erforderlich erachtet
9Sorgfaltspflichten
- Konstruktionsbereich
- Fabrikationsbereich
- Instruktionsbereich
- Produktbeobachtungsbereich
- Warnung kann genügen, wenn Information Verwender
rechtzeitig erreicht (Beilage zu
Kundendienstzeitschriften, Vermischung mit
Werbeaussagen, Hinweise in Merkblättern und
Broschüren im Fließtext, oder in unauffälliger
graphischer Gestaltung sind unzureichend) - Rückruf bei erheblichen Fehlen unumgänglich. Wenn
die Gefahr groß ist, durch Presse Rundfunk und
Fernsehen
10Verschulden
- Vorsatz, auch bedingter Vorsatz
- Fahrlässigkeit wer die im Verkehr erforderliche
Sorgfalt außer acht lässt (Standard des
Berufskreises)
11ProdukthaftungRegelungsinhalt des ProdHaftG
- regelt die Haftung der Hersteller von End-,
Zwischen- oder Teilprodukten, von
Quasi-Herstellern und Importeuren für Personen-
und Sachschäden durch fehlerhafte Produkte - ist geregelt im Produkthaftungsgesetz, welches
zur Umsetzung der EG-Produkthaftungsrichtlinie
erlassen worden und 1990 in Kraft getreten ist - ist eine Gefährdungshaftung, auf ein Verschulden
des Herstellers kommt es nicht an - Anknüpfungspunkt ist die gefährliche Handlung,
das Inverkehrbringen des Produkts, das eine
Gefahr für bestimmte Rechtsgüter begründet.
12ProdukthaftungVerhältnis zur Produzentenhaftung
- Da auch das ProdHaftG Lücken im Rechtsschutz
aufweist, hat es die Produzentenhaftung aus 823
ff. BGB nicht verdrängen können. - Da die Haftungssumme im Rahmen des ProdHaftG
begrenzt ist können darüber hinaus gehende
Beträge nur nach den 823 ff. verlangt werden. - Daher ist dann, wenn auch ein Verschulden des
Herstellers vorliegen könnte, auch das allgemeine
Deliktsrecht zu prüfen (vor allem
Produzentenhaftung gem. 823 Abs. 1 BGB).
13Haftung nach 1 ProdHaftG Tötung, Verletzung,
Sachbeschädigung
- 1 ProdHaftG normiert die Haftung für den Fall,
dass durch den Fehler eines Produkts - jemand getötet wird,
- Körper oder Gesundheit verletzt werden oder
- eine andere Sache beschädigt wird.
- Rechtsfolge Schadensersatz
14HaftungsvoraussetzungenÜberblick
- Positive Haftungsvoraussetzungen
- Produkt
- Fehler
- Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit oder
einer anderen Sache. - Ursächlichkeit von 2. für 3.
- Negative Haftungsvoraussetzungen
- Nichtinverkehrbringen durch Hersteller
- Fehlerfreiheit beim Inverkehrbringen
- Kein Vertrieb
- Fehlerentstehung durch zwingende
Rechtsvorschriften für die Herstellung - Nichterkennbarkeit nach dem Stand von
Wissenschaft und Technik - Entstehung durch falsche Einarbeitung oder durch
falsche Anleitung beim Folgeprodukt
15ProdukthaftungBegriff des Produktes I
- Produkt ist jede bewegliche Sache, auch wenn sie
einen Teil einer anderen beweglichen Sache oder
einer unbeweglichen Sache bildet außerdem gilt
auch die Elektrizität als Produkt ( 2
ProdHaftG). - seit 1999 auch landwirtschaftliche
Naturprodukte, wichtig insbesondere bei der
Haftung für Lebensmittel (BSE) - Für den Begriff des Produkts kommt es nicht
darauf an, ob es aus industrieller Fertigung
stammt. Es kann sich auch um handwerkliche oder
künstlerische Erzeugnisse handeln.
16ProdukthaftungBegriff des Produktes II
- Produkt muss keine von Menschenhand hergestellte
Sache sein, Grundstoffe wie Sand, Kies, Kohle
usw. sind auch Produkte, was auch der
Herstellerbegriff aus 4 Abs. 1 S. 1 ProdHaftG
bestätigt, wonach Hersteller auch sein kann, wer
einen Grundstoff herstellt. - Auch wenn die Beweglichkeit einer Sache mit dem
Einbau in ein Grundstück aufhören kann, bleibt
sie ein Produkt, wenn sie es vorher gewesen ist.
