Title: Neue Entwicklungen im Gesellschaftsrecht
1Neue Entwicklungen im Gesellschaftsrecht
Freshfields Briefing, Wien, 24. März 2011 Dr.
Stefan Köck Dr. Ulrich Tauböck
2Übersicht
- Vereinfachte Umgründungen im Konzern
(Ministerialentwurf) - Abschaffung von Inhaberaktien (Ministerialentwurf)
- Automatisierte Zwangsstrafen bei verspätetem
Einreichen von Jahresabschlüssen - Ediktalzustellungen von Zivilklagen bei
gescheiterter Zustellung an die
Geschäftsanschrift - Neue OGH-Judikatur zur doppelten Formpflicht bei
Vorkaufs- und Aufgriffsrechten
3Vereinfachte Umgründungen im Konzern (1)
- Ministerialentwurf zur Anpassung des österr.
Umgründungsrechts an die Richtlinie 2009/109/EG
Umgründungs-Vereinfachungsgesetz (UmVerG) - Umsetzungsfrist 30. Juni 2011
- Bisher schon diverse Erleichterungen bei
Umgründungen im Konzern (z.B. Möglichkeit des
Verzichts auf den Bericht des Vorstands und die
Prüfung der Verschmelzung durch einen externen
Prüfer) - Umsetzung der Richtlinie bringt weitere
Vereinfachungen bei Verschmelzungen und
Spaltungen - Die diversen Ausnahmen und Verzichtsmöglichkeiten
hinsichtlich der Berichts- und Dokumentationspflic
ht bleiben aber - wie bisher sehr kompliziert
geregelt und müssen bei jeder Umgründung genau
geprüft werden (insb. die Voraussetzungen) - Einschlägige Bestimmungen sind meist über mehrere
Gesetze (AktG, GmbHG, SpaltG) verstreut
4Verschmelzung (Grundform)
1
2
Z
X
Y
1
2
X
Y
Z
A
B
AB
Vo/Gf
Vo/Gf
VV
Pr
Pr
AR
AR
5Vereinfachte Umgründungen im Konzern (2)
- Wesentliche Vereinfachungen
- Bericht des Aufsichtsrats
- Möglichkeit des Verzichts auf den Bericht des
Aufsichtsrats bei der Verschmelzung und der
Spaltung durch die Gesellschafter ( 232 Abs 2
AktG, 6 Abs 2 SpaltG) bisher war dieser
Bericht idR zwingend - Der Vorstand hat aber dem Aufsichtsrat von der
geplanten Umgründung zu berichten, damit die
Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat informiert
werden - Up-stream Verschmelzung und Spaltung im Konzern
(100) - Keine Berichte des Vorstands, des Aufsichtsrats
und eines externen Prüfers mehr erforderlich (
232 Abs 1 (neu) AktG) für beide Gesellschaften?
6Verschmelzung (neu)
1
2
Z
X
Y
1
2
X
Y
Z
A
B
AB
Vo/Gf
Vo/Gf
VV
Pr
Pr
Verzicht
Verzicht
AR
AR
7Up-Stream Verschmelzung (neu)
1
2
1
2
Verzicht
A
Vo/Gf
AB
Pr
AR
100
VV
B
Vo/Gf
Pr
AR
8Vereinfachte Umgründungen im Konzern (3)
- Up-stream Verschmelzung und Spaltung im Konzern
(100) - Keine General- bzw. Hauptversammlungsbeschluss
bei der übertragenden Gesellschaft mehr
erforderlich ( 232 Abs 1a AktG 17 Zif 7
SpaltG) bei der übernehmenden Gesellschaft ist
bereits nach der dzt. Rechtslage ein Verzicht
möglich ( 231 AktG) - Umgründung als genehmigungsbedürftige
Geschäftsführungsmaßnahme? - Verhältniswahrende Spaltung (vereinfachte
Spaltung) - Keine Berichte des Vorstands, des Aufsichtsrats
und eines externen Prüfers sowie keine
Zwischenbilanz bei übertragender Gesellschaft
mehr erforderlich ( 16a SpaltG) - Für die übernehmende Gesellschaft gelten im
Wesentlichen die verschmelzungsrechtlichen
Bestimmungen
9Verhältniswahrende Spaltung
1
2
3
1
2
3
1
2
3
AB
A
Vo/Gf
SPr
B
AR
RVP
10Verhältniswahrende Spaltung (neu)
1
2
3
1
2
3
1
2
3
AB
A
Vo/Gf
SPr
B
AR
RVP
11Vereinfachte Umgründungen im Konzern (4)
- Weitere Änderungen (unabhängig vom
Konzernverhältnis) - Keine Zwischenbilanz erforderlich, wenn die
Gesellschaft seit dem letzten Jahresabschluss
einen Halbjahresfinanzbericht veröffentlicht hat
(für börsenotierte Gesellschaften) - Veröffentlichung des Entwurfs des
Verschmelzungsvertrags (Spaltungsplan) in der
Ediktsdatei ersetzt die Einreichung beim
Firmenbuch fraglich, ob das genutzt wird - Kapitalerhöhung zur Durchführung der
Verschmelzung bzw. Spaltung Bisherige Ausnahme
von der Pflicht zur Sacheinlageprüfung (abhängig
von den fortgeführten Buchwerten) wird beseitigt - Möglichkeit der Firmenbucheintrag der
Internet-Adresse - Bei börsenotierten Aktiengesellschaften zwingende
Eintragung des Umstands der Börsenotierung und
der Internet-Adresse
12Abschaffung von Inhaberaktien (1)
- Die FATF (Financial Action Task Force on Money
Laundring) sieht in ihrem Prüfungsbericht zu
Österreich (12/2009) einen Handlungsbedarf in
Bezug auf Inhaberaktien - Ministerialentwurf (Namensaktien-Umstellungsgesetz
NamUG) sieht Abschaffung der Inhaberaktie für
nicht börsenotierte Gesellschaften vor - Aktien können weiterhin auf Namen lauten, wenn
die Gesellschaft börsenotiert ist oder wenn die
Aktien nach der Satzung zum Handel an einer Börse
iSd 3 AktG zugelassen werden sollen - Namensaktien müssen in ein Aktienbuch eingetragen
werden. Der Gesetzesentwurf erweitert den
erforderlichen Inhalt des Aktienbuchs um - eine auf den Aktionär lautende Kontoverbindung
bei einem Kreditinstitut mit Sitz in einem
Mitgliedsstaat des EWR oder einem
Vollmitgliedsstaat der OECD, auf das sämtliche
Zahlungen zu erfolgen haben
13Abschaffung von Inhaberaktien (2)
- wenn der Aktionär die Aktien für Rechnung einer
anderen Person hält, die Angaben zu den Aktien
und die Personenangaben auch in Bezug auf diese
Person daher in Zukunft Offenlegung von
Treuhandverhältnissen im Aktienbuch erforderlich! - Die Personenangaben umfassen (unverändert)
Name/Firma, Zustellanschrift, Geburtsdatum,
Register und Nummer - Die Vorschriften über das Aktienbuch gelten
sinngemäß auch wenn (nur) Zwischenscheine
ausgegeben sind - Voraussichtliches Inkrafttreten 1. Mai 2011
(Bestimmungen über das Aktienbuch 1. Mai 2012) - Übergangsrecht für alte Inhaberaktien
Satzungen sind bis 30. April 2013 anzupassen ab
1. Jänner 2014 gelten die Bestimmungen für
Namensaktien sinngemäß
14Automatisierte Zwangsstrafen bei verspätetem
Einreichen von Jahresabschlüssen (1)
- Offenlegungspflicht bei (i) Kapitalgesellschaften
(ii) unternehmerisch tätigen Personengesellschafte
n ohne natürliche Person als unbeschränkt
haftenden Gesellschafter und (iii)
Zeigniederlassungen ausländischer
Kapitalgesellschaften - Frist zur Einreichung 9 Monate ab dem Stichtag
des Jahresabschlusses - Bisherige Firmenbuchpraxis
- Zwangsstrafen wurden kaum verhängt wenn, dann
meist nur nach mehrmaliger Aufforderung zur
Einreichung und Androhung der Zwangsstrafe - Ganz vereinzelt Amtswegige Löschung gem. 40
FBG, wenn bereits zwei oder mehrere
Jahresabschlusseinreichungen überfällig waren
15Automatisierte Zwangsstrafen bei verspätetem
Einreichen von Jahresabschlüssen (2)
- Neuerungen durch das Budgetbegleitgesetz 2011
- Einführung von Zwangsstrafverfügungen die
- ohne vorausgehendes Verfahren
- sobald die Offenlegungsfrist ungenützt
verstrichen ist - automationsunterstützt
- verhängt werden
- Höhe 700 bei mittelgroßen Gesellschaften
2.100 bei großen Gesellschaften 4.200
(Größenklassen nach 221 UGB) - Wiederholte Verhängung von Strafen, wenn der
Offenlegungspflicht nicht innerhalb von 2 Monaten
nachgekommen wird
16Automatisierte Zwangsstrafen bei verspätetem
Einreichen von Jahresabschlüssen (3)
- Die Offenlegungspflicht trifft nun auch die
Gesellschaft bestraft werden daher nicht nur die
offenlegungspflichtigen Organe (Geschäftsführer,
Vorstand), sondern gleichzeitig auch die
Gesellschaft selbst ( 283 Abs 7 UGB) - Auch über Aufsichtsratsmitglieder kann das
Firmenbuchgericht Zwangsstrafen verhängen, wenn
sie 270 UGB nicht befolgen (Mitwirkung bei der
Bestellung des Abschlussprüfers Vorschlag für
die Wahl, Erteilung des Prüfungsauftrags)
17Ediktalzustellungen von Zivilklagen bei
gescheiterter Zustellung an die
Geschäftsanschrift (1)
- Änderung durch das Budgetbegleitgesetz 2011
Neuer 92 ZPO - Bei im Firmenbuch eingetragenen juristischen
Personen ist die für Zustellungen maßgebliche
Geschäftsanschrift anzumelden und in Firmenbuch
einzutragen - Zustellung der Klage durch Aufnahme einer
Mitteilung in der Ediktsdatei wenn - die Zustellung einer Klage an die im Firmenbuch
eingetragene Geschäftsanschrift nicht bewirkt
werden, weil dort keine Abgabestelle (mehr)
besteht, - die klagende Partei keine andere Abgabestelle
bekannt gibt und - ist dem Gericht ohne Ermittlungen keine andere
Abgabestelle bekannt, und - Antrag der klagenden Partei.