Ein Bauwerk auf dem Grundstück als Ganzes ist
aber kein Produkt, da es nie beweglich gewesen
ist. - Streitig ist, ob auch eine (z. B. in Büchern bzw.
Disketten) verkörperte geistige Leistung ein
Produkt i. S. d. ProdHaftG darstellt.
17Fehlerbegriff
Gem. 3 hat ein Produkt einen Fehler, wenn es
nicht die Sicherheit bietet, die unter
Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere
seiner Darbietung, des Gebrauchs, mit dem
billigerweise gerechnet werden kann, des
Zeitpunkts, in dem es in den Verkehr gebracht
wurde, berechtigterweise erwartet werden kann.
- Konstruktions-/Entwicklungsfehler
- Fabrikationsfehler
- Instruktionsfehler
- Unterlassen von Produktbeobachtung und
Produktrückruf bildet keinen Fehler des Produktes
nach dem ProdHaftG (beachte aber
Produzentenhaftung)
18Produkthaftungbei Personenschäden
- Tötung ist die Beendigung des Lebens eines
geborenen Menschen - Körperverletzung ist jeder äußere Eingriff in die
körperliche Unversehrtheit - Gesundheitsverletzung ist die Störung der inneren
Lebensvorgänge, auch solcher psychischer Art
auch wenn der Verletzte, sofern nur die
Ursächlichkeit des schadensstiftenden Ereignisses
zu bejahen ist, noch nicht geboren oder erzeugt
war
19Produkthaftungbei Sachschäden
- Die Haftung bei Sachschäden bezieht sich nur auf
Schäden an einer anderen Sache. - Der aus der Fehlerhaftigkeit des Produktes
folgende Minderwert des Produktes selbst wird
durch das Gewährleistungsrecht geregelt. - Umstritten ist, ob der Hersteller eines
Produktteiles für die Beschädigung oder
Zerstörung des Gesamtproduktes haftbar zu machen
ist, ob also die Sache, deren Teil das
Teilprodukt ist, eine andere Sache ist
20Haftung bei SachschädenHaftungseinschränkungen
Die Haftung für Sachschäden tritt nur ein, wenn
es sich bei der beschädigten Sache
- um eine andere Sache als das Produkt handelt
- diese ihrer Art nach gewöhnlich für den privaten
Ge- oder Verbrauch bestimmt und - hierzu von dem Geschädigten hauptsächlich
verwendet worden ist.
21Haftung bei Sachschädenandere Sache
- Abgrenzung des fehlerhaften Produkts von der
anderen Sache kann gelegentlich Schwierigkeiten
machen. - Ausschlaggebend ist zwar die Verkehrsauffassung,
doch ist damit noch nicht gesagt, wie es sich bei
Weiterfresserfehlern verhält. Das ProdHaftG geht
von der Sicht des Konsumenten aus Für ihn ist
das erworbene Produkt eine Einheit. Kann hier
aber nicht der Fall vorliegen, dass ein Produkt
ein durchaus abgrenzbarer Bestandteil einer
Gesamtsache ist, die dann als andere Sache
anzusehen ist?
22Haftung bei Sachschädenfür privaten Ge- und
Verbrauch bestimmt
- Produkte, die nur für die Erwerbs- oder
Berufstätigkeit bestimmt sind, sind nicht in den
Schutz von 1 ProdHaftG einbezogen. - Ob eine Sache ihrer Art nach gewöhnlicherweise
privat gebraucht wird, richtet sich nach der
allgemeinen Verkehrsanschauung. - Ist in nicht zu klären, ob eine Sache ihrer Art
nach für den Privatgebrauch bestimmt ist
(Kugelschreiber, PC), so muss die Abgrenzung den
weiteren Tatbestandsmerkmalen überlassen werden,
insbesondere dem Merkmal, dass die Sache auch
tatsächlich vom Geschädigten zum Privatge- oder
verbrauch verwendet wird. Dass sich die
Bestimmung für den privaten Ge- oder Verbrauch
nach der allgemeinen Verkehrsauffassung richtet,
hat u.a. die Konsequenz, dass der Hersteller
einer Sache nicht durch Deklaration bestimmen
kann, die Sache sei nur für den gewerblichen
Gebrauch bestimmt, um die Sache dem Schutz des
ProdHaftG zu entziehen.