- Das Zustellstück selbst verbleibt bei Gericht
18Ediktalzustellungen von Zivilklagen bei
gescheiterter Zustellung an die
Geschäftsanschrift (2)
- Bis dem Gericht eine Abgabestelle bekannt gegeben
wird, sind alle weiteren zuzustellenden
Schriftstücke - ohne Mitteilung in der
Ediktsdatei - bei Gericht zu hinterlegen (stille
Hinterlegung)! - Daher Sicherstellen, dass an der im Firmenbuch
eingetragenen Geschäftsanschrift ein
Geschäftsführer oder eine sonstige Person
regelmäßig anwesend ist, die Zustellungen
entgegennehmen kann (zB Postvollmacht), wird
wichtiger - Bislang drohte bloß die Bestellung eines
Notgeschäftsführers (Kosten!), jetzt droht ein
gültiges Versäumungsurteil!
19Neue OGH-Judikatur zur doppelten Formpflicht bei
Vorkaufs- und Aufgriffsrechten (1)
- Die Abänderung des Gesellschaftsvertrags einer
bereits im Firmenbuch eingetragenen GmbH bedarf
eines Gesellschafterbeschlusses, der notariell zu
beurkunden ist, also eines notariellen Protokolls
über den satzungsändernden Generalversammlungsbesc
hluss ( 49 GmbHG) - Die Verpflichtung eines Gesellschafters zur
künftigen Abtretung eines Geschäftsanteils bedarf
eine Notariatsaktes ( 76 Abs 1 GmbHG). - Bei der Einführung und Abänderung von Vorkaufs-
oder Aufgriffsrechten in GmbH-Gesellschaftsverträg
en treffen beide Formpflichten aufeinander - Nach der bisher ständigen Rsp forderte der OGH in
diesen Fällen nicht nur ein notarielles Protokoll
über den Generalversammlungsbeschluss, sondern
auch einen Notariatsakt (sog doppelte
Formpflicht) - Besonders häufig bei Aufgriffsrechten im
Todesfall eine Gesellschafters betrifft aber
letztlich alle Aufgriffs- und Vorkaufsrechte
20Neue OGH-Judikatur zur doppelten Formpflicht bei
Vorkaufs- und Aufgriffsrechten (2)
- Bloße Verfügungsbeschränkungen (Vinkulierung)
sind von der doppelten Formpflicht ausgenommen
keine Verpflichtung zur Abtretung - Die Einhaltung der doppelten Formpflicht wurde
von den Firmenbuchgerichten bisher häufig geprüft - Da auch die Wirksamkeit der Änderung von der
Einhaltung der doppelten Formpflicht abhängt
(Firmenbucheintragung heilt nicht den
Formmangel), haben wir bisher beraten, beide
Formpflichten einzuhalten - Schwierigkeiten
- Unterfertigung des Notariatsakts durch alle
Gesellschafter erforderlich Was, wenn nicht
alle Gesellschafter bereit oder in der Lage sind,
daran mitzuwirken? - gewöhnliche Stimmrechtsvollmachten reichen für
die Errichtung eines Notariatsaktes nicht aus - zusätzliche Kosten für den Notariatsakt
21Neue OGH-Judikatur zur doppelten Formpflicht bei
Vorkaufs- und Aufgriffsrechten (3)
- Die Doppelte Formpflicht wurde in der Literatur
heftig kritisiert und auch von einigen OLGen
abgelehnt - Neue OGH-Entscheidung des 6. Senats (6 Ob
63/10y), die nun bei der Abänderung von
Aufgriffsrechten von der bisherigen (auch
eigenen) Judikatur abgeht und keinen Notariatsakt
mehr verlangt - Frage Kann man sich auf die neue Judikatur
verlassen? - Begründung des OGH Notariatsakt nach dem
Normzweck (Übereilungsschutz, Immobilisierung,
Klarstellungsfunktion) nicht erforderlich - Abgehen von der ständigen Rechtsprechung (bisher
drei OGH-Entscheidungen) - Kein verstärkter Senat
- Gefahr der Unwirksamkeit der Änderungen, auch
wenn das Firmenbuch die Satzungsänderung einträgt