23Haftung bei SachschädenVerwendung zum privaten
Ge- und Verbrauch
- Abzustellen ist auf die tatsächliche Verwendung
der beschädigten Sache. - Handelt es sich bei der beschädigten Sache um
eine Sache, die nach allgemeiner
Verkehrsauffassung für den Erwerbs- oder
Berufsgebrauch bestimmt ist, aber ausnahmsweise
privat genutzt wird, liegt keine Verwendung zum
privaten Gebrauch vor (z.B. Mähdrescher wird für
ein Landmaschinenrennen verwendet). - Umgekehrt kann nicht eine allgemein als für die
Privatnutzung bestimmte Sache dadurch in den
Schutzbereich von 1 ProdHaftG eingeführt
werden, dass sie beruflich benutzt wird.
(Beispiel Wer einen Nachttisch als Aktenbock im
Büro einsetzt, kann sich im Schadensfall nicht
auf 1 ProdHaftG und die Verkehrsauffassung
stützen, Nachttische seien für den privaten
Gebrauch bestimmt.) - es kommt nicht darauf an, ob die beschädigte
Sache gerade im Zeitpunkt der Beschädigung im
beruflichen oder privaten Gebrauch war, sondern
vielmehr darauf, wozu sie vom Geschädigten
hauptsächlich benutzt wird. Das selten mal für
einen Tag mit in das Büro gebrachte Radio, das
sonst nur zu Hause steht, wird damit noch nicht
dem Schutz des ProdHaftG entzogen, dass es zum
Zeitpunkt der Beschädigung gerade im Büro stand.
24Kausalität des Fehlers
- An sich ist Ursache jede Bedingung, die nicht
hinweggedacht werden kann, ohne dass zugleich der
Erfolg entfiele (conditio sine qua non) danach
ist Ursächlichkeit die Gesamtheit aller auf das
Lebensverhältnis einwirkenden Bedingungen, die
den Erfolg (Schaden) herbeiführen (sog.
Bedingungs- oder Äquivalenztheorie). - Nach der einschränkenden, heute im Zivilrecht
ganz herrschenden Theorie des adäquaten
Kausalzusammenhangs (sog. Adäquanztheorie)
scheiden solche Kausalverläufe aus, die dem
Verantwortlichen billigerweise rechtlich nicht
mehr zugerechnet werden können.
25Haftungsausschluss 1 Absatz 2 ProdHaftG
- Die Ersatzpflicht des Herstellers ist
ausgeschlossen, wenn - 1. er das Produkt nicht in den Verkehr gebracht
hat, - 2. nach den Umständen davon auszugehen ist, dass
das Produkt den Fehler, der den Schaden
verursacht hat, noch nicht hatte, als der
Hersteller es in den Verkehr brachte, - 3. er das Produkt weder für den Verkauf oder eine
andere Form des Vertriebs mit wirtschaftlichem
Zweck hergestellt noch im Rahmen seiner
beruflichen Tätigkeit hergestellt oder vertrieben
hat, - 4. der Fehler darauf beruht, dass das Produkt in
dem Zeitpunkt, in dem der Hersteller es in den
Verkehr brachte, dazu zwingenden
Rechtsvorschriften entsprochen hat, oder - 5. der Fehler nach dem Stand der Wissenschaft und
Technik in dem Zeitpunkt, in dem der Hersteller
das Produkt in den Verkehr brachte, nicht erkannt
werden konnte.
26Nichtinverkehrbringen
- Ein Produkt ist in den Verkehr gebracht, wenn es
in die Verteilungskette gegeben worden ist, wenn
der Hersteller es also aufgrund seines
Willensentschlusses einer anderen Person
außerhalb seiner Herstellersphäre übergeben hat - Teilprodukte sind in Verkehr gebracht, wenn si an
einen Weiterverarbeiter ausgeliefert sind - Noch kein Inverkehrbringen bei Materialprüfungen
und Qualitätsprüfungen (z.B. Fahrt mit
Erlkönigen) - Umstritten, ob bei Produktherstellung zur
Eigennutzung ein In den Verkehr bringen vorliegt - Ein Inverkehrbringen als Produkt liegt nicht vor,
wenn Sachen zum Aussortieren oder Verschrotten
weiter gegeben werden
27Beweislast
- 1 Abs. 4 ProdHaftG bestimmt dass der
Geschädigte für den Schaden, den Fehler und den
ursächlichen Zusammenhang zwischen Fehler und
Schaden die Beweislast trägt. - Die Beweislast für die negativen
Haftungsvoraussetzungen des 1 Abs. 2 und 3
trägt der Hersteller